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Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition)

Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition)

Titel: Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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Tampon am Bande da raus. Wahrscheinlich gucken wir dabei genauso gelangweilt. Aber Rasierklingen? Und dann gleich zwei Dutzend? Ich schaute auf Hartwin.
    Und DAS ist es, was einen Mann in den Wahnsinn treibt? DAVON schwärmen sie, wenn sie wieder zu Hause in ihrem Schrebergarten sitzen? DAS hätten sie gern von ihrer eigenen Frau? Hartwin lächelte und zuckte die Schultern.
    War es DAS, worauf seine Frau eifersüchtig war?
    War es DAS, weshalb sie ihn nicht mehr ins heimische Schlafzimmer ließ? Konnte sie nicht begreifen, daß dies hier NICHTS, aber auch nichts mit Liebe und Erfüllung zu tun hatte? Das war wie ein schlechter lauwarmer Hamburger in einem Schmuddelimbiß an der Durchgangsstraße.
    Die Touristen glotzten. Mädchen umgarnten sie, drängten ihnen weitere Drinks auf. Als Höhepunkt der Veranstaltung kam eine neue Maid auf den Laufsteg, nahm eine Bierflasche und öffnete sie auf unerklärliche Weise mit den Beckenbodenmuskeln. Jede Schwangere bei der Beckenbodengymnastik würde vor Neid erblassen. Leider schien sich die Dame mit den unglaublichen Fähigkeiten nicht weiter über ihren Erfolg freuen zu können. Sie kippte den Inhalt der Bierflasche in ihren Unterleib und leerte ihn anschließend wieder in die Bierflasche.
    Ich hätte gern laut gelacht – wer will denn das jetzt noch trinken, hä? –, aber niemand lachte hier, erst recht nicht die Maid.
    »Laß uns gehen, Hartwin. Ich habe einen Eindruck.«
    Hartwin legte einen Zwanzig-Dollar-Schein auf den Tresen. Die Animateurinnen mit den Höschen fanden das zuwenig, aber Hartwin nahm mich an die Hand und zog mich auf die überfüllte Straße.
    »So, jetzt hast du’s mal gesehen.«
    »War nicht der Bringer.«
    »Nein.«
    Wir bummelten noch ein wenig durch die hell beleuchtete Sündenmeile von Bangkok. Es war wie die Reeperbahn, nur in warm.
    »Was suchen Männer, die hierherkommen?«
    »Liebe jedenfalls nicht.«
    »Und warum sind ihre Frauen dann eifersüchtig darauf?«
    »Bist du’s?«
    »Nein. Nicht im geringsten. Das, was wir miteinander haben, spielt sich doch auf einer völlig anderen Ebene ab als das hier! Wie könnte ich so dumm sein, mich auf diese Ebene zu begeben!«
    »Ach, Burrgl, Schatz!« Hartwin zog mich an sich. »Wenn alle Frauen so denken würden wie du! Weißt du, wenn du zwanzig Jahre zur See fährst, dann gehst du abends in solche Spelunken. Jedenfalls habe ich das früher gemacht. Jetzt mache ich es schon lange nicht mehr. Da fühlst du dich hinterher noch viel leerer und einsamer als vorher. Ich bleibe abends auf meiner Kabine und lese.«
    »Und wenn du nach Hause kommst, zu deiner Frau?«
    »Dann gehe ich ins Kinderzimmer. Und lese da.«
    »Könnte es sein, daß sich in deinem Leben ein kleiner Regiefehler eingeschlichen hat?«
    »Ja. Könnte sein. Und weißt du, wer den Regiefehler korrigiert
    hat?«
    »Rüdiger?« fragte ich.
    »Liebe Künstler, herzlich willkommen an Bord! Für die Welcome-Show ist heute um neunzehn Uhr Künstlerbesprechung auf Deck sieben auf der Empore des ›Fürst-Rainier-Saales‹.«
    Ich freute mich wie ein Kind, wieder hier zu sein.
    Ja, ich gehörte längst dazu, zu dieser großen, bunt zusammengewürfelten Familie. So war das hier auf der »MS Blaublut«. Alle zwei bis drei Wochen drehte sich das Karussell wieder von neuem. Die Passagiere wechselten, aber die Crew- und Staffmitglieder blieben dieselben. Ein paar Karten wurden neu gemischt, aber sonst war alles beim alten. Seit vielen Jahren. Zum Beispiel für Leute wie Fred Hahn.
    Ich freute mich aufrichtig darauf, ihn wiederzusehen, als ich um Punkt 19 Uhr die schwere Eisentür zur Empore öffnete.
    Im Halbrund lehnten die Künstler in ihren Sesseln – die Tänzer und Tänzerinnen machten ihre Dehnübungen, mein heißgeliebter Larry vom Ton fummelte in der Regie an seinen Gerätschaften rum. Ich umarmte den braven Tenor Anthony Dusseldorfer und den guten alten Professor Weißenreim, der gleich wieder ein köstliches Verslein auf den Lippen hatte, diesmal über »Die eheliche Pflicht«:
    »Als einst ein alter Herr ein junges Mädchen freite,
    und ihm sein schwacher Leib nichts Gutes prophezeite,
    sprach er zu ihr: ›Mein Kind, sie wird sich ja bequemen
    und meine Ehepflicht quartalweis von mir nehmen.‹
    Ihr Widerfragen war, da sie sich kaum bedacht:
    ›Wieviel Quartale, sprecht, gibt’s denn in einer Nacht?‹«
    Meine heißgeliebte Anna war zu meinem Leidwesen nicht mehr da. Ich vermißte sie schrecklich. Sie war der Sonnenschein auf diesem

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