Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition)
meine auch. Jetzt gibt’s Schläge, dachte ich.
»Natürlich, Herr Kapitän.« Die gnädige Frau bewahrte die Contenance.
Anna warf mir einen Blick zu. Nicht klein beigeben, klar? Hauen! Du bist stark!
Der Kapitän verzog sich ins Eck neben den Rühreiern mit Speck.
Ich erwiderte Annas Blick. Versprochen. Ich stehe zu allem, was passiert ist. ICH habe doch nichts verkehrt gemacht. ER hat sich ja wohl höchst blamabel verhalten.
Ich legte meine Serviette auf meinen ohnehin leeren Teller und ging erhobenen Hauptes hinter dem Käpt’n her. »Was kann ich für Sie tun, Herr Kapitän?«
»Haben Sie dem Hahn über unser Gespräch berichtet?«
»Sollte ich das etwa nicht, Herr Schulz?«
Der Käpt’n zuckte zusammen. Er sah sowieso schon so elend aus, klein, krumm, dick, als hätte er geweint.
»Ich möchte mit ›Herr Kapitän‹ angesprochen werden«, trotzte er. Er wirkte wie dieser dicke Nackedei in der Badewanne von Loriot, der seine Ente zu Wasser lassen und dabei aber bitte mit HERR Müller-Lüdenscheid angesprochen werden möchte.
»Bitte, Herr Kapitän.«
»Also, haben Sie ... gepetzt?«
»Aber Herr Kapitän! Sie haben mir doch nichts unter dem Siegel der Verschwiegenheit anvertraut! Sie haben unaufgefordert und ziemlich lautstark Ihre gesamte Mannschaft schlechtgemacht!«
»Ja aber doch nicht, damit Sie das brühwarm weitererzählen!«
»Nicht? Ach, das wußte ich nicht. Ich hatte den Eindruck, daß Sie immer und überall so über Ihre Leute sprechen.«
»Das sind nicht meine Leute!« Trotziger, bengelhafter Unterton. Der fing echt gleich an zu flennen.
»Doch, Herr Kapitän«, sagte ich mit fester Stimme. Hättwich mußte mir noch nicht mal soufflieren. »Das sind Ihre Leute. Ich verstehe nichts vom Schiffsleben, aber soviel weiß ich als Laie: Sie sind als Kapitän verantwortlich für alle Menschen, die auf Ihrem Schiff arbeiten. Und Sie dürfen Unbeteiligten gegenüber nicht in so negativer und abfälliger Form von diesen Menschen sprechen. Das lernt man im ersten Wochenendseminar Personalführung, Herr Kapitän.«
Ich lächelte ihn liebenswürdig an. Die Rühreier dufteten.
»Das geht Sie alles einen Scheißdreck an!« Der Käpt’n rang um Fassung. Bestimmt hätte er mich gern gehauen.
»Das hätte Ihnen gestern klargewesen sein müssen, Herr Kapitän. Ich frage mich, warum Sie mir als unbeteiligter, fremder Frau, die gerade mal seit einer Woche auf Ihrem Schiff ist, einen so intimen Einblick in Ihre Personalangelegenheiten geben. Warum haben Sie es nicht gleich der STERN-Reporterin erzählt?«
»Und ich habe Ihnen vertraut!« schnaufte Schulz erschüttert.
»Ihr Pech.« Ich zuckte lachend die Schultern. »Wir sind keine Freunde!«
»Aber mit dem Hahn, da sind Sie befreundet, was?« Meine Güte, was konnte der Gift im Auge haben. Und so was ließ man einen Tausendtonner durch die Weltmeere lenken.
»Mit dem Hahn bin ich befreundet.« Hättwich nickte zufrieden. Ja, so hätte sie ihre Heldin auch aus der Schlinge gezogen.
»Haben Sie auch schon mit ihm gevögelt?«
Holla, Käpt’n! Und das neben den Rühreiern! Hättwich zog den Kopf ein.
»Sehen Sie, Herr Kapitän, und das ist der Unterschied zwischen uns beiden: ICH kann diskret sein.«
Ach, wie gern hätte ich durch den Frühstücksraum geschrien: Ja! Wir haben es getan! Wir haben uns gelippt wie niemand zuvor auf där Wällt!! Aber das wäre gelogen gewesen! Er hatte neben mir zu schnarchen begonnen, nachdem sein Video abgelaufen war! Also, um bei der Wahrheit zu bleiben: Wir waren nur gute Freunde. Und selbst das war noch maßlos übertrieben. Wir hatten eigentlich keinerlei Beziehung zueinander. Wir hatten uns gegenseitig in einem schwachen Moment gestanden, daß wir uns ineinander verliebt hatten. Aber ohne jedwede Konsequenzen.
Seitdem gingen wir uns aus dem Weg.
»Und was soll ich jetzt machen?« jammerte der Kapitän.
Hörte ich recht? Er fragte MICH, was ER machen sollte? Ja, sollte ich vielleicht jetzt mal eben ein bißchen steuern gehen, da oben auf der Brücke? Hallo, Maat, geh ma ehm zur Seite, ich übernehm dat hier mal, der Käpt’n weiß nicht, was er machen soll! Volle Pulle backbord voraus!
»Das fragen Sie mich im Ernst?«
Hättwich schüttelte betroffen den Kopf. Wat für ein Schlappschwanz, nää, aber in echt!
»Ja. Sonst stünd ich nicht hier.«
Irgendwie hatte der schon wieder Mut zur Feigheit.
»Sie wollen wirklich meinen Rat?«
»Ja. Sagen Sie schon. Wie krieg ich meinen Kopp wieder aus der
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