Mord am Mirador (Ein Gomera-Krimi) (German Edition)
plumpste. Isabella amüsierte sich köstlich und musste sich erst einmal die Lachtränen aus den Augen wischen, bevor sie losfahren konnte.
„Nicht lustig“, sagte ich, „ich vermute, du hattest von Anfang an vor, mit dem Boot zu fahren, damit du deinen Spaß auf meine Kosten haben kannst.“
Aber jetzt drehte Isabella den Motor richtig auf, und sie konzentrierte sich darauf, aus dem Hafen heraus zu manövrieren.
Im Schutz des Hafens war die See noch relativ ruhig, aber sobald wir um die lang gezogene Mole herum gefahren waren, gab es Wellen, die Isabellas Bötchen ordentlich schaukeln ließen. Isabella pflügte jedoch souverän hindurch. Ich lehnte mich zurück und genoss den Ausblick. Nach der einen Seite blickte man auf das unendliche Meer, das sich bis zum Horizont hob und senkte, in die andere Richtung sah man auf die Küste von La Gomera, die aus dieser Perspektive überaus beeindruckend war. Schroffe Vulkanfelsen steigen fast senkrecht hoch, bis auf eine Höhe von bis zu 700 Metern. Davor lagerten schwarze Felsen, gegen die die Wellen brandeten und dabei Fontänen von Gischt zauberten. Zwischen den Felsen lagen in großen Abständen kleine, versteckte Buchten. Manche waren sehr steinig, gelegentlich bot eine einen kleinen, schwarzen Lavasandstrand.
Die Schweinebucht barg einen größeren, breiten Strand. Als wir dort vorbei brausten, sahen Isabella und ich neugierig dort hinauf.
Man sah eine bunte Ansammlung von Zelten und Verschlägen. Davor und drumherum wuselte eine noch viel buntere Schar von Hippies in ihren leuchtenden Gewändern. Die Hippies hatten eine auffallende Vorliebe für grelle Stofffarben und unkonventionelle Haartracht. Man traf immer mal einige von ihnen im Valle an, wo sie gerne Lebensmittel einkauften. Die Männer trugen diese Saison gestreifte Haremshosen, die Mädchen gingen fast ausnahmslos in langen Kleidern und Röcken, die um sie herumwehten. Die Haare versteckten sie gerne unter bunten Tüchern. Meist waren sie barfuß. Mir war schon oft aufgefallen, dass die Frauen sich in diesen Gewändern ganz anders bewegten, als das moderne Jeansmädchen. Sie hatten eine eigentümliche Art, mit gesenkten Köpfen und scheuen Blicken durch die Welt zu gehen. Statt dass sie schritten, schoben sie ihre Füße in einem gleitenden Gang vor sich her. Was bewegte eine moderne Frau dazu, sich an das Ende der Welt zu begeben und den Habitus eines – nach neuzeitlichem Standard – unterdrückten Weibchens anzunehmen? Ich wunderte mich oft darüber.
Schon waren wir an der Bucht und ihrem eigentümlichen Volk vorbei. Mein Blick fiel auf Isabella, die im Heck des Bootes saß, die Hand am Ruder. Sie gefiel mir ehrlich gesagt besser, als die Frauen dort am Strand. Ihre Mütze hatte sie abgesetzt, sonst wäre sie womöglich weggeflogen, und ihre Locken strömten im Wind. Den einen Fuß hatte sie auf die eine Bank abgestellt und man sah ihr wohlgeformtes braunes Bein. Ihre grauen Augen schweiften hinaus auf das Meer, dann zur Küste und ruhten kurz auf mir. Da blitzte sie mich mit ihren Zähnen an. Es war ein frohes, offenes Lächeln, selbstbewusst und frei.
Der Motor war viel zu laut, als dass wir uns unterhalten konnten. Das Brausen des Fahrtwindes und der Wellen taten ein Übriges. Vor uns lag die Punta de Iguala, eine markante Felsnase, die in das Meer herausragte. Isabella drehte den Bug Richtung Meer und umschiffte geschickt den Roque, der im Wasser davor gelagert war. Dann drehte sie den Bug deutlich Richtung Insel, drosselte den Motor und rief mir zu:
„Ich fahr jetzt hier die Bucht von Iguala an. Da können wir das Boot auf den Strand ziehen.“
Ich nickte. Sie hatte sich in meinem Sinne entschieden. Zwar war unterhalb von La Dama auch eine ähnliche Bucht mit einem kleinen Strand, aber so auffällig nah an unser Ziel wollte ich nicht heran segeln. Als das Boot schon relativ nah am Strand war, setzte ich meinen Rucksack auf den Rücken. Dann schnürte ich schnell meine Schuhe ab, stopfte die Socken hinein und hängte sie mir an den zusammengeknüpften Senkeln um den Hals. Als wir nur noch eine Handbreit Wasser unter dem Boot hatten, griff ich nach dem Bootstau, sprang in das Wasser und zog das Boot an den Strand. Dort band ich es an einem Felsen fest. Sofort war ich wieder am Boot. Isabella hantierte an ihren Schuhen herum.
„Lass den Unfug“, sagte ich ihr.
Sie sah überrascht auf. Bevor sie wusste, wie ihr geschah, hatte ich meine Arme unter ihre Knie und Arme durchgeführt, so wie
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