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Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition)

Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition)

Titel: Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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Schuß gesetzt. Damit er bei unserer Geldübergabe relaxed war. Ich sah meine Chance! Heimlich schaute ich mich um. Nein. Niemand. Einige Arbeiter, die Säcke auf den stinkenden Lastwagen hievten. Sonst niemand.
    Blitzschnell öffnete ich die Schlangenflasche. Ein penetranter Geruch schlug mir entgegen, mischte sich in den Gestank von Diesel und Benzin und Abgasen. Ich angelte nach der Spritze, die Willi Hammerschlag aus der Hand geglitten war, tauchte sie tief in das Innere der Schnapsflasche und zog sie auf. Die Schlange glotzte mich aus toten Augen an. Mit zitternden Händen stellte ich die Flasche an die Mauer. DA! Willi Hammerschlag öffnete die Augen! Ich rammte ihm die Nadel in den Arm. Er wimmerte kurz, als ich ihm die Ladung Schnaps in die Vene drückte. Sein Arm lief blau an. Willi verdrehte die Augen. Zur Sicherheit schoß ich ihm noch eine zweite Portion Schlangenschnaps hinterher. In wilder Entschlossenheit riß ich einen dieser blau-weißen Zementsäcke an mich und stülpte ihn über den ohnmächtigen Willi. Niemand konnte mich hier sehen. Ich stopfte die Schnapsflasche, das Rauschgiftbesteck und die Habseligkeiten von Willi in den Sack und zerrte ihn vor den Auspuff. Hektischer Blick auf die Beine der Arbeiter auf der anderen Seite des Lasters. Sollte ich noch nach dem Foto suchen? Nein. Keine Zeit. Mit einem herumliegenden Draht verschloß ich den Zementsack. Nichts rührte sich darin.
    Rückwärts schlich ich mich vom Tatort weg, kletterte wieder über Eisenstangen und Säcke, umrundete das Zollgebäude, stieg über Unrat und Plastikabfälle, Mülltüten, menschliche Exkremente und leere Wasserkanister. Ich schlängelte mich vorsichtig durch das Loch eines Maschendrahtzauns. Ein wenig später betrat ich das Hafentor noch einmal. Die Rikschafahrer lehnten immer noch, auf Kundschaft wartend, an der Hafenmauer. Meiner zog sich gerade das kalte Bier rein und winkte mir freundlich zu. Auf der Straße tobte der Verkehr.
    Ein Bimmeln und Hupen, ein Knattern und Rattern! Ich traute meinen Augen nicht! Da kam mein geliebter Hartwin!! Aber er saß nicht mehr vorne in der Rikscha. Er saß auf dem Fahrradsattel! Und der verwirrte Rikschafahrer rannte in Panik hinter ihm her!
    Hartwin bog wild entschlossen in den Gegenverkehr ein, um in die Hafeneinfahrt zu gelangen. Der querstehende Laster blockierte noch immer die Einfahrt.
    Hartwin schwitzte wie ein Bär. Er sprang von dem Gefährt. Jetzt hatte er mich entdeckt.
    »Burrgl! Schatz! Ich hab mir solche Sorgen um dich gemacht!«
    Er riß mich an sich und umarmte mich, daß ich dachte, mein Brustkorb würde zerspringen.
    »Hartwin! Paß auf! Da kommen Leute vom Schiff!«
    »Sollen’s doch alle sehen!« Er hielt mich eine Armlänge von sich ab. »Wo warst du, um Himmels willen? Ich bin vor Angst um dich fast gestorben!!«
    »Och, ich bin nur ein bißchen rumgefahren.«
    »Du bist ... allein ... mit der Rikscha durch Saigon gefahren?!«
    »Ja! Warum denn nicht?«
    »Das machst du mir nie, nie wieder, hörst du? NIE WIEDER!«
    Hartwin drückte sein schweißüberströmtes Gesicht in meine Halsbeuge. Ich strich ihm über das dichte weiche Haar. Mein Gott, der liebte mich wirklich! Kein Streifenhorn radelt schweißgebadet durch den Berufsverkehr von Saigon, nur weil ein Mädel nicht zur Verabredung gekommen ist! Er hatte wirklich Gefühle für mich! Und ich liebte ihn auch. Zärtlich und vertraut. Zu ihm gehörte ich. Das war mir plötzlich so klar wie nichts auf der Welt.
    »Ich liebe dich, Hartwin«, flüsterte ich.
    »Ich hab mich so um dich gesorgt, Burrgl«, sagte Hartwin.
    Hättwich lehnte an der Hafenmauer und freute sich.
    Und dann küßten wir uns. Mitten in der belebten Hafeneinfahrt von Saigon. Die Hausdame, die Zahlmeisterin und der zweite Maat schlängelten sich verlegen lächelnd an uns vorbei.
    Normalerweise schließe ich beim Küssen immer die Augen.
    Aber diesmal nicht.
    Diesmal beobachtete ich voller Genugtuung, daß der Laster beim Rückwärtsrollen einen Sack überfuhr. Die Arbeiter schrien und gestikulierten und klopften an das Fenster, woraufhin der Laster wieder nach vorn rangierte. Zwei, drei Kerle stemmten den Sack hoch und warfen ihn auf die Ladefläche. Sie schrien wieder irgendwas, klappten das Wellblech hoch und verschlossen die Öffnung.
    »Liebster, wir stehen im Weg«, murmelte ich, weil Hartwin so gar nicht mit dem Küssen aufhören wollte.
    Wir balancierten ein paar Meter zur Seite.
    Der Laster schob sich zentimeterweise rückwärts aus

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