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Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition)

Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition)

Titel: Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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Blick auf den Kreuzfahrtdirektor, und siehe, Fred Hahn lehnte an der Bar, nippte an seinem Drink, sog an seiner Zigarette und hörte mir aufmerksam zu.
    Ich bekämpfte ein plötzlich heraufsteigendes Lampenfieber.
    »Kann das wirklich Sünde sein, wenn man immerzu an einen nur denkt, wenn man einmal alles ihm schenkt, vor Glück?«
    Lars-Dars hieb in die Tasten. Ulrich fand alles »Wahnsinn, du«. Ich sah seine begeisterten Blicke. Auch der phlegmatische Schweizer namens Jürgi Bürgi klebte an meinen Lippen. Meine beiden alten Verehrer nickten mir zu. Gloria wippte mit ihren Stöckelschuhen im Takt. Sie hatte inzwischen den Bordingenieur an ihrer Seite. Auch ein Hörnchen mit vier Streifen.
    Ich schielte heimlich zu Fred hinüber.
    »Niemals werde ich bereuen«, sang ich, und der gute alte Mond leuchtete, »was ich tat und was aus Liebe geschah, das müßt ihr mir schon verzeihen, dazu ist sie ja da! Liebe kann nicht Sünde sein, doch wenn sie es wär’, dann wär’s mir egal, lieber will ich sündigen mal, als ohne Liebe sein!«
    Frenetischer Applaus ging auf mich nieder. Soviel Beifall hatte ich in Geilenkirchen nie, nie, niemals bekommen!!
    Rudolf sah mich mit feuchten Augen an. Ulrich sagte: »Ja Wahnsinn, du!« Der Professor klatschte Beifall, nachdem er sein Mineralwasser abgestellt hatte. Der alte Einhandsegler warf mir Kußhände zu. Gloria und ihr Ingenieur klatschten auch, und selbst die Frau von Rudolf klatschte, daß ihre Armreifen schepperten.
    Ich fühlte mich so glücklich wie noch nie im Leben.

Mit einem Glas Champagner, das Ulrich mir gereicht hatte, lief ich barfuß hinaus in die Mondnacht. Der laue Wind streichelte meine nackten Schultern. Hättwich Courths-Mahlers alter Flaschengeist säuselte aus der Salzwasserbrise zu mir herauf: Kind, du benimmst dich zwar ziemlich daneben, aber laß es zu, daß du zum Heulen glücklich bist! Solche Stunden der Unbeschwertheit muß es im Leben eines jungen Menschen geben!
    Jetzt wollte ich das alles genießen, genießen, genießen, wie geklaut. So ein Mond! So ein Meer! So ein Schiff! So ein Mann ... was der kann ... Ozean ... weiterfahrn ... was ein Mann ... Streifen dran ... Uniform ... Streifenhorn ... was ein Mann ... äh, was? Wat für ‘n Mann?!
    Jemand näherte sich mir.
    Bitte jetzt nicht Ulrich, dachte ich noch.
    Ich beugte mich über die Reling und schaute heckwärts ins
    Meer hinaus, immer auf die unermüdliche Schraube, die nimmersatt Furchen in das schwarze Wasser pflügte.
    Die Schritte kamen näher. Ich spürte einen Atem im Nacken. Bitte jetzt nicht »ja Wahnsinn, du«!
    Ich konzentrierte mich auf den glitzernden Strahl, den der Mond in das Meer zauberte. Da stand doch jemand dicht hinter mir! Rudolf? Der Professor? Der Einhandsegler? Hättwich, laß es bitte jemand anders sein!!
    »Sie können ja wirklich singen.«
    Ich fuhr herum. Danke, Hättwich!!
    Es war Fred Hahn, der Kreuzfahrtdirektor.
    Mir zitterten die Knie. Ich wußte nicht, wohin ich schauen sollte. Sein Gesicht war ganz nah an meinem. Küßnacht? Einfach so? Ohne Vorwarnung? Sacht man da nicht noch irgendwas? Und außerdem mußte Hättwich erst die anderen Leute wegzaubern.
    Er steckte sich eine Zigarette an.
    Fast hätte ich ihm Feuer gegeben.
    Ich wollte ihn prügeln, würgen, in die Eier treten.
    Aber ich wollte ihn auch küssen.
    Fred rauchte. Ich hasse es, wenn mir einer Rauch ins Gesicht bläst. Bei Fred Hahn jedoch wurde ich willig in den Knien.
    Gloria, die rege Journalistin, drängelte sich unfein in unsere rüde Romantik. Sie hatte die beiden Schweizer im Schlepp. O Gott. Nicht auch das noch. Herr, gib Kraft.
    »Ein bißchen muß ich hier auch aabei’n!« stieß sie lachend hervor. Sie kam aus Oberhausn, das hörte man gleich. Ihr Ruhrpottslang paßte total zu ihrer rauhen, aber heazlichn Aat, ey.
    »Wie fühln Se sich eigentlich, imma auf große Tour?« Sie hielt Fred Hahn sehr professionell ein Aufnahmegerät unter die Nase.
    Verpiß dich, Gloria. Los, Hättwich, zauber sie wech.
    »Immer muß ich um die Welt reisen«, sagte Fred Hahn mit gespieltem Selbstmitleid. »Ich will endlich mal woandershin!«
    Und dann lachten wir alle, daß die Reling wackelte.
    »Sind Se niagendwo zu Hause?« Gloria hielt unbarmherzig ihr Kästchen unter sein Kinn.
    »Nirgendwo«, sagte mein Streifenhörnchen, das ich so verdammt ins Herz geschlossen hatte.
    Kein Zuhause. Immer nur um die Welt reisen. Und mit solchen Passagieren herumschlagen. Und mit solchen Künstlern. Schrecklich.

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