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Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition)

Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition)

Titel: Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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finden.«
    »Ich muß dir was gestehen, Jürgi Bürgi. Ich bin verheiratet.«
    »Das ist nichcht der Richtige, odr. Wenn du den Richtigen gefunden hast, dann suchst du nichcht mehr.«
    »Und Fred? Meinst du nicht, daß er der Richtige ist?«
    »Ich will dich nichcht kränken, odr. Aber ich bin sicher, daß du den Richtigen noch nichcht gefunden hast.«
    Sprach Jürgi Bürgi. Bei einem Spaziergang durch den Regenwald.
    Mit den Schweizern, mit Anna und Mareike, mit Anthony und der lauten Gloria fühlte ich mich einfach wohl.
    Obwohl meine Seele in Fetzen hing.
    Nun ja, heute abend war also der Zwanziger-Jahre-Ball.
    Der STERN-Fotograf und der Bord-Fotograf stürzten sich auf uns. Wir sahen aber auch wirklich wunderbar aus in unseren engen Zwanziger-Jahre-Fummeln und mit unseren schmucken Kavalieren am Arm! Meine Chormitglieder grüßten mich an jeder Ecke mit einem jovialen: »Phantastisch sehen Sie aus!« und »Viel Spaß! Der Jugend gehört die Welt!« und »Was singen Sie uns heute?« Ich war der glücklichste und zugleich unglücklichste Mensch auf diesem Schiff.
    Wir tanzten. Ulrichch schwenkte mich, und Rudolf schob mich übers Parkett, und dann kam Stefan dran, der STERN-Fotograf, und dann Jürgi Bürgi, der stille Bänker Mit ihm tanzte ich jetzt besonders gern, obwohl er wahrhaftig kein Beau war. Er war ein stiller, feiner Mensch, ein Freund auf den zweiten Blick.
    Auf der Bühne standen die Gigolos mit gegelten Haaren und arrogantem Blick. Am arrogantesten blickte Larry. Er liebte diese Rolle. Ich forderte Larry auf, meinen alten lieben Freund aus der Technik.
    Er tanzte göttlich. Was HATTE ich aber auch immer für ein Glück!
    »Na, Katze? Alles im grünen Beraisch?«
    »Nicht wirklich, Larry!«
    »Hängt dein Häzz immä noch am Fred?«
    »Nur an ihm. Auch wenn ich mit tausend anderen tanze.«
    »Laß die Fingä von ihm. Isch beschwöre disch.«
    »Warum, Larry, warum?!«
    »Es is bessä für disch! Darum!«
    Wir tanzten und drehten uns, und dann kamen noch viele andere, mit denen ich tanzte. Aber das Gespräch mit Larry ging mir nicht mehr aus dem Kopf.
    Der Ball war ein voller Erfolg. Die Leute amüsierten sich wirklich.
    Zwischendurch traten wir alle auf, mit ein oder zwei Liedern.
    Ich sang:
    »Davon geht die Welt nicht unter, sieht man sie manchmal auch grau, einmal wird sie wieder bunter, einmal wird sie wieder himmelblau! Geht’s mal drüber und mal drunter, wenn uns der Schädel auch raucht, davon geht die Welt nicht unter, die wird ja noch gebraucht!«
    Später, als Tanz und Rausch zu Ende waren, versammelten wir uns noch auf Deck sieben, auf der Empore, beim Künstlertreff, an der Bar.
    Es war wieder mal zwei Uhr nachts. Ich war erschöpft und gleichzeitig so aufgekratzt, daß ich nicht schlafen konnte.
    Mit Gloria und Anna hing ich an der Bar herum.
    Ich schielte zu Fred. Er sah wieder mal phantastisch aus. Ob er an mich dachte? Ob ich in seinem Kopf genauso herumspukte wie er in meinem? Fred schien nicht unter besonderem Liebeskummer zu leiden. Er plauderte mit Rudolf und seinen Kegelbrüdern. Sie tranken Gin Tonic in rauhen Mengen.
    »Mensch, Fred, ey!« schrie Gloria in ihrer derben, aber herzlichen Art. »Sach ma! Bisse nich froh, daß de so ratt’nschaafe Frau’n an Boad has? Kuck uns doch an! So wat hasse aunich alle Tage!«
    Fred guckte uns an. Anna, Gloria und mich. Wir waren drei schlanke Tannen im Wind. Er hätte uns wirklich mal als etwas Besonderes wahrnehmen können. Wir blühten vor Schönheit, Jugend, Anmut, Weiblichkeit. Besonders ich, natürlich.
    Er rauchte. Er blies mir den Rauch ins Gesicht.
    Dann sagte er: »Na und? Nächste Reise kommen andere Tussis.«
    Und dann lachte er. Zynisch, grausam und sarkastisch.
    Ich hatte viel erduldet. Viel. Ich hatte meine Seele gegeben. Und immer versucht, die Contenance zu wahren.
    Aber das konnte ich nicht mehr lächelnd hinnehmen.
    Ich stand auf, ging erhobenen Hauptes zum Ausgang und rannte auf meine Kabine.
    Dort warf ich mich aufs Bett und konnte endlich heulen.
    Oh, wie wohltuend war es, endlich weinen zu können!
    Mein Kopfkissen hatte unendlich viel Geduld mit mir! Ich weinte und weinte, und ich hatte das Gefühl, daß alle Sturzbäche dieser Welt sich mit dem Ozean vereinen und mein Liebesleid mit sich fortspülen würden.
    Endlich, endlich ging es mir besser. Ich fühlte, daß ich jetzt einschlafen konnte. Wo Fred doch so ein fundamentales Arschloch war. Ja. Jetzt konnte ich ihn endlich vergessen. Er war ein seelischer

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