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Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition)

Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition)

Titel: Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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Ich fühlte mich mutig und stark. An seiner Hand war ich schon durch magische Städte gegangen. Jetzt wollte ich es allein versuchen. Ich stieg also tapfer auf den schmuddeligen Vordersitz eines mageren Rikschafahrers und wedelte mit einem Zehn-Dollar-Schein.
    Der Rikschamann nickte erfreut und setzte das schwerfällige Gefährt ächzend in Bewegung. Mein Herz klopfte. Wir stürzten uns in den dichten Verkehr. Rote Ampeln wurden grundsätzlich ignoriert. Man fuhr mitten in den entgegenkommenden Strom von Mopeds und Fahrrädern hinein. Ich hielt mir die Hände vor die Augen. Auf was hatte ich mich da eingelassen? Würde mich dieser dunkelhäutige Mensch mit den fehlenden Vorderzähnen jemals wieder zum Hafen bringen? Ich hatte mich nicht abgemeldet! Hartwin wußte überhaupt nicht, wo ich war!
    Überall schwarzäugige braune Menschen, die mich anstarrten, mich blonde einsame Frau in der Rikscha. War es hier gefährlich? An wen würde ich mich wenden können, wenn der Rikschafahrer plötzlich in eine dunkle Gasse abbog? Diese unheimliche Stadt war ein Ameisenhaufen der ganz besonderen Art. Weder auf die französische Kolonialzeit noch auf die amerikanische schien es sich berufen zu können, obwohl noch einige prächtige Bauten aus dieser Epoche zu sehen waren. Das Postamt war gigantisch schön. Mein Rikschafahrer bedeutete mir, es mir anzusehen. Er hielt sein Fahrrad schräg, so daß ich aussteigen konnte. Ich krabbelte dankbar und mit zitternden Knien von meinem Sitz. Armselige Frauengestalten näherten sich mir, um mir armselige Postkarten anzubieten. Ich gab ihnen je fünf Dollar. Soviel Armut auf der ganzen Welt! Wie gut es mir doch ging!
    Ehrfürchtig schritt ich durch das Postamt. An Holztischen saßen die Vietnamesen, die schreiben konnten, und ließen sich Briefe diktieren. Ich betrachtete ganz versunken diese völlig andere Welt. Dann trat ich wieder nach draußen. Gegenüber, hinter dem Moped- und Fahrradgewirr, erhob sich eine neoromanische Kathedrale! Ob man die besichtigen konnte? Ich versuchte, mich durch den unaufhaltsamen Verkehr zu kämpfen. Unter Einsatz meines Lebens rannte ich durch den klingelnden, hupenden Ameisenstrom. Mein Rikschafahrer schüttelte aber den Kopf, als ich an den schmiedeeisernen Gittertüren rüttelte.
    »Na, kommscht net nei zum Bäde?« Schwäbischer Akzent. Mitten in Saigon. Ich fuhr herum.
    Ein junger Kerl mit Fastglatze und Tattoo auf dem Oberarm grinste mich frech an. Er wirkte ungepflegt.
    »Kennen wir uns?«
    »Du kennscht MICH net, aber ich kenne DICH!
    Der Typ war eindeutig nicht ganz nüchtern.
    Abwartend starrte ich ihn an. »Woher?«
    »Vom Schiff, gell.«
    Er friemelte in einem Säckchen herum. Ich hörte Besteck klappern. War der rauschgiftsüchtig? Was drückte der sich hier an der hinteren Kathedralenwand herum? Die Augen waren merkwürdig glasig. Irgendwie kam der Kerl mir wirklich bekannt vor. Aber ein Passagier war der nicht.
    »Wer bist du?« Ich durchbohrte ihn mit Blicken.
    »Willi Hammerschlag.«
    Bumm. Willi Hammerschlag!! Der Kerl mit dem Foto!! Hartwin! Bitte hilf!!
    »Was willst du von mir?« Mein Herz raste. Ich HATTE ihn! Aber ich war allein! Mitten in Saigon!
    »Ich hab auf dich gewartet.« Gelbliche Augen starrten mich an. Der war eindeutig high.
    »Ich schlage einen kleinen Tausch vor«, lallte Willi.
    Der war seit seiner Entlassung hier in Saigon! Der war überhaupt nicht nach Hause geflogen! Der hatte kein Geld für den Rückflug!
    »Du willst Geld für das Foto«, sagte ich.
    »Genau.« Ich HATTE ihn!! Ich HATTE IHN GEFUNDEN!!
    »Wieviel?«
    »Zwanzigtausend Dollar.«
    »Die hab ich nicht dabei. Das weißt du genau.«
    »Hol sie dir. An der Rezeption. Die geben dir einen Vorschuß.«
    »Aber nicht über zwanzigtausend.«
    »Dann leih sie dir. Da gibt’s ja genug reiche Schweine.«
    Ich überlegte. Der Mann war auf Turkey. Der brauchte Stoff. Und er wollte dringend nach Hause.
    Ich fühlte mich ihm überlegen. Ich war stark. Ich hatte Hartwin. Ich würde jetzt sofort mit ihm sprechen. Hartwin wußte immer Hilfe.
    »Achtzehn Uhr Hafen«, sagte ich zu Willi Hammerschlag. Bis dahin würde ich Hartwin hoffentlich getroffen haben.
    Mit Herzklopfen stieg ich wieder in meine Rikscha. »Back to the harbour, please.
    Der Rikschafahrer war plötzlich jemand, zu dem ich Vertrauen faßte. Immer wieder drehte ich mich zu ihm um, lächelte ihn gewinnend an, und er grinste zahnlos zurück. Wir fuhren und fuhren. Ich schaute und staunte. Saigon war schon

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