MoR 05 - Rubikon
war griechisch, der Schmuck ägyptisch, ausgeführt von den memphitischen Künstler-Priestern. Die Wände des Audienzsaales waren teils mit Blattgold überzogen, teils mit Wandmalereien mit stilisierten Menschen, Tieren, Palmen und Lotusblüten geschmückt, ein exotischer Anblick für den römischen Gesandten. Der Saal enthielt keinerlei Statuen oder Möbel außer den beiden Thronen auf dem Podest.
Zu jeder Seite des Podestes stand ein Mann von einer Größe und bizarren Erscheinung, wie Gnaeus sie bisher nur vom Hörensagen kannte. Sie trugen goldene Sandalen und kurze Röcke aus Leopardenfell, die von edelsteinbesetzten goldenen Gürteln gehalten wurden. Auch um ihre Hälse schmiegte sich edelsteinbesetzter Schmuck. Beide schwenkten langsam gewaltige Fächer, goldene Stäbe mit edelsteinbesetzten Griffen, an deren Spitze gewaltige, bunt schillernde Federn angebracht waren. Doch all das war noch gar nichts verglichen mit der Schönheit ihrer Haut! Sie war schwarz, nicht braun. Ein wunderbares, matt schimmerndes Schwarz! Gnaeus hatte solche Gesichter schon gesehen: Griechische oder italische Bildhauer, denen das Glück beschieden war, ein solches Gesicht zu sehen, hielten es sofort in Bronze oder Stein fest. Hortensius hatte die Statue eines solchen Jünglings besessen, Lucullus die Bronzebüste eines Mannes. Doch die lebendigen Gesichter vor ihm waren noch ungleich schöner. Sie hatten hohe Wangenknochen, gebogene Nasen, volle Lippen mit feinen Konturen und schwarze, merkwürdig feuchte Augen. Das kurze, krause Haar sah aus wie das Fell eines ungeborenen Zickleins, das nur die Partherkönige tragen durften.
»Gnaeus Pompeius Magnus!« rief Potheinus überschwenglich und eilte in seiner Purpurtunika, seinem Umhang und seiner Kette als Zeichen seines hohen Ranges auf den Gast zu. »Willkommen! Willkommen!«
»Ich bin nicht Magnus!« unterbrach Gnaeus Pompeius ihn verärgert. »Vor dir steht Gnaeus Pompeius! Und wer bist du? Der Kronprinz?«
Ehe Potheinus antworten konnte, sagte die Frau auf dem größeren der beiden Throne mit melodischer Stimme: »Das ist Potheinus, unser Haushofmeister. Wir sind Kleopatra, Königin von Alexandria und Ägypten. Im Namen Alexandrias und Ägyptens heißen wir dich willkommen. Potheinus, tritt zurück und sprich erst, wenn du gefragt wirst!«
Oho, dachte Pompeius. Sie kann ihn nicht leiden. Und er kann es nicht leiden, von ihr herumkommandiert zu werden.
»Es ist mir eine Ehre, Hoheit!« sagte Gnaeus Pompeius. »Ich nehme an, das ist König Ptolemaios.«
»Ja«, sagte die Königin kurz.
Eine schmächtige Gestalt, dachte Gnaeus Pompeius; wenn sie stand, war sie wahrscheinlich nicht größer als fünf Fuß. Sie hatte magere Arme und einen dünnen Hals, doch ihre dunkle Haut war wunderschön und ließ die blauen Adern darunter hindurchscheinen. Ihre hellbraunen Haare trug sie in handbreiten Strähnen vom Haaransatz aus nach hinten frisiert und im Nacken zu einem Knoten gebunden. Wie die Schale einer Wassermelone, dachte er. Das weiße Band ihres Herrscherdiadems trug sie nicht auf der Stirn, sondern über dem Haaransatz. Abgesehen von den zierlichen Goldsandalen, die nicht so aussahen, als seien sie dafür gemacht, in ihnen herumzulaufen, war sie einfach und im griechischen Stil gekleidet, ihr Gewand bestand freilich aus feinstem tyrotischen Purpurstoff.
In dem Licht, das durch Öffnungen hoch oben in der Wand drang, konnte er sehen, daß sie erschreckend häßlich war und nur der Charme der Jugend ihre Züge milderte. Die Farbe ihrer großen Augen bewegte sich zwischen Goldgrün und Haselnußbraun. Ihr Mund hätte zum Küssen eingeladen, hätte sie ihn nicht so grimmig verzogen. Und ihre große Hakennase konnte es mit Catos Zinken durchaus aufnehmen. Es fiel ihm schwer, in der jungen Frau mit so klassisch östlichen Gesichtszügen eine Makedonierin zu erkennen.
»Auch für mich ist es eine große Ehre, dich zu empfangen, Gnaeus Pompeius«, fuhr sie mit ihrer lieblichen Stimme fort. Sie sprach ein vollendetes attisches Griechisch. »Es tut mir leid, daß wir nicht Lateinisch mit dir sprechen können, aber wir hatten nie die Gelegenheit, es zu lernen. Was können wir für dich tun?«
»Wahrscheinlich wißt Ihr selbst an diesem fernen Ende des Mittelmeeres, daß sich Italia und Rom im Bürgerkrieg befinden.
Mein Vater, Pompeius Magnus, mußte zusammen mit Roms rechtmäßiger Regierung aus Italia fliehen. Zur Zeit ist er in Thessalonike und bereitet sich auf einen Feldzug gegen
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