Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition)
bin stark. Ich will dich. Hartwin. Ich mache ernst.
Niemand ging vor mir, niemand ging hinter mir.
Egal. Ich war in Thailand. Nix zu verzollen. Also grüner Ausgang. Die Lichtschranke öffnete das Portal zur Ankunftshalle. Hunderte von kleinen schwarzhaarigen Abholern drängelten sich an der Barriere. Hartwin war groß und blond. Wo? Hartwin! Zeig dich! Mein Blick irrte suchend über die vielen kleinen dunclen Menschen. Sie wedelten mit Schildern, sie zupften mich am Ärmel. Menschenmassen. Männer, Frauen, Kinder. Alles Thailänder. Ich schob mich durch das Spalier. Hartwin! Komm raus! Du MUSST mich doch gesehen haben!! Es war wie eine Dornenhecke. Eine Dornenhecke aus fremden dunkeläugigen Menschen, die mich anstarrten. Mein Herz raste.
Kein Hartwin. Meine Zunge schmeckte nach Lehm.
Nein. Das konnte nicht sein. Hartwin war nicht wie Fred. Hartwin spielte keine Spielchen. Der versteckte sich jetzt nicht hinter einer Säule und lachte sich kaputt über meinen irren Blick, über meine Unsicherheit und meine roten Flecken, von denen einer aussieht wie Afrika. Hinter mir quollen nun neue Ankömmlinge durch die Tür. Ich wurde vor ihnen her gedrängt. Am Ende der Halle angekommen, wanderte ich langsam durch den Gegenverkehr zurück. Wurde angerempelt – »excuse me«, »sorry«.
Hartwin. Bitte, bitte erscheine! Du bist doch da!
Ich fühlte mich so einsam und verlassen wie noch nie zuvor. Mitten auf dem Flughafen in Bangkok. Wie im Film.
Bestellt und nicht abgeholt. Wie im schlechten Film.
O.K., dachte ich. Du bist also wirklich unzuverlässig. So, wie die Landmanns gesagt haben. Du hast wirklich nur mit mir gespielt. Du denkst gar nicht daran, an einem stickigen, staubigen Dienstagnachmittag dein vollklimatisiertes Schiff zu verlassen, um mich abzuholen. O.K., ich habe verstanden.
Ich stand.
Ich wanderte.
Ich schaute und schaute.
Das KONNTE doch nicht wahr sein.
Mein Hartwin. Mein zärtlicher, liebevoller, ehrlicher und zuverlässiger Hartwin. Der mich noch in Saigon so fürsorglich zum Flughafen gebracht hatte. Vor acht Wochen. Und jetzt? Liebe schon vorbei?
Kindchen, hörte ich die Stimme meines Vaters. Muß das denn sein? Es hat doch keinen Zweck. Jetzt sitzt du in der Klemme, Kindchen. Fahr schön nach Hause, ja? Sei vernünftig.
Burkharda, jetzt wird nicht geflennt. Du bist eine erwachsene Frau – du gehst jetzt zur Information und fragst, in welchem Hafen die »MS Blaublut« liegt. Wenn dich hier keiner abholt, nimmst du dir eben ein Taxi. Du bist engagiert!
Die Dame mit dem netten Air Thailand-Blüschen an der Information verstand mich nicht.
Sie antwortete in einem Englisch, das ich wiederum nicht verstand. Falls es Englisch war.
»MS Blaublut« war hier in Thailand nicht jedermann ein Begriff. Und der Flughafen-Tussi schon mal gar nicht. Und ein Harbour sei hier nicht. Schon gar nicht für Cruise-Liners. Dü gübt’s hür nüch.
Ich zwang mich, nicht zu weinen.
Mit zitternden Fingern klaubte ich mein Handy aus dem Rucksack. Ich wählte die Satelliten-Nummer der »Blaublut«.
Eine nette Stimme teilte mir auf Thailändisch mit, daß ich sie mal gern haben könne. Mein Herz sank immer tiefer.
Fred! Fred Hahns Handynummer! Die war doch eingespeichert! Nervös tippten meine Finger auf den Tasten herum. Aber was war das? Warum funktionierte das nicht?
Fred Hahn war gelöscht! Es gab keinen Fred Hahn mehr! RÜDIGER!! Was hast du »zu meinem Besten« gemacht?
O.K., Burkharda. Ruhig bleiben. Du bist erwachsen.
Es gibt in Bangkok keinen Hafen. Und Hartwin ist nicht da. Und Fred Hahn ist nicht zu erreichen. O.K. Bleib cool.
Ich wählte verzweifelt die Nummer der netten Künstlervermittlerin. In Neustadt in Holstein. Wieder die Stimme der thailändischen Tussi: Diese Nummer doesn’t exist, und Neustadt in Holstein kennmer nich.
Wahrscheinlich existiere ich auch nicht. Ich erwache gleich. Es ist nur ein schlimmer Traum.
Seit über einer Stunde irrte ich durch die gaffenden Massen.
»Taxi, Madam?« Immer öfter sprach man mich an.
Ja, gern, Leute. Aber wohin?!
»To the ship!« konnte ich hier nicht sagen.
Neue Leute quollen aus dem Ausgang. Es waren Deutsche! Sie sammelten sich an einem Punkt, an dem ein Reiseleiter ein TUI-Schild hochhielt. Die üblichen Touristen-Gesichter.
»Bitte, ich gehöre nicht zu Ihrer Gruppe, aber wo ist hier in Bangkok ein Hafen, in dem die ›MS Blaublut‹ liegen könnte?«
Der TUI-Mitarbeiter bat mich, so lange zu warten, bis er alle seine Schäfchen im Bus
Weitere Kostenlose Bücher