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Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition)

Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition)

Titel: Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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ihn verstehen.
    »Schau ... Burrgl, und seit ich dich kenn, wie du da zupackst in deinem Leben, was du so machst, wie du die Welt wahrnimmst und wie du freundlich bist zu den Menschen, da denk i jeden Tag mehr ... wir tät’n scho verdammt z’sammpassen.« Hartwin strich mir eine Strähne aus dem Gesicht.
    »Ja«, sagte ich nur schlicht. »Das täten wir, verdammt.«
    »Aber ... mer dürf’n nix überstürzen, mer san beide erwachsen, mer dürf’n net nach drei Wochen sagen, das ist jetzt der Mensch meines Lebens. Das muß reifen. Und wachsen. Du fährst nächste Woche wieder heim. Und i sitz hier auf’m Schiff.«
    »Ich könnte wiederkommen, wenn du willst.«
    »O.K ... Ja. Ssupa. Mach des. Komm wieder, so schnell du kannst.«
    WELCH ein anderer Tonfall als damals bei Fred.
    Beim nächsten Mal kommen andere Tussis.
    O nein. Das war nicht die Sprache von Hartwin.
    Der war ehrlich, geradeaus, direkt.
    Keine Spielchen. Aus dem Alter waren wir raus.
    »Ist das dein Leben, Hartwin?«
    »Bis vor zwei Wochen hab ich’s geglaubt. Daß das mein Leben ist. Aber jetzt ... mer müss’n schaun.«
    Wieder gelangte unsere wunderbare »MS Blaublut« in den Persischen Golf. Wieder bummelten wir über den Fischmarkt und durch die Souks. In Salalah im Oman machte ich mir einen Spaß daraus, verschleiert neben Hartwin Danz herzugehen. So konnte uns begegnen, wer wollte: MICH erkannte man jedenfalls nicht.
    »Du brauchst dich nicht zu verschleiern, Schatzl«, sagte Hartwin. »Ich hab keine Affären. Jeder kann uns sehen!« Und dafür liebte ich ihn. Er stand zu mir, er stand zu allem, was er tat und sagte.
    Aber ich genoß das kleine Spiel. Aus lauter Lebensfreude und Übermut. Hier hatte ich Hartwin damals zum erstenmal richtig wahrgenommen, als ich mir den Rucksack vor den Busen gehängt hatte, weil die Araber so starrten. Und am selben Tag hatte er mir meinen Koffer aus Dubai besorgt. Er machte keine leeren Versprechungen.
    Alles war so klar, so gerade.
    Mit ihm könnte ich leben, dachte ich. Verdammt.
    »Mit dir könnte ich leben«, sagte Hartwin plötzlich, als könne er meine Gedanken lesen.
    Mir wurden die Knie weich. Dieser Mann hatte eine Erotik! Mitten auf dem Fischmarkt von Salalah im Oman!
    Ich schaute durch meinen Augenschlitz in seine Augen.
    Und er schaute mich an. Minutenlang. Bewegungslos.
    Sein Mienenspiel war mir ausgeliefert.
    Meines nicht. Ich grinste unter meinem Tschador, ohne daß er es merkte.
    »Ich würd jetzt so gern sehen, wie du schaust«, sagte er. Und faßte an meinen Schleier.
    Das hätte er nicht tun sollen!
    Sofort erhob sich lautes Geschrei, die Händler rotteten sich zusammen, man drängte Hartwin weg von mir, zwei Dutzend dunkelhäutige Männer in Kaftanen und Turbanen bildeten vor mir eine schützende Front. Ohne mir zu nahe zu kommen, versteht sich.
    »Hartwin!« rief ich. Sie würden ihm doch jetzt nichts tun?
    Voller Grauen dachte ich an Günther Dittmers, dem sie die Kehle aufgeschlitzt hatten.
    »Hartwin!«
    Ich versuchte, mir die Schleier vom Kopf zu reißen. Aber das war gar nicht so einfach! Sie waren durch komplizierte Klettverschlüsse rutsch- und reißfest.
    Wie aus dem Boden geschossen, standen zwei bewaffnete Polizisten vor Hartwin.
    »Your passport, please!«
    Hartwin zückte, ohne Angst zu zeigen, seinen Bordausweis. Das prächtige Emblem der »MS Blaublut« ließ die Polizisten ein Stückchen zurückweichen.
    »What about this woman?«
    »She is my wife«, sagte Hartwin mit fester Stimme.
    Alle Köpfe fuhren zu mir herum.
    Ich hatte es endlich geschafft, mir die Schleier herunterzuzerren. Meine Haare klebten wirr und strähnig am Kopf. Aber sie waren, wie jedermann sehen konnte, blond.
    »Yes«, sagte ich, verlegen lächelnd. »I’m his wife.«
    Man ließ uns ziehen.
    Wir gingen Hand in Hand davon.
    Unsere letzte gemeinsame Station war Saigon. Schon vom Fitneßcenterdeck aus konnte ich sehen, was für ein schwarzes Gewirr von Mopeds, Fahrrädern und Rikschas auf der Straße herrschte. Bei näherem Hinsehen gewahrte ich kein einziges Auto! Da Hartwin noch arbeiten mußte, schlich ich mich neugierig durch das Hafengelände bis zum Ausgang zur Stadt. Ein Wahnsinn! In unglaublichem Chaos schlängelten sich Tausende von Zweirädern aneinander vorbei. Auf einem Moped saßen gut und gern vierköpfige Familien. Am Hafentor standen abwartend die Rikschafahrer. Ich schaute auf die Uhr. Noch zwei Stunden bis zur Verabredung mit Hartwin. Sollte ich es wagen? Allein? Durch Saigon?
    Ja.

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