Mord an der Leine
Ehlers, darunter aber nur ein Michael und ein M. Ehlers. Außerdem war
sie sich nicht sicher, ob der Kriminaloberrat überhaupt in der Stadt wohnte
oder nicht in einem der vielen Orte in der Peripherie.
Sie rief deshalb Madsack an. Der Hauptkommissar
meldete sich sofort, als hätte er am Telefon gesessen und auf einen Anruf
gewartet.
»Ich brauche die Privatnummer von Herrn Ehlers.«
»Er mag es nicht, wenn damit ein schwunghafter Handel
betrieben wird«, gab Madsack zu bedenken.
»Es wäre aber wichtig. Ich bin auf etwas gestoßen, das
keinen Aufschub bis Montag duldet.«
»Wollen Sie sich nicht zuvor mit Bernd Richter
abstimmen?«, schlug Madsack vor. »Ach, lassen Sie. Mit dem kommen Sie ohnehin
nicht zurecht«, schob er aber gleich hinterher und nannte Frauke eine Rufnummer.
»Bis Montag«, verabschiedete sich Madsack.
»Das glaube ich nicht«, sagte Frauke, nachdem sie
aufgelegt hatte. Dann wählte sie Ehlers’ Nummer. Es dauerte ewig, bis sich eine
verschlafene Frauenstimme meldete.
»Jaaa!!?«
»Frau Ehlers?«
»Was wollen Sie?«, antwortete die Frau und konnte ein
Gähnen nicht unterdrücken.
»Dobermann. LKA Hannover. Ich hätte gern Ihren Mann gesprochen.«
»Er ist nicht mein Mann«, sagte die Frau unwirsch.
Dann hörte Frauke, wie sie in den Hintergrund rief: »Michi, da will eine was
von dir.«
»Wer denn?«, meldete sich Ehlers aus der Tiefe des
Raumes.
»Keine Ahnung. Irgendeine Tante. Sagt, sie wär vom LKA .«
Kurz darauf hörte Frauke die vertraute Stimme des
Kriminaloberrats.
»Entschuldigen Sie, dass ich am Wochenende störe. Aber
ich bin auf etwas gestoßen, das keinen Aufschub bis Montag duldet. Und allein
kann ich das Problem nicht lösen. Dazu ist das ganze Team erforderlich. Und
Sie.«
Ehlers fragte nicht nach.
»Ist in Ordnung«, sagte er. »In einer Stunde auf der
Dienststelle. Reicht das?«
Frauke stimmte zu.
»Ich benachrichtige die Kollegen«, sagte der
Kriminaloberrat.
Bei Frauke meldete sich der leere Magen. Sie hatte ihr
Hotel in aller Frühe verlassen, als es noch kein Frühstück gegeben hatte. Das
wollte sie jetzt nachholen und sich ein paar belegte Brötchen und einen »Coffee
to go«, wie es im Neudeutschen seit einiger Zeit hieß, im nahen Hauptbahnhof
besorgen. Sie würde rechtzeitig wieder zurück sein.
Nacheinander trafen die Mitglieder der
Ermittlungsgruppe ein. Nathan Madsack war der Erste. Er trug eine beigefarbene
Stoffhose; ein zartblaues Hemd spannte sich über seinen mächtigen Bauch. Die
Knopfleiste war auch am Sonnabend durch eine Krawatte verdeckt. Das Samtsakko
war ein wenig dunkler als die Hose, passte aber.
Wesentlich legerer war Putensenf gekleidet. Eine
schwarze Jeans, ein offenes Sporthemd und ein leichter gelber Pulli waren seine
Freizeitbekleidung.
Ehlers und Richter trafen zusammen ein. Beide sahen
aus, als hätte man sie versehentlich in einem Brauereikeller eingeschlossen.
Frauke hatte die Zeit genutzt und eine große Kanne
Kaffee gekocht.
»Danke«, sagte Ehlers und goss sich ein.
Richter schwieg. Er hatte es auch nicht für nötig
befunden, Frauke zu begrüßen.
»Wie gut, dass wir jetzt eine Frau im Team haben«,
knurrte Putensenf und schob nach dem ersten Schluck hinterher: »Kaffee kochen
kann sie.«
»Heute ist Samstag«, knurrte Richter. »Ich hoffe, Sie
haben etwas Wichtiges.«
»Für Polizisten ist der Sonnabend nicht heilig«,
erwiderte Frauke und musste sich von Putensenf belehren lassen: »Bei uns heißt
es Samstag!«
Der Kriminaloberrat bat Frauke, vorzutragen.
Sie fasste noch einmal die bisherigen Ergebnisse
zusammen und erläuterte ihre Idee, dass Bassetti nur vorgeschickt worden sei.
»Für diesen hanebüchenen Blödsinn müssen wir herkommen?«,
fluchte Richter.
Frauke sah an den Gesichtern der anderen, dass auch
sie nicht begeistert waren. Madsack war der Einzige, der seine Enttäuschung
verbarg.
»Es gibt Verbindungen zwischen dem Vorfall in
Oldenburg und dem Betrug mit dem falsch deklarierten Schinken in Hannover.«
»Sind das auch nur Vermutungen?«, fragte Richter.
Statt einer Antwort stand Frauke auf und holte einen
Aktenstapel von einem Stuhl am anderen Ende des Tisches. Sie hatte ihn dort
platziert. Niemand hatte ihn bisher bemerkt. Während sie die Unterlagen vor
sich auf den Tisch legte, sah sie reihum in die Gesichter der Beamten.
»Hier ist der Beweis.«
»Was ist das?«, fragte Ehlers.
»Die Ermittlungsakten aus Oldenburg.«
»Nach denen wir so lange gesucht haben?« Ehlers
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