Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition)

Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition)

Titel: Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
Vom Netzwerk:
wir waren fotografiert worden! Und ganz anscheinend NICHT von dem Spanner mit dem Stock!! Es mußte noch jemand anders davon wissen. Vielleicht waren wir DAS Tagesgespräch beim Tontaubenschießen oder beim morgendlichen Bingo auf dem Neunerdeck?
    »Na, amüsiersse dich?« Gloria schlug mir auf die Schulter.
    »Blendend.«
    »Wat hasse denn mit dem Al’n gemacht heute nammittach?« »Äh ... wieso?«
    »Ja, wollt ich nur mal wissn. Kommt ja leider nich mehr an Bord, happ ich schon recherchiert.«
    Ich packte Gloria erschrocken beim Arm. »Gloria, ich kann dir versichern, es war ein Unfall ...«
    Aber Gloria hörte mir gar nicht zu. »Den hättste ma fragen solln, woher er dat weiß mit Ulrich und dir.«
    Ich begriff gar nichts mehr. »Was? Bitte? Wieso weißt du, daß er nicht mehr an Bord kommt?«
    »Der hat in Melbourne seine Tochta wohn. Bei der bleibt der getz.«
    »Nein.« Ich starrte ratlos ins Leere. »Und was hatte er dir erzählt?«
    »Er hat dat ja nich selps gesehn, hatta gesacht. Er hat dat nur so mitgehört. Ham sich zwei erzählt.«
    »Und das sagst du mir JETZT erst?!«
    »Du bist ja gleich wie vonne Taran’l gestochn übba de Straße gelaufn. Hassen denn noch erwischt?«
    »Nee. Er war schon weg.« Ich sank auf eine Sessellehne. »Das sagte ich ja bereits. Er war wie vom Erdboden verschluckt.«
    O nein! Das durfte nicht wahr sein!
    Der alte Spanner war unschuldig!
    Und ich hatte ihn ins Jenseits befördert!
    Es gab einen Brief! Und ein Foto! Und der eigentliche Spanner war noch auf dem Schiff! Wahrscheinlich sogar hier im Saal! Was sollte ich machen? An wen sollte ich mich wenden? Ich konnte doch unmöglich jetzt allein mit dieser Sache fertig werden ...
    Da näherte sich jemand von hinten.
    »Ulrichch, du, ich muß dir ...«
    Es WAR gar nicht Ulrich! Es war einer von diesen Greisen, die hier ihren zweiten Frühling erlebten!
    Nun war ich schon aufgesprungen, nun konnte ich dem lebensfrohen alten Herrn keinen Korb geben. Also tanzte ich mit dem Greis. Er hatte einen Strohhut auf und war allerbester Stimmung. Er tanzte schlecht. Und sein Kukident-Gebiß war eine Zumutung. Er drückte mich an sich, als sei ich sein lange verloren geglaubtes Enkelkind, und ich konnte mich nur mühsam seiner Küsse erwehren. Au nein. Nicht jetzt auch das noch.
    Meine dünnen, schwachen Ärmchen versuchten tapfer, den alten Lüstling auf Abstand zu halten.
    »Sie beobachte ich schon lange«, gurrte der Alte mit seinem hellen Zitterstimmchen. Dabei versuchte er, sein Bein zwischen meine Beine zu drücken.
    »Ach was«, gab ich maulfaul zurück. Wenn der wenigstens einen Zwischenschritt machte! Aber dieses Wiegen von einem Bein aufs andere ließ mir fast keine Ausweichmöglichkeit!
    »Sie sind eine scharfe Frau.«
    »Was Sie nicht sagen ...« Mir schwante Schreckliches. DER?
    Er grinste mich verschwörerisch an. »Ich habe hier die Hochzeitssuite gemietet.«
    »Ach, Sie sind auf Hochzeitsreise? Das hätte ich auf Anhieb nicht von Ihnen gedacht ...«
    Ich taxierte den Alten spöttisch.
    »Nein, ich bin mit meiner Frau schon fünfundfünfzig Jahre verheiratet. Aber die mag mich nicht mehr.«
    Was ich verstehen kann, wollte ich sagen. »Ja, und mit wem sind Sie jetzt in dieser Hochzeitssuite?«
    »Mit meiner Frau.«
    »Mit der, die Sie nicht mehr mag?«
    »Ich bin ihr zu groß«, flüsterte der Alte mir verschwörerisch ins Ohr.
    »Na, so groß sind Sie doch auch wieder nicht.« Ich tippte auf eins fünfundsechzig oder so.
    »Im BETT! Sie mag mich IM BETT nicht mehr! Sie ist ZU ENG, und es tut ihr weh! Ich bin ihr zu GROSS!«
    Ich konnte es nicht fassen. Das sagte dieser Mensch mir beim allerersten Tanz! Ja, wo sind wir denn hier!
    »Das hört sich alles interessant an. Erzählen Sie weiter!«
    Wir wechselten Standbein und Hängebein gegen den Takt. Gräßlich. Dieser Kerl kam direkt aus der Hölle.
    »Dabei kann und will ich noch jeden Tag!«
    »Wie schön für Sie!«
    Ja Herrschaftszeiten, was sind das denn für Gespräche an Bord eines Fünfsterneschiffes? Die Hochzeitssuite kostete 60 000 Mark pro Reise, das hatte ich im Prospekt gelesen. Und da baggerte mich der Alte an?
    Hättwich hinter der Säule war ganz grün im Gesicht und übergab sich dezent in eine Silberschale. Nein, heute war wirklich kein schöner Tag gewesen.
    Zum Glück war der Tanz zu Ende.
    Der Alte führte mich ohne Hemmungen zu seinem Tisch und stellte mir seine Gattin vor. Diese saß gramgebeugt in ihrem Sessel und sagte: »Karl-Heinz, das ist NICHT

Weitere Kostenlose Bücher