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Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition)

Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition)

Titel: Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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Überfluß wollte auch noch die Dame mit der Hochfrisur vorne sitzen. Man hätte gut und gern den Inhalt eines ganzen Badezimmerabfalleimers in ihrem Haarturm unterbringen können! Ich fand es ja auch unfair von Frau Adlerhorst, daß sie den anderen die Sicht versperrte.
    »Es ist eine ZUMUTUNG, mit solchen RÜCK-SICHTS-LO-SEN Menschen auf einem Schiff sein zu müssen!« zischte eine kleine Dicke von hinten.
    »Und IHR Sohn springt immer in der Mittagszeit auf MEINES MANNES Schlafzimmer herum!«
    »Aber bitte, meine Damen!« rief ich. »Bitte!«
    »SIE halten sich da raus!« kam es zurück.
    »MEIN SOHN hat eben ein NATÜRLICHES BEDÜRFNIS ZU SPRINGEN!«
    »Bitte, meine Damen, bitte!«
    »Ich VERLANGE für mein Geld meine RUHE!« schnauzte nun auch der Kettengangster mit der Wollsocke, der erstaunlicherweise ebenfalls an meiner Chorprobe teilnahm. Herr Toofmann.
    »Wenn Sie Ihre RUHE wollen, dann buddeln Sie sich doch zu Hause ein und gehen nicht auf ein FÜNFSTERNESCHIFF!«
    »Wir wollen uns hier amüsieren, dafür haben WIR nämlich VIEL GELD bezahlt!«
    So ging das immer hin und her.
    Jemand verlangte nach dem Kreuzfahrtdirektor, aber ich wollte nicht, daß der arme Fred wegen einer lächerlichen Lappalie gestört wurde.
    Ich wußte, daß er froh war, wenn er mal in Ruhe ein Zigarettchen rauchen konnte.
    Es war der neunte Tag unserer Reise.
    Ich hatte schon drei Kilo abgenommen und war kraftloser und magerer als je zuvor in meinem Leben.
    »Guten Morgen, meine Damen und Herren, wir befinden uns jetzt sechsunddreißig Seemeilen vor der Westküste Australiens, der Wind weht mit drei Knoten von Ostnordost, es sind dreiunddreißig Grad Luft- und vierunddreißig Grad Wassertemperatur, gegen vierzehn Uhr werden wir am Barrier-Riff festmachen, unsere Beiboote sind groß genug, es wird wie immer für jeden Passagier einen Platz geben, Sie brauchen also nicht zu drängeln, bitte vergessen Sie nicht, ein extra starkes Sonnenschutzmittel einzustecken, und für alle, die schnorcheln oder tauchen wollen, gilt das erst recht. Heute abend darf ich Sie dann wie gewohnt um zwanzig Uhr zum Internationalen Abendessen in eins von unseren vier Bordrestaurants einladen, wo unsere Fünfsterneköche Ihren anspruchsvollen Gaumen verwöhnen werden. Um zweiundzwanzig Uhr beginnt wie immer unsere große Show im ›Fürst-Rainier-Saal‹, heute abend singt für Sie unsere zauberhafte und talentierte Burkharda Meier!«
    Ich saß hingerissen am Frühstückstisch, unter dem gelben Sonnenschirm, unter blauem Himmel.
    ER hatte MEINEN Namen ausgesprochen! Er hatte »zauberhaft und talentiert« gesagt!! Dazu hatte ihn keiner gezwungen. Er hätte einfach nur so meinen Namen sagen können. Oder ihn ganz weglassen. Er hätte sagen können: »Heute abend gibt’s Schlager der Zwanziger und Dreißiger.«
    Aber er hatte »UNSERE ZAUBERHAFTE UND TALENTIERTE« gesagt!! WO stand er? WO konnte ich jetzt hinrennen und ihn umarmen? In WELCHER Kabine war dieser Lautsprecher, durch den er täglich morgens um neun so charmant das »r« rollte? Ich MUSSTE; MUSSTE, MUSSTE ihn finden. Und gleichzeitig wußte ich, daß ich mich keinen Millimeter auf ihn zubewegen würde, solange er es nicht tat.
    Ausgerechnet heute konnte ich noch nicht mit Lars-Dars im »Fürst-Rainier-Saal« proben, weil der dicke Lektor mit der hohen Stimme noch nicht mit seinem Diavortrag fertig war. Ich schlich trotzdem in den Saal. Vielleicht konnte ich einen Zipfel von Fred erhaschen?
    Hinten in der Regie stand Larry, der freundliche Licht-undTon-Knecht.
    »Na, Katze? Wie geht’s?«
    »Blendend«, log ich, bleich und übernächtigt.
    »Du siehst müde aus, Katze.«
    »Wo ist Fred?«
    »Dich hat’s echt erwischt, was, Katze?«
    Ich lehnte mich an des kleinwüchsigen Tontechnikers Schulter und nickte stumm.
    Larry steckte zwei Finger unter mein Kinn. »Katze, wenn isch dir omol was sagen darf, es geht misch zwaa nix an, abba ... laß die Fingä von demm ...«
    »Warum? Was weißt du, was ich nicht weiß?«
    »Isch bin sein Freund. Isch hallde discht. Aber isch mag disch auch, Mädsche. Und deshalb rade isch dir: Laß die Fingä von demm. Mehr will isch dazu net saare.«
    »Ist gut. Danke. Bist ein feiner Kerl.«
    Ich lehnte mich kraftlos an eine Säule und schaute mir etwa zweihundert Dias über Australien an, ohne ein einziges davon wahrzunehmen.

Später am Nachmittag – die anderen waren an Land gegangen fläzte ich mich erschöpft in einen Liegestuhl am Pool, um ein letztes Mal meine Texte

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