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Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition)

Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition)

Titel: Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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Zauberer das Mikrophon und sagte: »Und durch den Abend führte auf seine bekannte charmante Weise Kreuzfahrtdirektor: FRED ... HAHN!!« Und alle klatschten begeistert, während das Streifenhorn sich eitel am Bühnenrande verbeugte.
    Was ein schnödes, freudloses Leben, dachte ich vor mich hin, während der Lichtkegel über uns fuhr. Ein ganzes Dasein lang auf so einem Schiff zweitklassige Künstler ansagen. Schrecklich. Der arme Mann. Der hat kein Zuhause. Und keiner hat ihn lieb. Das sieht man ihm an.
    Später trafen sich noch alle Künstler an der Bar auf Deck sieben. Der gute alte Professor Weißenreim stand mit einem Glase Mineralwasser in den knochigen Fingern inmitten einer Gruppe abgeschlaffter Typen, die alle rauchten und Bier tranken, und rezitierte ein gar schalkhaftes, ja geradezu schlüpfriges Gedicht:
    »Zu einem Freund, der Landwirt war,
    kam einst ein junges Ehepaar.
    Der Freund zeigt ihnen Hof und Haus
    und schließlich auch das Hühnerhaus.
    Die junge Frau stand stumm dabei,
    das Hühnerleben war ihr neu,
    doch plötzlich sprang der Hahn aufs Huhn,
    wie das die Hähne nun mal tun.
    Sie voller Interesse scheint
    und fragt den väterlichen Freund:
    ›Herr Schulze, sagen Sie doch an,
    wie oft am Tag macht das der Hahn?‹
    Herr Schulze denkt ein wenig nach:
    ›So zirka zwanzigmal am Tag.‹
    Worauf die Frau ihr Männlein küßte
    und lächelnd sagte: ›Siehste, siehste!‹
    Doch hierauf fragt der Mann den Freund:
    ›Sag, Schulze, wie ist das gemeint?
    Läuft denn der Hahn den ganzen Tag
    immer derselben Henne nach?‹
    ›O nein‹, erwidert Schulze nun.
    ›Der Hahn nimmt stets ein anderes Huhn!‹
    Worauf der Mann sein Frauchen küßte
    und lächelnd sagte: ›Siehste, siehste!‹«
    Natascha, das sonnengegerbte Knochengerüst, verzog genervt das Gesicht. Ihr Rudi, Zauberer mit Proletenbömmel im Nacken, drehte sich angewidert weg. Ich klatschte begeistert Beifall, war dies doch schließlich schon das vierte Gedicht, das dieser geistig rege Mensch fehlerlos und mit gleichbleibender Heiterkeit vorgetragen hatte. Der liebe alte Professor Weißenreim verbeugte sich höflich in meine Richtung. Mit mir klatschten die beiden Schweizer Bänker, die sich ganz selbstverständlich unter das Künstlervolk gemischt hatten. Besonders der Kleine mit der runden Brille, der Ulrich hieß, war anscheinend hingerissen von der dichterischen Darbietung. Peer-Holger Kowalski, der dickliche Lektor mit dem schneeweißen Streber-Oberhemd, klopfte immerhin anerkennend mit dem Fingerknöchel auf seine Sessellehne. Ihn konnte ich mir gut mit einem Schlagende-Verbindung-Käppi der christlichen Altherren-Vereinigung vorstellen. Der Kreuzfahrtdirektor Fred Hahn lehnte matt in einem dieser samtenen Sessel und rauchte seine Marlboro. Um ihn herum standen einige schlanke Schöne, seine Assistentinnen und Sekretärinnen, aber auch die Ballettratten, die sich zur Feier des Tages alle in prächtige Abendfummel geschmissen hatten. Das Gedicht war eindeutig für ihn bestimmt gewesen! Der Hahn nimmt sich stets ein anderes Huhn! Zwanzigmal am Tag, bestimmt, das traute ich dem zu. Ich würde mich nie, nie, niemals unter ihnen einreihen. Ich war kein Huhn, ich war ein Schwan! Viel zu schade für den Hahn!
    Der rundbebrillte kleine Schweizer näherte sich mir. »Du hast wahnsinnig toll gesungen, du! Nein, wirklichch! Wahnsinnig!!«
    »Danke“, sagte ich bescheiden. Obwohl ich wußte: Ich war wirklich wahnsinnig gut gewesen. Das mußte mir erst mal eine nachmachen! Im Rennen mal eben die Carmen abliefern! Eigentlich hatte ich ja noch ein Hühnchen mit dem Hahn zu rupfen. Wie unfair der sich verhalten hatte! Mich wie eine Schülerin aus dem Fünfsternerestaurant zu holen! Während ich mit der Hoteldirektorsgattin und zwei Schweizer Bänkern tafelte! Das konnte er mit seinen Ballettratten machen! Aber doch nicht mit mir, Burkharda Meier!
    Drunten im »Fürst-Rainier-Saal« auf Deck sechs spielte die achtköpfige bulgarische Bänd unermüdlich Tanzmusik. Einige wenige Paare tummelten sich auf der Tanzfläche. Ich beugte mich über die Brüstung, um sie zu beobachten. Die meisten trotteten halbwegs im Takt vor und zurück, wobei sie mit den Hüften einknickten und einander, möglichst unbeteiligt blickend, über das Parkett schleiften. Die Damen hielten die Hand auf dem Rücken des Gatten künstlich abgespreizt, als hätten sie eine englische Teetasse zu balancieren. Aber wie immer bei Tanzveranstaltungen gab es das ultimative

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