Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition)
einzeln abbiß!
Ich setzte mich und schrieb:
Ein Mensch, der sich ganz ohne Mann
zum erstenmal bewegen kann,
betritt ein Schiff und will nur leben,
begegnet Fred, fängt an zu schweben,
hat nichts Besonderes im Sinn,
als schwimmen nach Australien hin,
ein bißchen singen, tanzen, lachen,
ein paar gewagte Späße machen,
und will nur in der Sonne liegen,
da gehn ihm die Gefühle fliegen!
Die liegen doch seit Jahrn in Ketten!
Da gibt’s kein Halten, gibt’s kein Retten.
Sie landen, wie man denken kann,
bei einem völlig falschen Mann.
Der will sie nicht, tritt sie mit Füßen,
schläft ein, ohne vorher zu grüßen,
und läßt den Mensch mit den Gefühlen
im Schlamm des Selbstmitleides wühlen.
Ich kaute am Kuli. Zwanzig vor vier. Längst waren alle Touristenbusse davon.
Und ich hockte in dieser Kabine und schrieb alberne Reime, wie ein Teenager! O Gott, mich hatte es so erwischt! Hättwich weinte mit mir.
Es war wie ein schöner Traum – und du –
Sommer, Sonnenschein, das Meer dazu
und die Zärtlichkeit von dir,
die ich heut noch in mir spür.
Ich ging zum Telefon. Hatte ich es richtig eingehängt?
NEIN!! Ich hatte es nach dem Ulrich-Erguß nur lose in seine Halterung geworfen! Jetzt hatte Fred es bestimmt schon zwei Stunden lang probiert! Ich Idiot!!
Sofort wählte ich seine Nummer. 4015. Es tutete. Nichts. Ich wollte schon auflegen. DA! Seine Stimme. Heiser.
»Hahn?!« Es klang verschlafen.
»Äm, ich bin’s, also, ich, Burkharda.«
»Wer?« Ich hörte, wie er sich eine Zigarette ansteckte.
»Burkharda. Burkharda Meier. Wir ... sind verabredet.«
Er blies erst mal in Ruhe den Rauch aus. »Ach so, ja, waren wir das.«
Waren! Er sagte WAREN!! Die Sache hatte sich erledigt!
Ich bring dich um, Fred. Ich bring dich um.
Er rauchte. Dann: »Ich muß wohl eingeschlafen sein.«
»Ja«, hauchte ich kraftlos. »Mußt du wohl.«
Er war EINgeschlafen!! Er dachte nicht im mindesten an mich! Während ich vor Liebe durchdrehte!
Aber WIE fertig mußte er sein! Wenn er tagsüber fest schlief. Der arme Mann. Was hatte der auch für einen Streß. Und wie der
widerliche Käpt’n den wieder angeblafft hatte.
»Wartest du schon lange?« fragte er.
Er hatte es nicht einmal VERSUCHT!!
»Nein, überhaupt nicht!«
»Wie spät ist es denn?«
»Gleich vier.«
»Dann lohnt es sich nicht mehr.«
Mein Herz setzte aus. »WARUM nicht?«
»Ich muß schon um sieben wieder an Bord sein. Wegen der Sail-away-Party.«
»Aber Fred! Das sind drei wunderschöne, endlos lange Stunden! Soviel Zeit hatten wir noch nie füreinander! Wir können bummeln gehen, die Stadt anschauen ...« Ich wollte mit diesem Mann Hand in Hand durch die Straßen gehen, und er würde mir alles zeigen ...
»Also bummeln kann ich schon mal gar nicht. Ich kenne alles und hasse dieses Gelatsche durch die Stadt. Außerdem treffen wir dort das halbe Schiff. Wenn, dann fahren wir an einen Strand.«
»Ja! Gern, wenn dir das lieber ist!«
Ich sah uns schon verliebt auf einem Badelaken herumliegen, er cremte mir den Rücken ein und ich ihm, und dann küßten wir uns und liefen lachend Hand in Hand in die warmen Fluten – und wir würden GANZ ALLEIN sein! Wie WUNDERVOLL!!
»Ich hab ein Gedicht für dich geschrieben!« hörte ich mich
sagen.
»So, hast du das.«
»Ja, ich hab mir die Wartezeit verkürzt, und da hab ich ...«
»Gib’s an der Rezeption ab.«
»Bitte?«
»Zu meinen Händen.«
»Ja. Klar. Natürlich.« Ich räusperte mich. Er würde jetzt mit mir an den Strand fahren! Mit mir ganz allein!!
»Wie lange brauchst du?« fragte er mich.
»Ich – ich bin schon lange fertig.«
»Ach so, ja.« Er rauchte. »Also, ich muß jetzt noch mal die E-Mails abfragen, dann muß ich noch auf die Brücke, die Faxe abholen, dann muß ich noch ins Büro, schauen, ob die Tagesprogramme für morgen und übermorgen fertig sind, und dann muß ich natürlich noch duschen und mich umziehen ...«
Mir sank das Herz in die Hose.
»In einer Stunde«, sagte er und legte auf.
Eine Stunde.
Ich atmete tief ein und aus. EINE STUNDE!! Bis ich ihn für mich allein haben würde! Fred und ich waren aus einem Holz. Und das sollte er wissen.
Meine Reimwut kannte keine Grenzen.
Ich schrieb in mein Tagebuch:
Wir beide haben was gemein,
guck mal in deine Seele rein,
da ist ein Stückchen Hölle drin.
Darum bin ich so, wie ich bin,
darum bist du so, wie du bist,
was wirklich ganz bezaubernd ist.
Ich schaute auf die Uhr. Erst drei Minuten
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