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MoR 05 - Rubikon

Titel: MoR 05 - Rubikon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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Tagen in der Subura, und obwohl er kein gütiger Mensch war, hatte er doch ein Herz für Menschen, die er mochte. Da sich niemand um Lucius Decumius kümmerte, trat er zu dem Alten und legte den Arm um ihn.
    »Wo sind deine Söhne, Decumius?«
    »Weiß ich nicht, ist mir auch egal.«
    »Zeit für einen alten Knaben wie dich, ins Bett zu gehen.«
    »Ich will nicht ins Bett.« Die tränennassen Augen blickten auf und erkannten Antonius. »Ach Marcus Antonius, jetzt sind alle tot!« heulte er. »Sie hat ihnen das Herz gebrochen, sie hat auch mein Herz gebrochen, und jetzt sind alle tot!«
    »Wer hat dir das Herz gebrochen, Decumius?«
    »Die kleine Julia. Ich kannte sie schon als Säugling, und Caesar auch. Ich kannte Aurelia, seit sie achtzehn war. Ich kann nicht mehr, es ist zu viel für mich, Marcus Antonius.«
    »Caesar lebt noch, Decumius.«
    »Aber ich werde ihn nicht mehr wiedersehen. Caesar sagte zu mir, paß auf Clodius auf, paß auf, daß Clodius nichts passiert, solange ich weg bin. Aber ich konnte es nicht, niemand konnte es. Clodius machte, was er wollte.«
    Die Menge brach in Geschrei aus. Antonius sah auf und erstarrte. Die altehrwürdige Curia Hostilia hatte keine Fenster, doch hoch oben an der Wand, wo sie von schönen Wandmalereien geschmückt war, befanden sich große Lüftungsgitter. Aus diesen drang nun ein roter, flackernder Schein und quoll Rauch.
    »Beim Jupiter!« brüllte Antonius. »Sie haben die Curia angezündet!«
    Lucius Decumius wand sich aus Antonius’ Arm und eilte weg.
    Bestürzt sah Antonius, wie der Alte sich durch die Menschenmassen kämpfte, die vor dem Feuer zurückwichen. Lodernd schlugen die Flammen aus dem offenen Portal, doch Lucius Decumius lief weiter. Seine Silhouette war schwarz gegen das Feuer zu sehen, dann verschwand er im Innern des Gebäudes.
    Der Rachedurst der Menge war gestillt, die Menschen gingen erschöpft nach Hause. Antonius und Decimus Brutus stiegen die Vestalische Treppe hinauf und beobachteten von dort, wie das Feuer in der Curia Hostilia den Leichnam des Publius Clodius verzehrte. Rechts schlossen sich an die Curia Hostilia die Amtsräume des Senats an, in denen wichtige Dokumente aufbewahrt wurden, so die consulta , die Senatsbeschlüsse, und die fasti , die Listen aller Magistraten, die jemals im Amt gewesen waren. Links von ihr, am Clivus Argentarius, stand die Basilica Porcia, wo die Volkstribunen sich versammelten und die Geldverleiher ihre Büros hatten; auch sie war voll von unersetzlichen schriftlichen Dokumenten. Cato der Zensor hatte sie erbauen lassen, das erste Gebäude dieser Art am Forum, und obwohl sie klein und in die Jahre gekommen war und schon lange im Schatten großartigerer Gebäude stand, war sie doch steingewordener Teil des mos maiorum. Gegenüber der Curia, auf der anderen Seite des Argiletum, erhob sich die prächtige Basilica Aemilia, die gerade von Lucius Aemilius Paullus restauriert wurde und bald in neuem Glanz erstrahlen sollte.
    Antonius und Decimus Brutus sahen zu, wie all diese Gebäude ein Raub der Flammen wurden.
    »Ich hatte Clodius gern, aber für Rom war er nicht gut«, sagte Antonius niedergeschlagen.
    »Mir ging es genauso! Ich glaubte lange, unter Clodius würde alles besser werden«, sagte Decimus Brutus. »Aber er wußte einfach nicht, wann er aufhören mußte. Der Plan mit den Freigelassenen hat ihn umgebracht.«
    »Vielleicht ist der Bandenkrieg jetzt zu Ende.« Antonius sah Decimus Brutus an. »Vielleicht werde ich ja doch noch zum Quästor gewählt.«
    »Und ich gehe zu Caesar nach Gallien. Wir treffen uns dort.«
    »Weiß nicht«, brummte Antonius, »wahrscheinlich ziehe ich das Los für Sardinien oder Korsika.«
    »Nein!« Brutus grinste. »Wir gehen beide nach Gallien. Caesar hat dich angefordert, das hat er mir geschrieben.«
    Als Antonius sich auf den Heimweg machte, ging es ihm schon viel besser.

    In jener schrecklichen Nacht waren noch andere Dinge geschehen. Plancus Bursa war mit einigen Männern aus der Menge zum Tempel der Venus Libitina auf dem Campus Esquilinus jenseits der Servianischen Mauer marschiert. Sie holten die fasces , die Rutenbündel, die dort lagen, weil keine hohen Magistraten gewählt worden waren, denen sie als Insignien hätten dienen können, und trugen sie den ganzen Weg vom Süden der Stadt zum Marsfeld. Vor Pompeius’ Villa stellten sie sich auf und riefen laut, Pompeius solle die fasces und damit die Diktatur annehmen. Doch im Haus blieb alles dunkel, niemand antwortete

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