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Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition)

Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition)

Titel: Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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hätte gerne selbst entschieden, ob ich meine Familie verlasse. Ich denke, das ist mein Recht.«
    »Allerdings, Hartwin. Ich schäme mich für Rüdiger.«
    »Weißt du, früher, da haben sich die Männer duelliert. Aber die Ehefrau des anderen anzurufen – das ist so ... unterste Schublade ...«
    »Hartwin, du kannst noch zurück ...«
    Hartwin drehte sich nicht um. Er stand da am Bullauge und schaute hinaus auf das weite graublaue, reglose Meer.
    Er kämpfte mit sich. Und ich liebte ihn dafür, daß er es sich nicht leichtmachte. Mit jeder Sekunde, die er zögerte, war ich mehr und mehr sicher, daß er kein Hallodri, kein Schauspieler, kein Betrüger und kein Filou war.
    Ich stand auf und kramte in meiner Handtasche herum. »Hier. Mein Flugticket. Laß es umbuchen. Ich fliege morgen von Singapur nach Hause.«
    »Aber deine Show ...? Du stehst schon in der Vorankündigung.«
    »Anthony Dusseldorfer kann seine Show vorziehen. Oder die Tänzer. Oder der Professor Weißenreim liest ein paar Gedichte. Es ist kein Problem, Hartwin. Ich rede mit Fred. Ein Notfall. Ich binde ihm irgendeinen Bären auf. Ich verschwinde aus deinem Leben. Und du bringst deine Familie in Ordnung.«
    Hartwin stand am Bullauge, traurig, blaß, ernst. »Der Preis, Burkharda. Der Preis ist so hoch!«
    »Geh und buch meinen Flug um, Hartwin.«
    Hartwin ging zur Tür. Er hatte mein Flugticket in der Hand. »Du bist wahrscheinlich meine zweite Lebenschance, Burkharda. Aber es ist besser so.«
    Damit fiel die Tür ins Schloß.

Wie in Trance folgte ich am nächsten Tag Jasmin und Kurt, dem Schlager-Paar. Mein Flug ging erst um Mitternacht, und ich konnte unmöglich den ganzen Tag auf der Kabine bleiben. Das alles erinnerte mich schrecklich an jene grauenvollen Tage, an denen ich wegen Fred Hahn so gelitten hatte. Diesmal wollte ich mit erhobenem Haupt für immer von diesem Schiff gehen. Es hatte mir kein Glück gebracht. Zum zweitenmal war ich todunglücklich.
    Und wer hier noch alles unglücklich totgeblieben war!
    Die »MS Blaublut« war mein Schicksalsschiff geworden.
    Ich war süchtig nach ihr – und sie hatte mich zu Dingen getrieben, die zu tun ich vorher noch nicht mal im Traum imstande gewesen wäre.
    Jasmin, die blonde Schlagersängerin, ahnte nichts von meiner Seelenpein. »Kurt, hier gibt es Seide!« rief sie, und dann folgten Kurt und ich ihr über die Straße in ein Seidengeschäft und blieben dort geduldig zwei Stunden sitzen, bis sie sich für zweitausend Singapur-Dollar den Stoff für acht Abendkleider gekauft hatte.
    »Kurt, hier gibt es Schuhe!«
    Kurt und ich hielten ihr die Taschen und den Schirm und den Fotoapparat und die Tüten, und Jasmin probierte zwei Stunden lang achtzig Paar Schuhe an.
    »Sie hat zu Hause schon vierhundert Paar«, sagte Kurt gelassen, während er im Reiseführer über Singapur las.
    »Stimmt nicht, Kurt! Höchstens dreihundertachtzig Paar! Und silberne Riemchensandalen hab ich höchstens fünf Paar!«
    Kurt saß mit stoischer Gelassenheit da.
    Ich hockte neben ihm, dankbar, überhaupt einen Menschen in meiner Nähe zu haben. Ich selbst besitze vier Paar Schuhe. Mit meinen Joggingschuhen fünf.
    Aber wahrscheinlich bin ich in meiner Seele ein Kerl.
    »Ich will jetzt in ein chinesisches Teehaus!« rief die nimmermüde Jasmin, nachdem Kurt geduldig mit seiner Kreditkarte ihre Riemchensandalen bezahlt hatte.
    Wir schwangen uns in ein Taxi, und Kurt radebrechte auf Englisch mit dem Taxifahrer herum.
    »Ein ganz typisches chinesisches Teehaus, hörst du, Kurt! Eines wie in den Romanen von Pearl S. Buck.«
    Der chinesische Taxifahrer kannte die Romane von Pearl S. Buck nicht.
    Er fuhr uns in ein Teehaus, das Jasmin zu Zornestränen trieb. Es war modern und nüchtern eingerichtet.
    »Jetzt ist mir die Stimmung vergangen, Kurt!«
    »Liebling, sag mir, wie du dir das Teehaus vorstellst.«
    »Ich sag doch: wie in den Romanen von Pearl S. Buck!«
    »Gut. Und das finden wir hier nicht. Äußere bitte einen anderen konkreten Wunsch.«
    »Ich will Abendkleider!«
    »Du hast eben Stoff für acht Abendkleider gekauft!«
    »Aber ich will SOFORT Abendkleider! Die anderen müssen ja erst genäht werden!«
    Also gingen wir in ein Geschäft für Abendkleider.
    Und Jasmin probierte um die vierzig Abendkleider an.
    Sie hatte eine phantastische Figur, das mußte der Neid ihr lassen. Sie sah in allen Kleidern hinreißend aus. Die chinesischen Verkäufer waren entzückt.
    »Kurt, ich brauche eine passende Federboa!
    Kurt und ich

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