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Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition)

Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition)

Titel: Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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hatte bestimmt Streß. Wenn ich nur an diese bescheuerten Weltreisenden dachte. Da mußte ich ihn nicht auch noch mit dämlichen Fragen wie »Findest du mich gar nicht attraktiv?« belästigen.
    Das Telefon klingelte wieder.
    »Mußt du rangehen?«
    »Ich muß gar nichts.«
    Er legte sich neben mich und kraulte mir den Nacken.
    Ja! Heiße Wogen des Verlangens schlugen ozeangleich über mir zusammen. Jetzt!
    Ich streichelte vorsichtig seine vernarbten Wangen. »Wer hat dich so hart gemacht?« murmelte ich liebestoll. »Wer hat dir das angetan, daß du so ein Mensch geworden bist ...?«
    Ich hoffte, er würde mir jetzt unter Tränen gestehen, daß seine Mutter ein hartherzig Weib gewesen sei, oder seine erste Exfrau oder seine zweite oder alle zusammen, und daß er seit fünfundvierzig Jahren auf eine singende blonde Fee aus Geilenkirchen gewartet habe, die seinen harten Kern knacken und seine weiche Seele zum Vorschein bringen würde.
    Er hatte aber keine Lust auf eine Psychoanalyse.
    Ich wertete es als Zeichen von männlicher Hilflosigkeit, daß er aufsprang und eine Videokassette reinschob. »Streiche mit versteckter Kamera« stand da. »Ihr Kreuzfahrtdirektor beobachtet Sie überall!«
    Zuerst sah man lachende Delphine, und dann sah man Passagiere, die sich unbeobachtet fühlten, in der Nase bohren und an den Zehennägeln knibbeln und auf die Planken spucken und heimlich Champagnergläser in ihre Handtücher wickeln und in ihrem Gepäck verstauen. Eine ältere Dicke kniff mehrmals einen knackigen vietnamesischen Handtuchknecht in den Hintern, als er versuchte, ihr Badelaken geradezuziehen, eine andere drängelte sich am Buffet so unfein vor, daß eine halbe Ananas in ihr Dekollete fiel, wieder eine fraß vor Gier die Dekoration und spuckte sie angewidert in ihre Handtasche, dann kam ein Schnitt, und man sah Passagiere beim abendlichen Konzert tief schlafen, Köpfe fielen auf Nachbarschultern, entsetzte Blicke der Damen, offene Münder der schlafenden Herren, es waren prächtige Schnarchgeräusche unterlegt, wieder Schnitt, dann sah man Passagiere im Beiboot um den besten Platz streiten: Ein Dicker wollte nicht rücken, eine Dame knallte ihre Landausflugtasche auf seinen Kopf und setzte sich brutal auf seinen Schoß, und zwischenrein hatte der Kreuzfahrtdirektor kichernde Delphine geschnitten, die sich über das kindische Verhalten der Passagiere amüsierten.
    Ich hätte zu jedem anderen Zeitpunkt auch herzlich gelacht, aber im Moment hatte ich anderes im Sinn, als mir so ein albernes Video anzugucken. Ich war doch nicht in das Allerheiligste gelangt, um mit einem Glas Apfelsaft in der Hand auf der Bettkante zu hocken und »Verstehen Sie Spaß?« zu gucken!!
    Das Telefon klingelte zum drittenmal. Es war halb vier.
    »Geh nicht ran«, flehte ich Fred an.
    Fred schaltete wütend den Fernseher ab, schlüpfte in seine Badelatschen, die denen von Kegelbruder Rudolf leider ähnelten wie ein Ei dem anderen, sprang zur Tür und sagte: »Bin gleich zurück.«
    Ich starrte leeren Blickes auf die tote Mattscheibe.
    Er war abgehauen! Hatte mich vertröstet wie ein Tante-Emma-Laden-Betreiber seine Kundschaft!
    Mitten in unserer zärtlichen, romantischen Liebesnacht!!
    Nun hatte ich EINMAL beschlossen, Rüdiger zu betrügen, und da mußte nur irgend jemand penetrant bei ihm anrufen, und er sprang auf und ging WEG!!
    Zu wem mochte er gehen? Wem war er verpflichtet?
    Nicht mit mir, Burkharda, sagte ich laut zu mir. Nicht mit mir. Du stehst jetzt auf und gehst, du wirst dein Achterdeck schon finden, und wenn nicht, gehst du gleich ins Fitneßcenter und strampelst dich wieder nüchtern. Denk dran, du bist eine Dame.
    Aber ich WOLLTE keine Dame sein!
    Ich wollte bleiben!
    Ich wollte diesen göttlichen Mann für mich!
    Und so blieb ich auf seinem Bette hocken.
    Fred kam nach einigen Minuten wieder. »So«, sagte er, »das wäre erledigt.«
    Er machte sich noch eine Flasche Apfelsaft auf und hielt sie mir hin.
    »Danke, nein«, sagte ich sauer.
    Da ZICKTE ich rum, genau wie alle anderen Weiber, die meinen geliebten Kreuzfahrtdirektor die Nerven kosteten, da war ich keinen Deut besser als die, die unsichtbar hier an den Wänden hingen, die bereits Erlegten, die nachts bei ihm anriefen und ihn nicht in Ruhe ließen, diesen armen Mann, der nichts als Schlaf brauchte und einen verständigen Menschen, der ihm keinen Druck machte und ihn nur einfühlsam und mit weiblicher Intuition spüren ließ, daß er geliebt wurde, so wie er war!
    Also

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