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Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition)

Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition)

Titel: Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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wieder wie ein unheimlicher Traum. Die Leute hockten auf der Straße und aßen. Kleine Kinder mit nacktem Hintern kackten in die Gosse. In den Geschäften bot man alles feil, vom gerupften Huhn bis zur supermodernen Stereoanlage.
    Ich drehte mich um. »Harbour? Ship?«
    Der Kerl verstand kein Englisch! Er nickte und grinste und schwitzte leise keuchend vor sich hin, während er mich durch das Gewühl schleuste. Inzwischen war Rush-hour. Mindestens viermal so viele Zweiräder waren unterwegs wie vorher.
    »Ship!«
    Der Rikschafahrer hielt an, schob mich todesmutig über die Straße und zeigte auf ein Geschäft. Tatsächlich. Da drinnen gab es Schiffe. Holzschiffe, liebevoll handgemacht. Es war ein Souvenir-laden. Ich stieg aus. Vielleicht sprach hier drin jemand Englisch?
    Angenehme Kühle schlug mir entgegen. Sehr nett lächelnde Damen im Schmetterlings-Look fragten, ob sie mir helfen könnten. Ich erklärte ihnen mein Problem. Zum SCHIFF wollte ich, zum HARBOUR!! Sie nickten und lachten und schrieben ein Wort auf Vietnamesisch auf einen Zettel. Konnte der Rikschafahrer lesen? – Natürlich nicht.
    Ich zog eine der reizenden Damen mit hinaus. Sie sprach mit meinem abgeschlafften Rikschafahrer.
    Endlich! Endlich schien er zu kapieren!
    Erleichtert ging ich ins Geschäft zurück. Was konnte ich dem armen Mann schenken? Ich griff zu zwei Dosen eisgekühltem Bier aus dem Kühlschrank.
    Die Verkäuferin reichte mir eine merkwürdig aussehende Flasche. Es war Schnaps darin. Mit einer toten kleinen Schlange.
    Dieser Schlangenschnaps sei hier das Nationalgetränk, erklärte mir die Mandeläugige. Er würde magische Kräfte wecken. Die Schlange sei lebend in der Flasche eingeschlossen worden. Man könne damit böse Geister bezwingen. Ich ließ mir eine solche Flasche aufschwatzen.
    Endlich fuhren wir zum Hafen zurück. Ich war müde und verwirrt. Jetzt schnell zur Rezeption, den Zahlmeister um Geld anpumpen. Irgendwie mußte mir das gelingen.
    Zwanzigtausend Dollar. Ich würde sie abarbeiten müssen, und wenn ich in der Küche Tassen spülte. Vielleicht konnte auch Hartwin mir helfen. Ich wollte zu ihm!
    Doch gerade als wir auf die riesige Straße abbogen, die zum Hafen führte, sah ich ihn. Hartwin! Er hockte mit finsterer Miene in einer Rikscha und floß im Gegenverkehr davon.
    »Hartwin!«
    Das Knattern und Hupen und Klingeln verschluckte meinen Ruf. »HARTWIN!!!«
    Die schwarze Schlange wälzte sich unaufhaltsam weiter. Hartwin war schon außer Rufweite.
    »Turn around!« schrie ich meinen Rikschafahrer an. »Follow this Rikscha!!«
    Aber er lächelte nur und nickte und trat weiter unaufhaltsam in die Pedale. Der Mann konnte nicht einen Fetzen Englisch.
    »Verflucht!« schrie ich in die abgasverpestete Luft hinein. »Verdammter Mist!!«
    Wo mochte Hartwin hinfahren? Hatte er auf mich gewartet?
    Ich schaute auf die Uhr. Es war zehn vor sechs! Und wir waren um vier verabredet gewesen! Klar, daß er jetzt sauer auf mich war. Dabei war ich zuverlässig! Ich war der zuverlässigste Verabredungseinhalter der Welt! Darauf war ich stolz! Und jetzt hatte ich Hartwin versetzt!!
    Am Hafeneingang stieg ich zitternd von der Rikscha. Mehrere große schmutzige Laster rangierten hin und her. Die Mopeds und Fahrräder schlängelten sich mit stoischer Gelassenheit um sie herum. Ich zahlte, gab meine Bierdosen ab und nahm die Schnapsflasche.
    Vorbei an Bergen von dreckigen Säcken stiefelte ich ins Hafengelände zurück. Noch zehn Minuten! Wie sollte ich in zehn Minuten zwanzigtausend Dollar auftreiben?
    Tiefe Schlaglöcher verunzierten den Weg. Laster wurden beladen. Dunkeläugige Männer starrten mich an.
    Nur schnell weiter. Ich stieg über einige rostige Stangen. Ein riesiger Laster stand quer. Der Motor lief noch. Knatternd und stinkend quoll übler Rauch aus dem Auspuff. Ich hielt die Luft an und quetschte mich an ihm vorbei. Dicht an der Mauer des verfallenen Zollgebäudes balancierte ich über einige Säcke. Und da hockte er! Willi Hammerschlag! Und setzte sich gerade einen Schuß! Ich hielt inne. Mein Herz polterte.
    Noch hatte er mich nicht gesehen. Er konzentrierte sich auf seine Nadel. Hatte ich eine Chance, ihn zu beseitigen? Ich pirschte mich vorsichtig an ihn heran.
    Er zog die Nadel aus seinem Arm. Meine Güte, wie viele Einstichstellen! Der Kerl war ja völlig am Ende!
    Aufseufzend ließ er sich zurückfallen, lehnte sich mit geschlossenen Augen an die Mauer. Im Schutze des Lastwagens hatte er sich in aller Ruhe noch einen

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