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MoR 05 - Rubikon

Titel: MoR 05 - Rubikon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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alles; Cato trinkt, weil er es selbst will, und das liegt zum großen Teil an seiner feindseligen Einstellung gegenüber all denen, die er des mos maiorum für unwürdig hält, und an Marcia. Doch auch Brutus ahnte nichts von Catos streng gehütetem Geheimnis: seiner Einsamkeit ohne seinen Bruder Caepio und seiner panischen Angst davor, einen anderen Menschen so sehr zu lieben, daß das Leben ohne ihn zur Qual wurde.
    »Bist du gern mit Bibulus verheiratet?« »Ja«, sagte sie kurz.
    »War es sehr schwer?«
    Porcia war nie von Frauen erzogen worden, sie verstand die Frage deshalb so, wie ein Mann sie verstanden hätte. »Du meinst, mit ihm zu schlafen?«
    Er errötete, was bei seinem dunklen, stoppligen Gesicht jedoch nicht auffiel. »Ja.«
    Seufzend beugte sie sich vor, die Hände zwischen den weit geöffneten Knien gefaltet. Offenbar hatte Bibulus ihr die männlichen Angewohnheiten nicht austreiben können. »Ach weißt du, Brutus, man findet sich mit dem Unvermeidlichen ab. Die Götter tun es auch, wenn man den Griechen glauben darf. Außerdem habe ich in den Schriften der Philosophen keinen Anhaltspunkt dafür gefunden, daß Frauen Spaß daran haben sollten. Für Männer ist es schön, und wenn Männer nicht danach verlangen würden, würde man es nicht tun. Ich kann nichts Schlimmeres und Besseres darüber sagen, als daß ich es ertrage und mich nicht davor ekle.« Sie zuckte die Achseln. »Schließlich dauert es ja nur kurz und ist nicht wirklich schwer, sobald die Schmerzen nachlassen.«
    »Nach dem ersten Mal sollte es eigentlich nicht mehr weh tun, Porcia«, sagte Brutus.
    »Ja wirklich?« sagte sie gleichgültig. »Bei mir ist das anders.« Und sie fügte hinzu, ohne gekränkt zu klingen: »Bibulus sagt, ich sei ausgetrocknet.«
    Brutus errötete noch tiefer, während sich gleichzeitig sein Herz erneut zusammenkrampfte. »Ach Porcia! Vielleicht wird es ja anders, wenn Bibulus zurückkommt. Vermißt du ihn denn?«
    »Man muß seinen Mann doch vermissen.«
    »Du liebst ihn also immer noch nicht.«
    »Ich liebe meinen Vater, ich liebe den kleinen Lucius, und ich liebe auch dich, Brutus. Bibulus achte ich.«
    »Wußtest du eigentlich, daß dein Vater wollte, daß ich dich heirate?«
    Erstaunt riß sie die Augen auf. »Nein.«
    »Er wollte es, aber ich nicht.«
    »Warum nicht?« fragte sie, sichtlich verletzt.
    »Es hatte nichts mit dir zu tun, Porcia. Der Grund war, daß ich mich in eine Frau verliebt hatte, die mich nicht liebte.«
    »Julia.«
    »Ja, Julia.« Er verzog das Gesicht. »Und als sie starb, wollte ich nur eine Frau heiraten, die mir nichts bedeutete. Deshalb habe ich Claudia geheiratet.«
    »Brutus, du Armer!«
    Er räusperte sich. »Bist du denn nicht neugierig auf den Grund meines Besuches?«
    »Ich muß gestehen, daß ich noch nicht weiter darüber nachgedacht habe. Ich habe mich einfach über dein Kommen gefreut.«
    Unbehaglich rutschte er auf seinem Stuhl hin und her, dann sah er sie fest an. »Ich muß dir eine schlechte Nachricht überbringen, Porcia.«
    Sie erbleichte und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Bibulus ist tot.«
    »Nein, Bibulus geht es gut. Aber Marcus und Gnaeus wurden in Alexandria ermordet.«
    Tränen schossen ihr aus den Augen und strömten über ihr Gesicht, aber sie sagte kein einziges Wort. Brutus zog sein Taschentuch heraus und gab es ihr. Er ließ sie eine Weile weinen, dann stand er verlegen auf.
    »Ich muß gehen, Porcia. Darf ich wiederkommen? Soll ich dem kleinen Lucius vom Tod seiner Brüder erzählen?«
    »Nein«, murmelte sie durch das Taschentuch. »Ich sage es ihm selbst, Brutus. Aber komme bitte wieder.«
    Traurig ging Brutus hinaus, doch trauerte er nicht um die Söhne des Marcus Bibulus, sondern um die so lebensfrohe, blühende Porcia, deren Mann nichts Besseres über sie zu sagen wußte, als daß sie — welch grauenvolles Wort! — ausgetrocknet sei.

    Cato war damit beschäftigt, möglichst viele boni für die Vertagung der Debatte über Caesars Provinzen auf die Iden des November zu gewinnen, als ihn die Nachricht erreichte, Hortensius liege im Sterben und wünsche ihn zu sehen.
    Im Atrium drängten sich bereits die Angehörigen, doch geleitete ein Diener Cato unverzüglich ins »Ruhegemach«. Hortensius lag in Decken gehüllt auf seinem prächtigen Bett. Er zitterte heftig, aus seinem linken, schlaff herunterhängenden Mundwinkel tropfte Speichel, und die rechte Hand bewegte sich unruhig zwischen den Decken, doch er erkannte Cato sofort. Der

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