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Mord am Vesuv

Mord am Vesuv

Titel: Mord am Vesuv Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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Kampanien generell eine Stadt schöner ist als die andere. Die Bewohner Pompejis präsentierten mir ihr größtes Juwel, indem sie mich einen ganzen Nachmittag lang in ihrem Amphitheater unterhielten.
    Beim Bau dieses prachtvollen, aus Stein konstruierten Theaters hatte man sich die natürliche Senke im Boden zu Nutze gemacht und durch Grabungen vertieft, bis eine perfekte ovale Fläche entstanden war, um die herum man dann die aus Stein gefertigten Sitzreihen gezogen hat. Die äußere oberirdische Mauer ist eine kreisförmige Konstruktion mit anmutigen Bögen, in die kunstvolle Motive eingemeißelt sind. Man betritt das beeindruckende Theater über eine an dieser Außenmauer hinaufführende Doppeltreppe und gelangt dann über eine der diversen Innentreppen zu den Sitzen hinunter.
    Das raffiniert konstruierte Bauwerk bietet Platz für zwanzigtausend Menschen. Verglichen mit dem Circus Maximus in Rom, der über fünfzigtausend Sitzplätze verfügt, ist das zwar nicht besonders viel, aber für eine Stadt von der Größe Pompejis, in der nicht einmal genügend freie Bürger leben, um die Hälfte des Theaters zu füllen, ist das Bauwerk geradezu gigantisch. Zur Theatersaison strömen die Menschen aus den umliegenden Städten und Dörfern scharenweise nach Pompeji, um sich die Aufführungen anzusehen.
    An jenem Nachmittag sollten uns die Kämpfer der Gladiatorenschule von Pompeji im Amphitheater unterhalten.
    Da es sich um keine munera handelte, kämpften die Gladiatoren nicht auf Leben und Tod, sondern nur bis zur ersten sichtbaren Verletzung oder bis zu einer eindeutigen Entscheidung. Wir hatten es uns gerade auf den tribunalia bequem gemacht, als die pompös ausgerüsteten Kämpfer mit den bunten, auf ihren Helmen wippenden Federbüschen in die Arena marschierten und stolz ihre polierten Schilde, Klingen und Speerspitzen darboten, auf denen sich die Sonne spiegelte.
    Kampanien ist die Heimat dieses gefährlichen Sports.
    Bestattungsspiele erfreuen sich zwar auch in Rom einer ungeheuren Beliebtheit, aber in Kampanien sind sie zu einem wahren Kult geworden. Die Männer in der Arena von Pompeji waren ausgezeichnet und standen anderen Gladiatoren, die ich gesehen hatte, in nichts nach; sie kämpften furchtlos und unermüdlich, wobei jeweils zwei Männer gegeneinander antraten, deren Waffen einen Kontrast zueinander bildeten:
    große Schilde gegen kleine Schilde, Schwert und Schild gegen Netz und Dreizack, Speer gegen Schwert, gekrümmte Klinge gegen gerade Klinge. Wir sahen sogar einen Kampf zwischen einem Mann, der in jeder Hand ein Schwert schwang, und einem schwer gerüsteten Mann mit einem kleinen Schild und einem Speer. Darüber hinaus kämpften zwei Reitergruppen gegeneinander, die sich gegenseitig mit Speeren attackierten.
    Hermes und ich amüsierten uns an diesem Nachmittag vorzüglich, und die übrigen Männer meines Gefolges nicht minder. Julia hatte sich entschieden, der Darbietung fernzubleiben, und hatte auch ihren Freundinnen die Teilnahme untersagt. Sie begründete ihren Entschluss damit, dass es Frauen per Gesetz verboten sei, an munera teilzunehmen, und es daher auch keine Veranlassung gebe, sich die Nachahmung solcher Kämpfe anzusehen. Natürlich kümmerten sich viele Frauen nicht um dieses Verbot, aber Julia gerierte sich in jenen Jahren als überaus pingelige Prinzipienreiterin. (Vor einigen Jahren hat der Erste Bürger die Vorschrift wieder eingeführt, nach der an den munera nur volljährige männliche Bürger teilnehmen dürfen. Dadurch hat er sich nicht gerade beliebter gemacht, lag doch die Hälfte des Vergnügens immer darin zu beobachten, wie die Frauen bei den Kämpfen in Wallung gerieten.) An jenem Tag teilte sich mit uns ein Mann die Loge, der seiner Kleidung und seinem Bart nach zu urteilen Grieche war und offenbar steinreich. Er verfolgte die Kämpfe mit lebhaftem Interesse. Er kannte die Gladiatoren nicht nur bei ihren Namen, sondern schien auch über ihre jeweiligen Kampftechniken und ihre bereits errungenen Siege bestens informiert. Als der Kämpfer mit den zwei Schwertern und sein Gegner die Arena betraten, beugte er sich zu mir herüber und fragte: »Auf wen von den beiden setzt du, Praetor?«
    Ich konnte mir nicht vorstellen, wie ein Mann mit zwei Angriffswaffen sich angemessen verteidigen sollte. »Auf den Mann mit dem Speer«, erwiderte ich deshalb. »Er trägt eine schwere Rüstung und einen Schild. Also kann er sich sowohl verteidigen als auch angreifen. Der andere hingegen kann

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