Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition)

Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition)

Titel: Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
Vom Netzwerk:
Hartwin erklärte mir, daß die Sikhs aus religiösen Gründen niemals ihre Haare schneiden. Niemals. Und daß sie ihre oft meterlangen, nicht immer frisch gewaschenen, geschweige denn frisierten Haare eben deshalb in einen Turban winden.
    Auf dem Rasen hielten einige Moslems andächtig ihre Gebete ab. Ihre Schuhe lagen abseits am Wegesrand. Die Moslems störten sich überhaupt nicht an dem wirren Treiben hier. Touristen schlenderten vorbei, in Jeans und T-Shirts, mit Fotoapparaten behangen.
    Hartwin erzählte mir aus seinem Leben, ich ihm von meinem. Wir waren gerade sehr intensiv ins Gespräch vertieft, da begegnete uns doch tatsächlich die Kabinenstewardeß, die immer meine Kabine aufräumte! Eine junge Polin, der ich oft einen Zwanzig-Dollar-Schein auf das Kopfkissen gelegt hatte. Sie war mit einer Gruppe Stewards unterwegs.
    »Guten Tag, Herr Danz, guten Tag, Frau Meier«, grüßte sie artig.
    Ein kurzer taxierender Blick auf unsere Hände, dann schlenderten die jungen Leute weiter.
    »Au weia«, entfuhr es mir. »Jetzt kriegen Sie Ärger.«
    »Ich krieg kan Ärga“, sagte Hartwin knapp. »I bin der Chef von denen, nicht umgekehrt. Solln s’ reden. I hab keine Affären.« »Bitte? Sie HABEN keine Affären?«
    »Näin. Nie.«
    »Aber Sie fahren seit zwanzig Jahren zur See!«
    »Früher, da hab ich Affären gehabt, Dutzende, in jedem Hafen und auf’m Schiff und überall. Aber heute, da hab ich keine Affären mehr.«
    Schade, dachte ich. Echt schade. Mit dem hätte ich gern eine gehabt. Jetzt, wo ich mich Fred-mäßig gerade mal erhole.
    »Wenn i mit äiner Frau Hand in Hand gehe, dann is des keine Affäre.«
    »Nein? Sondern? ...«
    Hartwin blieb stehen und schaute mich an. Seine hellblauen Augen. Ich hatte Herzklopfen. Was sollte denn das nun bedeuten? Hartwin ging weiter.
    »Das schaut ja alles grauenhaft aus«, sagte er, indem er die verrotteten Parkbänke und die Abfalleimer betrachtete, die dringend mal wieder einen Anstrich benötigten. Klar. Er sah alles nur mit Hoteldirektorsaugen.
    »Was war da jetzt mit’m Brief?« fragte er plötzlich.
    »Ja, das wollte ich Sie fragen.«
    Is das a Erpressung?«
    »Keine Ahnung.« Und dann erzählte ich diesem Hartwin Danz, der in mir soviel Vertrauen weckte, die ganze Sache. Also nicht die ganze Sache. Nur ein bißchen von der Sache. »Es gibt immer wieder Andeutungen von verschiedenen Leuten über ein ... Foto.«
    »Was für an Foto?«
    »Ein ... Foto.« Mensch. Mann. Kapier doch. Ein kompromittierendes Foto halt.
    »Äin ... Foto-Foto?!«
    »Genau.« Der Mann hatte Format. Der verstand und schwieg.
    Wir lustwandelten zum dritten- oder viertenmal über dieses lächerliche Stückchen kargen verbrannten Rasen, den sie »Gardens« nannten. Und begegneten immer wieder denselben indischen Großfamilien.
    »Ich habe mich mal dazu hinreißen lassen, mit einem ... Schweizer Bänker ... an einem Ort, der anscheinend einsehbar ist ...«
    »Deck sechs, achtern, wäiß i schon.«
    »Ja. WAS? Sie WISSEN davon?«
    »Den Barkeeper hob i scho lange entlassen.«
    »Welchen Barkeeper?«
    »Den Kerl, der damit angegeben hat, daß er das Foto hat.«
    »Wie, Sie WISSEN, wer das war?«
    »Ja. Der Keeper von der Pool-Bar. Willi Hammerschlag. Adresse kann i Ihnen geben. Ulm. Den Kerl hob i in Ho-Chi-Minh-Stadt entlassen.«
    Ich sank auf ein schlecht gestrichenes Bänkchen. »In ... Ho ... Chi ... Minh ... – wann?«
    »Vor der Weihnachtsreise. So Leute kann i net brauchen. Wenn einer indiskret ist, fliegt der. Und wenn’s mitten in Vietnam ist.«
    »Sie HABEN den Namen und die Adresse von dem Kerl, der mich ... fotografiert ... hat?«
    »Natürlich. I hob die Adresse von jedem, von JEDEM bei uns an Bord.«
    Ich konnte es nicht fassen. Da verdächtigte ich seit Wochen und Monaten alle möglichen Menschen, vom Kameramann über den harmlosen Touristen, von der alten alleinreisenden Dame mit Badehaube bis hin zu ... Fred ...! Und hatte inzwischen SIEBEN Menschen um die Ecke gebracht!
    Wegen einem ... BARKEEPER mit Namen Willi Hammerschlag! Aus ULM! Der längst ENTLASSEN war!
    »Was ... wo ... ist der jetzt?«
    »Dös wäiß i net. Vielleicht bei der Mama, daheim in Ulm. Der mußte auf eigene Kosten von Vietnam nach Deutschland fliegen. Wer fliegt, der fliegt.«
    »Was war das für ein Typ?«
    »Ein zwielichtiger Typ. I bin mir net sicher, ob der nicht sogar was mit Rauschgift zu tun hatte. Den hat noch der Müller eingestellt. I hätt den gar net erst genommen.«
    »Und was macht der

Weitere Kostenlose Bücher