Morbus Dei: Im Zeichen des Aries: Roman (German Edition)
Nachtgottesdienstes war.
Leise ging er auf das Dormitorium zu, in die Richtung, aus der das Geräusch gekommen war. Nicht weit von ihm öffnete sich lautlos eine Tür, drei Gestalten kamen heraus. Zwei Männer zerrten eine Frau vorwärts, die sich heftig wehrte. Der größere der beiden hielt der Frau den Mund zu.
Von Freising blieb stehen. „Was geht hier vor?“
Die Männer erstarrten. Im Licht des Mondes erblickte von Freising Elisabeth, Alain und eine hochgewachsene, kräftige Gestalt. Der Jesuit erkannte Generalleutnant Gamelin sofort.
„Lasst die Frau los!“ Die Stimme von Freisings klang entschlossen.
Gamelin betrachtete ihn genauer. „Ein Jesuit in einem Kloster der Benediktinerinnen. Interessant.“ Er übergab Elisabeth an Alain, seine Hand näherte sich dem Degen an seiner Seite.
„Ich sage es euch zum letzten Mal – weg von der Frau!“
Gamelin grinste. „Pater, solltet Ihr nicht beten oder Buße tun oder sonst was Gottesfürchtiges?“ Dann zog er blitzschnell seinen Degen und hieb auf von Freising ein. Dieser hatte den Angriff jedoch geahnt und wich aus. Hektisch suchte er den Kreuzgang nach etwas ab, mit dem er kämpfen konnte, und erblickte einen abgebrochenen Stab, der neben der Tür lag, aus der die drei gekommen waren.
Nicht viel, aber es musste reichen.
Blitzschnell war von Freising beim Stab, hob ihn auf und richtete ihn gegen Gamelin. Der Franzose verzog spöttisch das Gesicht, dann stürzte er sich auf ihn.
Hieb um Hieb prasselte auf von Freising ein, der Gamelin nur mühsam abwehren konnte. Der Jesuit war einer der besten Kämpfer seines Ordens und hatte in seinem Leben viele gefährliche Situationen zu bestehen gehabt. Von den schwarzen Höhlen Spaniens bis zu den gemiedenen Schluchten des Schwarzwaldes hatte er Kämpfe ausgefochten und war dabei stets siegreich geblieben. Oder zumindest hatte er überlebt.
Aber diesmal, das wurde ihm schlagartig bewusst, könnte es anders verlaufen.
Atemlos beobachteten Elisabeth und Alain, wie die beiden Männer im nächtlichen Kreuzgang kämpften, in den Schatten verschwanden und wieder auftauchten.
Von Freising wusste, dass er seinem Gegner auf Dauer nicht gewachsen war, zumal er keine richtige Waffe hatte. Er fühlte, wie seine Kräfte langsam erlahmten, aber er biss die Zähne zusammen, parierte, wich aus. Doch Gamelin kam immer näher.
Plötzlich machte der Franzose einen Ausfall, von Freising wich aus, hob den Stab abwehrend hoch – da schlug Gamelin ihm mit einem Hieb die Hand ab, die den Stab noch umklammert hielt.
Ungläubig starrte von Freising auf den Stumpf, aus dem das Blut hervorschoss, sein Atem stockte.
Gamelin grinste höhnisch.
Auf einmal gingen Türen auf – der Kampf war nicht ungehört geblieben. Alain blickte sich nervös um. „Maréchal, wir müssen los!“
Unschlüssig musterte Gamelin von Freising, dann die Nonnen, die hinter den Türen hervorlugten. Er steckte den Degen weg.
„Du hast Glück, Jesuit – diesmal.“
Er und Alain zerrten Elisabeth mit sich über den Innenhof. Ihre Schritte verklangen in der Dunkelheit.
Von Freising sank zu Boden. Das Blut rauschte in seinen Ohren, alles drehte sich. Das Letzte, was er sah, war das Gesicht der Äbtissin, die sich über ihn beugte.
XLIV
„Und ich sage Euch, Ihr könnt nicht hinein. Geht in die Stadt!“ Johann konnte die Pförtnerin nicht sehen, hörte nur ihre Stimme hinter dem Schleier. Die Stimme klang aufgeregt, aber entschlossen.
Johann hob beschwichtigend die Hand. „Wir wollen doch nur –“
„Die ehrwürdige Mutter Äbtissin hat untersagt, heute Einlass zu gewähren.“ Die Klappe in der Pforte schlug zu.
Die Männer blickten sich an. „Weiber“, sagte Hans achselzuckend, „ganz egal ob weltlich oder geistlich. Nur Scherereien.“
Die anderen grinsten, Johann klopfte noch einmal an das Tor. Die Klappe ging erneut auf. „Ich habe euch doch schon –“
„Ehrwürdige Schwester, bitte richtet Eurer Mutter Äbtissin aus, dass Johann List hier ist, ein Gefährte von Pater Konstantin von Freising.“
„Nicht schon wieder“, murmelte die Pförtnerin genervt.
„Was soll das heißen?“ Johann blickte sie fragend an.
„Nichts. Kommt in einer Stunde wieder.“
Die Klappe schlug zu.
Die Männer saßen neben ihren Pferden an die Stiftsmauern gelehnt und dösten im Schatten. Ungeduldig blickte Johann um sich. Sie waren wie der Teufel geritten, um die Verzögerung wettzumachen, aber der alte Pfad hatte sie länger aufgehalten als
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