Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mord am Vesuv

Mord am Vesuv

Titel: Mord am Vesuv Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
Vom Netzwerk:
Begräbnisvereinen und ähnlichen Vereinigungen genutzt und waren mit Stühlen und langen Tischen ausgestattet. Außerdem waren ständig ein paar Sklaven in Bereitschaft, um gegebenenfalls Wein und kleine Stärkungen zu reichen. Wir ließen uns an dem mittleren Tisch nieder, woraufhin sofort ein Sklave herbeieilte und jedem einen Becher mit gewässertem Wein reichte. Ein weiterer Sklave brachte Schalen mit gesalzenen, getrockneten und geräucherten Knabbereien und zog sich diskret wieder zurück. Wir nippten feierlich an unseren Bechern, schoben uns eine kleine Stärkung in den Mund und erörterten schließlich die anstehenden Fragen.
    »Ich habe von einem ziemlich bizarren Mordfall gehört, dessen Untersuchung in deine Zuständigkeit fällt«, begann Cicero.
    »Es ist ein … äußerst merkwürdiger Fall«, bestätigte ich.
    »So ein Urteil aus deinem Mund«, kommentierte Quintus, »spricht Bände.«

    »Dann will ich euch mal ins Bild setzen«, legte ich los und berichtete ihnen, wie sich der Fall bisher entwickelt hatte. Nur meine Unterhaltung mit Jocasta erwähnte ich nicht. Schließlich wusste ich nicht, ob sie mir nicht nur ein Lügengebilde aufgetischt hatte, um mich auf eine falsche Spur zu lenken. Sie hatten alle schon selber verzwickte Fälle untersucht oder sogar abgeurteilt und folgten meinen Worten mit größter Aufmerksamkeit. Ich wusste, dass ich bei ihnen mit einem wohl durchdachten und abgewogenen Urteil rechnen konnte.
    »Wirklich eine sehr merkwürdige Geschichte«, stellte Cicero fest, als ich mit meinem Bericht fertig war. »Zunächst einmal spricht der niedere Status des Verdächtigen natürlich gegen ihn, aber dass der Fall vermutlich auch etwas mit dem enormen Reichtum zu tun hat, auf den man hier an allen Enden und Ecken stößt, macht die Sache kompliziert. Was meinst du, Quintus?«
    Sein Bruder dachte einen Moment nach. »Vieles scheint offensichtlich zu sein«, sagte er schließlich, »oder besser gesagt:
    Es ist offensichtlich. Die Leidenschaft einer jungen Liebe, Eifersucht … ausreichende Motive für einen Mord. Aber wie erklärt man den Druck, mit dem die Elite Baiaes darauf drängt, den Sohn des Sklavenhändlers für schuldig zu befinden und die Sache damit als erledigt zu betrachten? Nein, da muss noch etwas anderes im Spiel sein, etwas Schwerwiegenderes als Liebe und Eifersucht.«
    »Das sehe ich genauso«, stellte Cicero fest. »Und du, Tiro?«
    Er hatte sich seine Antwort bereits zurechtgelegt. »Ich denke, dass Hermes Recht hat. Wenn jemand die Antwort auf all die Fragen kennt, dann das Sklavenmädchen Charmian. Sie muss dabei gewesen sein, als die entscheidenden Dinge in diesem Fall passiert sind. Die einzige Schwierigkeit besteht darin, sich zu dem Mädchen Zutritt zu verschaffen. Wie es aussieht, ist sie ja bereit, sich dem Praetor zu offenbaren.«
    »Ganz genau«, schloss sich Cicero der Meinung seines Freigelassenen an. »Hierin liegt das Problem: Was können wir tun, damit der Priester uns seine Sklavin befragen lässt?«
    Für jemanden, der nicht mit den römischen Gesetzen und ihrer Anwendung in jener Zeit vertraut ist, mag das ziemlich befremdlich klingen. Da saßen wir also, ein paar der durchaus mächtigeren Männer Roms, und zerbrachen uns den Kopf darüber, wie wir von einem griechischen Priester die Erlaubnis erlangen konnten, einer seiner Sklavinnen ein paar Fragen zu stellen.
    Doch eines der Rechte, auf deren Einhaltung damals in Rom schärfstens geachtet wurde, war die Anerkennung der absoluten Verfügungsgewalt eines Bürgers über seinen Besitz, und dieser umfasste nun einmal auch die Sklaven. In zurückliegenden Jahren waren Angehörige unserer Klasse vernichtet worden, weil ihre eigenen Sklaven sie bei Tyrannen wie Marius oder Sulla denunziert hatten. Und dann hatte es auch noch den Aufstand des Spartacus gegeben.
    In der Folge waren ein paar drakonische Gesetze erlassen worden, die jedem Bürger die absolute Kontrolle über seine Sklaven zugestanden. Selbst die höchsten Magistrate konnten ohne Einwilligung des Eigentümers keinen Sklaven zu einer Aussage zwingen. Bei Aussagen von Sklaven nicht auf die strikte Einhaltung der Regeln zu achten glich in jenen Tagen politischem Selbstmord.
    »Marcus Tullius«, beendete ich schließlich eine längere Pause allgemeinen Schweigens, »der Vater des Jungen, der Numider Gaeto, ist auf der Suche nach einem guten Anwalt. Hättest du nicht Lust, den Fall zu übernehmen?«
    Quintus knuffte ihn in die Seite. »Warum

Weitere Kostenlose Bücher