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Mord an der Leine

Mord an der Leine

Titel: Mord an der Leine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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mehr von dem Unbekannten gehört?«
    »Würde ich sonst hier sitzen und mich volllaufen
lassen?«, antwortete er mit einer Gegenfrage.
    »Wie soll es weitergehen?«
    »Verflixt noch mal. Woher soll ich das wissen? Halten
Sie sich da raus. Dann ist die ganze Scheiße vorbei.« Er schluckte tief,
während sich eine Träne aus den Augenwinkeln löste. »Hoffentlich«, fügte er
leise an.
    »Warum haben Sie sich nicht vertrauensvoll an die
Polizei gewandt?«
    Tuchtenhagen lachte bitter auf. »Ha. Das bringt doch
nichts. Sie sitzen hier und quatschen mich voll. Können Sie mir sagen, wo
Manuela ist, hä?«
    »Kannten Sie Bassetti aus Oldenburg? Dort waren Sie
früher tätig.«
    »Der Arsch ist erst in Hannover aufgetaucht. Kam
angeblich hier aus diesem Nest. Darum suche ich in dieser Gegend.«
    »Und wie sind Sie zu Schröder-Fleisch gekommen?
Schließlich waren Sie Amtsveterinär in Oldenburg.«
    Sie wurden durch den Wirt unterbrochen, der Bier und
Ouzo brachte. Tuchtenhagen stürzte den Schnaps in einem Sturz hinunter und
wedelte mit dem leeren Glas.
    »Das Beste ist, Sie bringen die Flasche.«
    Der Wirt machte ein betrübtes Gesicht. »Das ist dumm.
Wir hatten die ganze Woche über Veranstaltungen im Hause. Man hat mir den
ganzen Vorrat leer getrunken. Der Lieferant kommt erst morgen, am Freitag. Das
war die letzte Flasche.« Er machte mit beiden Händen eine Geste des Bedauerns.
»Es tut mir leid, aber das war der letzte.« Ohne dass Tuchtenhagen es sehen
konnte, zwinkerte der Mann Frauke zu.
    »Was ist das für ein Scheißladen«, fluchte
Tuchtenhagen.
    »Sie wollten mir erzählen, was Sie nach Hannover
geführt hat.«
    »Ich komme aus Stolzenau an der Weser, einer
Kleinstadt, in der die Welt noch in Ordnung ist. Manuela aus Husum.«
    »Nordsee?«
    Zum ersten Mal zeigte Tuchtenhagen ein entspanntes
Lächeln. »Nein. Aus einem kleinen Dorf nahe Nienburg an der Weser. Von dort ist
es auch nicht weit bis in meinen Heimatort.«
    »Und warum haben Sie Ihren Beamtenjob aufgegeben?«
    »Man hat mir ein gutes Angebot gemacht. Als Leiter der
Qualitätssicherung.«
    »Und außerdem wurde Ihnen in Oldenburg nahegelegt, die
Behörde zu verlassen«, vermutete Frauke.
    »Warum fragen Sie so blöde, wenn Sie schon alles
wissen? Das war doch nur Unerfahrenheit, dass ich die Schweinerei dort nicht
entdeckt habe. Schließlich bin ich mit einem blauen Auge davongekommen.«
    Frauke nahm sich vor, auf die Akteneinsicht zu
drängen. Es war jetzt noch wichtiger geworden, dass die angeforderten
Unterlagen aus Oldenburg endlich wiederauftauchten.
    »Und wie verhält es sich mit den Manipulationen bei
Schröder-Fleisch? Die falsch etikettierten Schinken, die in die Emirate
verschifft werden?«
    »Davon weiß ich nichts. Wir haben keinen Kunden in
Arabien.«
    »Das läuft über den Hamburger Exporteur Berenberg.«
    »Ach so. Manuela hat davon erzählt. Beiläufig. Wir
haben an Manfredi verkauft. Was der mit der Ware gemacht hat – keine Ahnung.
Vielleicht weiß der Steinhövel mehr.«
    Tuchtenhagen lehnte sich zurück, verschränkte die Arme
vor der Brust und schloss die Augen.
    Frauke wartete eine Weile, aber der Mann schien
eingeschlafen zu sein. Darauf deuteten zumindest die regelmäßigen Atemzüge.
    Sie stand auf, trat an den Tresen und verlangte ihre
Rechnung.
    »Und Ihr Mann?«, wollte der Wirt wissen.
    »Sehen wir aus, als wären wir verheiratet?«
    Der Wirt grinste. »Sie haben zumindest so gestritten.«
Er nickte in Tuchtenhagens Richtung. »Was ist mit ihm?«
    »Er hat doch ein Zimmer bei Ihnen.«
    »Schon.«
    »Sehen Sie. Dann ist doch alles geklärt.« Sie strich
das Wechselgeld ein und wünschte einen guten Abend.
    Vor der Tür sog sie die frische Nachtluft ein, obwohl
sie fröstelte. Es war eine andere Kälte als die Kühle, die sie aus Flensburg
kannte.

FÜNF
    Frauke hasste die Tristesse von Besprechungsräumen.
Überall war es das Gleiche. Weiße Wände, durch Kalender oder Poster verziert,
mehrere kalt wirkende Tische mit Stahlrohrgestellen, aneinandergereihte Stühle
– an der Wand ein Whiteboard und das früher übliche Flipchart durch einen PC -gesteuerten Beamer ersetzt.
    Sie hatte am frühen Morgen den Kriminaloberrat
informiert. Michael Ehlers hatte umgehend eine Dienstbesprechung anberaumt und
Frauke vortragen lassen.
    Hauptkommissar Richter hatte zunächst mit offenem Mund
zugehört, sich dann vom Tisch zurückgesetzt, die Beine übereinandergeschlagen
und demonstrativ mit dem Kugelschreiber einen Takt auf die

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