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Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition)

Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition)

Titel: Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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Krüppel. Zu keinerlei Gefühlsregung fähig. Ich gelangte endlich an das andere Ufer. Ich konnte einen Strohhalm greifen. Was hatte Jürgi Bürgi gesagt? Ich hätte den Richtigen noch nicht gefunden. Und was sagte Larry: Laß die Fingä von demm. Der is kain Mann für disch.
    Sie hatten alle recht. Fred hatte sich gerade selber den Todesstoß versetzt. Wie konnte man so einen Mann lieben? Ich würde endlich geheilt sein von meinem Liebeswahn.
    Er war es nicht wert. Ich war eine von vielen »Tussis«. Er hatte es klar und deutlich gesagt!! »Na und? Nächste Reise kommen andere Tussis.« – JA! Danke, Fred! Endlich hatte er mir den letzten Funken Anhänglichkeit, Loyalität und Liebe mitsamt Wurzeln aus dem Herzen gerissen. O.K. Hättwich war’s auch zufrieden. Jetzt kehre zu deinem orgelspielenden Rüdiger zurück, und wir schlagen das Buch zu. War doch eine nette Lebenserfahrung. So was muß frau im Leben erlebt haben. Zur Läuterung und damit sie später auf dem Totenbett was zu erzählen hat. Ich drehte mich auf die andere Seite und schloß die Augen.
    Ja, es tat gut, so leergeweint zu sein. Und es tat auch gut, der Tugend wieder ins Auge zu sehen.
    Und während ich noch das Kopfkissen mit schwarzem verheultem Lidschatten verknautschte, schob sich meine Kabinentür auf. Anna? Mareike? Gloria? Ach, wie gut war es, Freundinnen zu haben! Ich würde ihnen meinen Entschluß sofort mitteilen.
    »Ja?« schluchzte ich. Kommt rein, tröstet mich, bemitleidet mich, nehmt mich in den Arm und bringt mich zum Lachen!
    Eine Gestalt schob sich im Dunkeln in meine Kabine.
    Ich rutschte schon mal zur Seite in der Erwartung, jetzt von einer meiner Freundinnen auf der Bettkante getröstet zu werden. Es war wirklich stockdunkel in der Kabine.
    Jemand setzte sich zu mir auf den Bettrand.
    Ich nahm tränenblind eine Hand.
    Die Hand schob sich in mein Gesicht.
    Alles naß und verschmiert.
    »Ich wollte dich nicht verletzen«, sagte Fred mit unglaublich weicher, zärtlicher Stimme. »Manchmal sage ich Dinge, die mir dann ganz schrecklich leid tun.«
    Ich erstarrte, fassungslos. FRED! Hatte sich IN MEINE KABINE bemüht!!
    »Ist ja schon gut«, stammelte ich. »Ich hab ja auch überreagiert!« Ich nahm seine Hände und benetzte sie mit meinen Tränen und küßte sie.
    »Du bist die wunderbarste Frau, die mir jemals begegnet ist«, sagte Fred heiser. »Aber glaub mir, ich kann einfach nicht aus meiner Haut. Ich bin ein alter Seemann. Ich treffe immer mal wieder tolle Frauen. Und dann denk ich, die gehen wieder von Bord, und ich muß für immer hierbleiben. Dann sag ich manchmal solche Sachen, um nicht sentimental zu werden ...«
    Ich setzte mich auf und preßte mein verheultes Gesicht an seine schneeweiße Hemdbrust.
    Er war bei mir. Er saß auf meinem Bettrand. Und streichelte mir den Schmier von den verheulten Augen. Seine Hand löste sich aus meiner, er suchte den Schalter der Nachttischlampe. Klick. Gedämpftes Licht. Sein geliebtes Gesicht, so nah bei meinem. Mein Kopfkissen war schwarzfleckig. Sein Hemd auch.
    »Was ist das denn für ‘ne Schweinerei!« sagte Fred.
    Ich lachte hilflos und weinte gleichzeitig. O Fred! Wie ich dich liebe! Unsere Flaschengeister haben die gleiche Chemie! Das weißt du! Bitte, bleib bei mir! Nur zwei Minuten! Oder fünf! Eine Zigarettenlänge lang!
    Oder ein ganzes Leben! BITTE!
    Hättwich sandte mir einen skeptischen Blick. Nach IHREM Drehbuch wäre der Typ jetzt achtkantig rausgeflogen! Aber ICH, ich LIEBTE ihn doch!!
    Fred erhob sich bereits wieder. »Ich wollte nur sehen, ob es dir gutgeht.« Damit wandte er sich zum Gehen.
    »Aber es geht mir NICHT gut!!«
    »Du solltest mal ‘ne Runde schlafen.«
    Damit fiel die Tür ins Schloß.
    Ich war mit meiner verdammten verheulten Schminke auf dem Kopfkissen allein.

Am nächsten Tag – nach zwei Stunden Laufband – war wieder Landgang. Ich war leer. Einfach leer. Mein Liederabend war vorbei. Der Zwanziger-Jahre-Ball auch. Der nächste Auftritt war erst in ein paar Tagen. Ich hatte nichts mehr zu tun. Außer, auf dem Sonnendeck zu liegen und zu versuchen, Romane zu lesen, was mir nicht gelang, oder, was sicher besser war, mit meinen wohlmeinenden Freunden an Land zu gehen. Wir legten um zehn Uhr morgens in Melbourne an.
    Anna, die schwarzhaarige Powerfrau, gab wie immer ihr Morgenseminar. Selbstverteidigung aus der Kraft des Gegners. Avci Wing Tsun. Zum erstenmal seit Beginn meiner Reise schaute ich ihr dabei zu. Ich hatte sie wirklich sehr ins Herz

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