Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition)
about ...« Er drehte sich um, als kontrolliere er, ob er belauscht würde.
»Was?« Sprach der nun deutsch oder englisch oder steirisch oder alles zusammen, der maulfaule Seebär?
»Thörwssäiläddr.«
»Bitte?« War das ein unsittlicher Antrag oder was?
»There was a letter.«
»Was? Da war ein Brief? An MICH?« Sprich DEUTLICH, Mann!
»A letter ... nicht unbedingt AN Sie, gnä Frau. Eher ...«, er drehte sich wieder suchend um, »... über Sie.«
Sofort schoß mir das Blut ins Gesicht. Meine kleinbürgerliche Kindheit in Geilenkirchen spulte sich in Sekunden vor meinem inneren Auge ab. Kind, da hat sich einer über dich beschwert. Geh hin und entschuldige dich. Und wasch dir vorher die Hände und zieh dir was Nettes an.
»Wes Inhalts?«
»Da hat Sie jemand g’sänn.«
»Ja, das kommt vor, daß man auf einem Schiff gesehen wird. Ich meine, ich zieh mir keine Tarnkappe auf oder ‘ne Gumminoppenbadehaube, wenn ich an Deck gehe.« Frechheit siegt, Burkharda. Laß dich bloß nicht fertigmachen.
»Bäim Jim.«
»Bei WEM.? Ich kenne keinen Jim. Wer soll das sein?«
Ein Leichtmatrose, ein Maat, ein Barkeeper, ein einheimischer Lotse gar?
»Jim! GYM!! Der Fitneßbereich drunten auf Deck sex!«
Wie der das »sechs« aussprach, der Österreicher!
»Ja, da bin ich jeden Morgen. Wieso schreibt das jemand in einem Brief nieder?«
Und PLÖTZLICH wurde mir heiß und kalt, und ich wurde starr und steif wie ein Stock, und meine Füßlein wollten keinen einzigen Schritt weiter im Takt drehen.
»Da hat mich jemand ... gesehen? Und das schreibt er ...
IHNEN?«
»Tonz mer wäiter, gnä Frau. Don’t stop. Mer wern beobachtet.« Das Streifenhorn drehte mich sehr professionell. Ich versuchte zu lächeln, und er sagte, weil gerade Frau Adlerhorst des Weges tanzte: »Sehr gut ham mer das jetzt mit den Tischzäiten g’löst. Käine zwäi Sitzungen mehr, just one, the people want to see the show ...«
Mann! Komm zur Sache! Wie oft du am Tag Sitzungen hast, ist mir egal!
»Wa... was stand in dem Brief?«
»Da schäint’s äin Foto zu gern. Oder än Film. Tanzen S’ wäiter, gnä Frau.« Er nickte und grüßte und faselte wieder etwas von Tischzeiten und Vorspeisenbuffets.
»Ein ... Foto? Von MIR? Wer hat ... ich meine, was ...« Mir sackten die Knie weg. Die Hölle tat sich auf.
Er hielt mich fest im Griff. »Wenn S’ Schwierigkäiten kriegn, wenden S’ sich an mich. Ja, dös Perlhuhn an Mousse von der Taube wurde heute abend gean gessen, gnä Frau. Ham S’ probiert? War ganz frisch from the food market today. Good evening, Mister Winterbottom, good evening, Miss Sophie.«
»WAS denn, ich weiß gar nicht, wovon Sie reden, worum geht es denn überhaupt, HERR Hotelmanager?«
Ich starrte den Mann an.
»Da schläichen manchmal des Nachts die Leit übers Deck, können net schlofn, und da stoßn s’ manchmal auf Dinge, die ... aber das Restaurant kann mer noch sinnvoller nutzen. Dös Dessertbuffet nimmt zvui Platz weg. Hello, how are you, Mistress Halmackenreuther?«
So. Das war ja interessant. Dieser kleine miese, hinterhältige, widerliche Spanner, der heute in Melbourne das Zeitliche gesegnet hatte, war im Besitz eines Fotos oder gar eines Videos!! Hatte er das bereits in Umlauf gebracht? Oder war es unter die Räder gekommen, genau wie er?
Und dieser wirkliche First-class-Hoteldirektor maulte mich nicht etwa an, daß ich solch ein Treiben auf seinem Fünfsternekahn unterlassen solle, sondern er bot mir auch noch vorsorglich seine Hilfe an!
Am liebsten hätte ich gesagt: Junge, vielen Dank für Ihre Mühe, aber die Sache hat sich bereits erledigt. Der Kerl ist in der Hölle.
Aber ich sagte natürlich nichts. Statt dessen lächelte ich den forschen Tänzer milde an. »Bitte, eine Frage.«
»Fragn S’.«
»WANN haben Sie den Brief bekommen?«
»Vor zehn Minuten, gnä Frau.«
»Vor ... ZEHN ... Minuten ...«
Meine Knie knickten ein.
»Bitt schön, gnä Frau, brauchen S’ an Schluck Wasser?«
»Von ... wem ...?« Schwebte der Geist des Spanners durch den Saal?
»Ist an der Rezeption abgeben wordn, gnä Frau.« Ich schluckte. Mein Ritter hielt mich fest in seinen Armen. »Danke für den Tanz.« Er verbeugte sich, als die Bänd ein Päuschen machte, und führte mich auf meinen Platz zurück. »Wenn S’ Hilfe brauchen – i bin für Sie da!«
»Es war mir eine große Freude«, sagte ich bleich.
Ich hielt Ausschau nach Ulrich dem Belagerer. DAS mußte ich ihm erzählen! Wir waren nicht nur gesehen,
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