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Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition)

Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition)

Titel: Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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flimmerte ein Fernseher in einer schmucklosen, schummrigen Bar. Drinnen hockten auf wackeligen Stühlen ein paar furchterregende Kerle in weißen Kaftanen und tranken Tee. Ich stieg vorsichtig über riesige Löcher im Asphalt, über Bretter und Geröll. Abfallhaufen lagen herum, dicke Fliegen umsurrten sie. Es stank bestialisch. Aber ich hatte keine Angst. Ich hatte mich noch nie im Leben so sicher gefühlt wie mit diesem Tschador in dieser schaurigen Gegend. Der junge Kerl zeigte nun auf eine Baracke, deren Fenster vollständig mit Brettern vernagelt waren. Dann entfernte er sich gruß- und geräuschlos. Günther stand unschlüssig vor der nicht gerade einladend wirkenden Baracke herum. Er sah sich suchend um. Ich war der einzige Mensch, der zu sehen war.
    Und dann machte Günther den entscheidenden Fehler. Er sprach mich an. Anscheinend hatte er kalte Füße bekommen Die Kerls in den Hauseingängen und Spelunken guckten aber auch gar zu furchterregend. Wäre ich nicht verschleiert gewesen, mich hätte die helle Panik ergriffen.
    »Where can I find a taxi?«
    Ich tat, als hätte ich ihn nicht verstanden.
    »Foto?« fragte ich mit verstellter Stimme.
    Günther blickte ratlos auf seinen Fotoapparat.
    »Foto?« lockte ich und hob meinen Umhang um zwei Zentimeter.
    Günther sah sich ängstlich um. Die Gestalten hockten bewegungslos am Boden.
    »Foto!« Ich lupfte meinen Tschador bis über die Knöchel.
    Sofort klappte bei dem erlebnishungrigen Günther das Messer in der Tasche auf.
    Klar! So was hatte er noch nicht erlegt! So was Verschleiertes! Natürlich hielt er mich für eine Professionelle, in dieser Gegend.
    Ich hob meinen Saum bis fast zur Wade.
    Das schien ihn wahnsinnig zu erregen.
    »Foto!« wiederholte ich lockend.
    Und dann machte Günther den zweiten entscheidenden Fehler. Er fotografierte mich! Mit Blitzlicht! Mehrmals! Es war ein richtiges Blitzlichtgewitter. DAS war meine Chance! Ich schrie.
    So laut und hoch und schrill hatte ich noch nie geschrien!
    Günther war von plötzlicher Panik ergriffen. Er versuchte zu entkommen.
    DAS war sein dritter entscheidender Fehler. Ich stellte ihm ein Bein, er strauchelte, stolperte, krallte sich an meinem Tschador fest. Günther war stark, aber auch total überrascht, von einer verschleierten Frau angegriffen zu werden. Wir wälzten uns im Staub, und ich kreischte, bis mir die Stimmbänder in Fetzen hingen. Lange mußte ich allerdings nicht kreischen.
    Ein Messer blitzte auf, eine dunkle Hand, die aus einem weißen Umhang ragte, durchschnitt Günther die Kehle.
    Günther ließ von mir ab.
    Er fiel in den Dreck. Wie ein nasser Sack.
    Ein dünnes Blutgerinnsel tropfte aus seinem Mundwinkel. Sein Hals war von einem roten Streif durchzogen. Direkt neben der dicken Goldkette. Es sah apart aus. Er verdrehte die Augen und starrte in den Sternenhimmel.
    Ich raffte meine Röcke und gab Fersengeld.
    Aus den Augenwinkeln sah ich noch mehrere dunkle Gestalten den toten Günther ins Innere der Baracke ziehen.
    Klar, sie würden sich an seiner fetten Rolex und seiner goldenen Halskette erfreuen. Vielleicht würden sie ihm sogar das Zahngold aus dem Munde brechen.
    Jedenfalls hatten sie einer armen, bedrohten arabischen Frau das Leben gerettet. Sie fühlten sich bestimmt nicht schlecht.
    Ich fühlte mich auch nicht schlecht, als ich im Taxi zum Hafen saß. Der Fahrer beobachtete mit kugelrunden Augen durch den Rückspiegel, wie ich mir den Tschador und die Gesichtsschleier vom Leibe riß.
    Unter der verschleierten Araberin kam eine blonde, etwas verschwitzte, aber keinesfalls trübe blickende Touristin in kurzen Hosen und einem rattenscharfen Body hervor.
    »Look straight forward!« rief ich dem glotzenden Fahrer zu.
    Als wir im Hafen ankamen, stieg auch gerade der Hoteldirektor mit dem amerikanischen Akzent aus seinem Taxi. »Gnä Frau? Warn S’ shopping?«
    »Mehr so rumgeguckt«, sagte ich vage. »Und Sie?«
    Dem Fahrer steckte ich zwanzig Dollar zu und kickte den Tschador und die schwarzen Tücher unter den Vordersitz.
    »In den finstersten Spelunken hob i Töpfe und Pfannen kauft«, schnarrte Hartwin Danz. »Gefährliche Ecken hat’s hier! Warn ganz alläin zum Sightseeing, gnä Frau? That’s dangerous!«
    »Oh, ich habe das Taxi gar nicht verlassen«, lächelte ich charmant, indem ich mir die verklebten Haare aufschüttelte. »Heiß war’s da drin! Der hatte kein Air-conditioning!«
    Wir stiegen plaudernd und lachend die Gangway hinauf.
    »Samma die letztn!« Der

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