Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition)
vorbei. Also noch ‘n Gedicht:
Guck mal in deine Seele rein,
da wohnt ein kleines Macho-Schwein.
Der Zwilling davon wohnt bei mir,
wir beide können nix dafür.
Ich kicherte. Das würde ihn begeistern. Er mußte doch merken, daß ich ein ganz anderes Kaliber war als diese blonden Ballettratten, die ihn ständig umschwirrten wie Motten um das Licht. Ich hatte was in der BIRNE!! Solche Liebesbriefe hatte er bestimmt noch nie bekommen.
Ich war eben eine außergewöhnliche Frau.
»Ich bleib hier sitzen.« Fred ließ sich in einen Stuhl an der Bar fallen und kramte nach seinen Zigaretten.
»Wie du willst. Ich sitz auch viel lieber im Schatten.«
Das war gelogen. Ich hätte rasend gern ein bißchen in der Sonne gelegen, hatte ich doch fast den ganzen Tag auf der Kabine verbracht. Und an den Tagen davor hatte ich nur gearbeitet, gelernt, geprobt ... Jetzt wäre ein Sonnenbad verdient gewesen. Aber natürlich nicht um den Preis, die anderthalb verbliebenen Stunden mit Fred nicht neben ihm liegen zu dürfen. Also hockte ich mich auch an die Bar.
»Was trinken wir?« Fred klopfte ungeduldig mit den Bierdeckeln auf den Tisch.
»Weiß nicht. Was trinkst du?«
»Bacardi mit viel Eis.«
»Gut. Ich auch.«
Ich hatte noch nie Bacardi getrunken, und erst recht nicht mit viel Eis, und erst recht nicht auf völlig nüchternen Magen nachmittags um fünf.
Aber wie sang ich immer auf den Hochzeiten in Geilenkirchen: »Wo du hingehst, da will auch ich hingehn, und wo du bleibst, da bleibe auch ich.«
Und was du säääuuufst, das saufe auch ich.
»Wie geht es dir?« fragte ich mitfühlend.
»Schlecht.«
»Warum geht es dir schlecht, Fred?«
»Der Kapitän ist ein Arschloch.«
»Ja, ich weiß. Aber ich steh hinter dir wie ‘ne Eins, das weißt du ja.«
»Hast ihn gut für mich abgebügelt.«
»Oh, ich mach noch mehr für dich. Ich bring ihn auch für dich um!«
»Hahaha. Sehr witzig.« Fred blies seinen Zigarettenrauch in die flirrend heiße Luft. »Er hat den Müller – den Hoteldirektor einfach so geschaßt. In Sydney. Da hat diese Tussi vom STERN Wind von bekommen, und schon stand das Ganze am Donnerstag drin.«
»Sie hat das wirklich geschrieben? Gloria? Wie skrupellos!«
»Ja, die Tussi kannste in der Pfeife rauchen. Jedenfalls bekam die ›MS Blaublut‹ sofort Punkteabzug! Statt der gewohnten fünf Sterne haben wir jetzt nur noch dreieinhalb!«
»Dieser Widerling.«
»Dabei hätten wir einen guten Programmpunkt für die Tagesunterhaltung der Passagiere, für lange Seetage.«
»Was denn?«
»Dentales Gruselkabinett mit Käpt’n Schulz.«
Ich lachte aus vollem Halse. Was Fred doch für ein witziger, origineller Mann war! Genau der richtige Humor für mich! Schwarz, böse, makaber.
»Guck mich nicht so verliebt an!« Fred setzte sich seine verspiegelte Sonnenbrille auf.
»Oh, Entschuldigung.« Ich kicherte verlegen. »Ich hab dir was gedichtet. Hier. Kannst du das lesen?«
»Das WILL ich gar nicht lesen. Ich hab jetzt frei.«
Aha. Gut. Wieder mal ‘ne Watschen. Aber das kannte ich ja nun schon.
Ein tasmanischer Kellner, der zwar mit nacktem Oberkörper, aber dafür mit Cowboyhut und spitzen Stiefeln hier im Strandhotel in der Beach-Bar die Drinks servierte, brachte den Bacardi.
Ich las Fred alle meine Gedichte vor. Ohne Punkt und Komma. Zwischendurch äugte ich verstohlen auf sein Gesicht – und seine Augen hinter der verspiegelten Brille lachten!! Er rauchte ununterbrochen, aber er beugte sich sogar zu mir herüber, damit er alles verstand. Und er freute sich! Klar, noch nie hatte eine von seinen blonden Ratten sich die Mühe gemacht, für ihn etwas zu dichten. Ihren Rattenhintern hatten sie ihm alle hingehalten, aber ist das denn gut für so ‘n Mann? Der braucht doch Liebe und Nestwärme und was Intelligentes fürs Herz!! Ich fühlte mich großartig.
»Hübsch«, sagte Fred und trank sein Glas leer. »Hey, Mister! – Daß die aber auch so lahmarschig sind hier! Die bewegen sich bei der Hitze keinen Zentimeter, wenn sie nicht müssen!«
»Findst’n das?« Ich WOLLTE Anerkennung! EINMAL! Von IHM!
»Sag ich doch.« Fred rauchte. »Hübsch. Da hätten wir den alten Weißenreim gar nicht engagieren müssen. Deine Verse sind doch ganz ähnlich wie seine.«
»Aber dies hier ist FÜR DICH!« raunte ich leidenschaftlich. »Von MIR! Frisch gedichtet!«
»Och, die könntest du genauso gut im Kino vorlesen wie der Weißenreim seinen Ringelnatz. Die Leute würden genauso tief schlafen.«
Hahaha.
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