MoR 03 - Günstlinge der Götter
des Feldherrn. Sein großes weißes Pferd trug ein Geschirr aus scharlachrotem Leder und goldene phalerae. Auch er selbst war großzügig mit Ritterabzeichen und Medaillons behängt, und der scharlachrote Busch seines attischen Helms bestand aus einer wogenden Masse gefärbter Reiherfedern.
»Name?« fragte Clodianus, der erste Zensor.
»Gnaeus Pompeius Magnus!« brüllte Pompeius.
»Stamm?«
»Clustumina!«
»Vater?«
»Gnaeus Pompeius Strabo, Konsul!«
»Hast du an sechs Feldzügen teilgenommen oder zehn Jahre gedient?«
»Ja!« schrie Pompeius, so laut er konnte. »Zwei Feldzüge im Bundesgenossenkrieg, einer, um das belagerte Rom zu verteidigen, zwei mit Lucius Cornelius Sulla in Italien. Ein Feldzug in Sizilien, einer in Africa, einer in Numidien, einer zur Verteidigung Roms gegen Lepidus und Brutus, sechs in Spanien und einer, um mit den Anhängern des Spartacus aufzuräumen! Das sind insgesamt sechzehn Feldzüge, und außer denen, die ich als Kadett mitgemacht habe, fanden sie alle unter meinem Oberbefehl statt!«
Die Menge tobte, schrie, jubelte und applaudierte mit Händen und Füßen; ein Beifallssturm nach dem anderen brandete an die schmerzenden Ohren der Zensoren und der restlichen Teilnehmer der Parade, so laut, daß manches Pferd scheute und mancher Reiter unsanft auf dem Pflaster landete.
Bis der Lärm schließlich abebbte, dauerte es seine Zeit, denn Pompeius hatte sich die Zügel um den Arm geschlungen, war auf den freien Platz vor dem Tempel getreten und hatte dort kleine Kreise gezogen, wobei er seinerseits der Menge applaudiert hatte. Danach rollten die Zensoren ihre Listen zusammen, nahmen Platz und sahen feierlich nickend zu, wie die restlichen vierzehn Zenturien im Trab an ihnen vorüberritten.
»Was für eine Schau!« knurrte Crassus, dessen Staatspferd sich im Besitz seines ältesten Sohnes Publius befand, der inzwischen zwanzig war. Er und Caesar hatten das Ereignis auf der Loggia von Crassus’ Haus beobachtet. Es hatte früher Marcus Livius Drusus gehört und bot einen wunderbaren Blick auf das Forum. »Was für eine Farce!«
»Aber genial inszeniert, Crassus, wirklich genial! Du mußt zugeben, daß Pompeius die besten Noten für Erfindungsreichtum und Volkstümlichkeit verdient hat. Seine Spiele werden wahrscheinlich noch besser werden.«
»Sechzehn Feldzüge! Und bei allen, außer denen seiner Kadettenzeit, will er der Feldherr gewesen sein. Daß ich nicht lache! Gewiß, nach dem Tod seines Vaters war er ungefähr eine Marktwoche lang Feldherr bei der Belagerung Roms, und in dieser Zeit hat er nichts anderes getan, als die Armee seines Vaters auf den Rückmarsch nach Picenum vorzubereiten. Und Sulla hat ihm in Italien gezeigt, wo’s langgeht, und Metellus Pius ebenfalls, und Catulus war gegen Lepidus und Brutus der eigentliche Feldherr. Und was hältst du von seiner letzten Behauptung, er habe mit den >Anhängern des Spartacus< aufgeräumt? Beim Jupiter, wenn wir unsere eigenen Karrieren so großzügig interpretieren würden wie er die seine, dann wären wir alle große Feldherren!«
»Du kannst dich damit trösten«, sagte Caesar, »daß Catulus und Metellus Pius wahrscheinlich genau dasselbe sagen.« Aber auch seine Eitelkeit war verletzt. »Der Mann ist ein Emporkömmling aus der tiefsten italischen Provinz!«
»Ich hoffe, mein Plan mit dem freien Getreide wird funktionieren.«
»Er wird funktionieren, Marcus Crassus, das verspreche ich dir.«
Pompeius kehrte voller Begeisterung in sein Haus in der Carinae zurück, aber das Hochgefühl war nicht von Dauer. Am folgenden Morgen verkündeten Crassus’ Herolde, der Konsul Marcus Licinius Crassus werde am Fest des Herkules Invictus dem Gott ein Zehntel seiner gesamten Besitztümer opfern, indem er ein öffentliches Fest an zehntausend Tischen veranstalten und den größten Teil des Opfers dazu verwenden werde, jedem römischen Bürger, der sich in Rom aufhalte, im September, Oktober und November jeweils fünf Scheffel Weizen zu spenden.
»Wie konnte er es wagen!« schrie Pompeius Philippus an, der gekommen war, um ihm zu seiner Vorstellung bei der transvectio zu gratulieren — und um zu sehen, wie der große Mann auf Crassus’ Schachzug reagieren werde.
»Sehr geschickt von ihm«, sagte Philippus. »Bei Spielen sind die Kosten zu unüberschaubar, aber die Nahrungsmittelpreise kennt jeder. Die Römer können sich also schnell ausrechnen, wieviel das alles kostet. Sie wissen jeden Preis, von der Muräne bis zur
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