Mord auf Bali: Ein Urlaubs-Krimi (German Edition)
Freundlich sein und lächeln. Immer lächeln. Das Lächeln hatten die Touristen im Reisebüro mitbezahlt. Das erwarteten sie einfach. Asiaten lächeln immer. Ob sie Sorgen haben oder Kummer, ob sie traurig sind oder wütend. Ob sie arm sind oder reich. Ob sie Schmerzen haben oder krank sind. Egal. Sie lächeln. Die perfekte Schauspielerei.
Heute musste Rusli vor seinem Dienst an der Poolbar noch zu einer Totenverbrennung. Auf Bali werden die Toten in einem feierlichen Akt verbrannt. Pompöse Feste mit großen Ansammlungen von Menschen. Je bedeutender der Tote, desto größer die Kremation.
Rusli begab sich zur Zeremonie am Strand von Sanur. Der hiesige Radja war gestorben. Tausende Menschen wohnten der Verbrennungsfeier bei. Balinesen in weißen Gewändern und Kopftüchern, Familienangehörige in Festtracht, Touristen mit der Kamera in der Hand.
Der Leichnam wurde in einer feierlichen Prozession zum Verbrennungsplatz getragen und in einem Pavillon aufgebahrt. Die Einheimischen waren heiter und fröhlich. Keine Spur von Trauer. Eine Kremation ist ein Fest der Freude. Der Körper des Toten hat seine Wichtigkeit verloren. Es geht jetzt um die Rettung seiner Seele. Sie wird in den Himmel geschickt, zu den Göttern, um Fürbitte zu leisten und als Beschützerin für die Familie.
Das Feuer wurde angezündet und schon bald brannte der ganze Pavillon in hohen Flammen. Rusli war immer wieder tief beeindruckt von diesem Schauspiel. Nachdem der Pavillon mit dem Toten niedergebrannt und die Rauchschwaden verzogen waren, wurde die Asche in eine Urne gefüllt. Am nächsten Tag würde sie in einer erneuten Prozession ins Meer geschüttet und den Göttern übergeben.
Als Rusli ins Hotel zurückging, war er einerseits glücklich über die Feier und spürte in seinem Herzen eine tiefe Zuneigung zu den Menschen hier, zu der Insel, der Religion, dem Glauben, den Göttern und dem friedfertigen Leben, andererseits erfüllten ihn die Gedanken an die Arbeit im Hotel und die Touristen mit Trauer und Wut.
Rusli war gar nicht zum Lächeln zumute.
Er träumte von einem freien Leben ohne Geldnot. Er träumte von Madé, von einer Hochzeit mit ihr, von vielen Kindern und einem kleinen Haus. Schon als kleiner Junge hatte er sich in Madé verliebt. Sie stammte aus dem gleichen Dorf im Norden Balis wie er. Als er später im Grand Hotel Bali Beach arbeitete und eine Stelle als Masseurin im Health-Center frei wurde, hatte er gleich an sie gedacht. Er holte sie nach Sanur und besorgte ihr die Stelle als Masseurin, auch ihre Schwester arbeitete dort.
Aber da gab es noch seinen Konkurrenten Bayan. Der hatte sich vom ersten Augenblick in Madé verguckt und ihr das auch gezeigt. Rusli selbst war schüchtern und zurückhaltend, er hatte ihr noch nie seine Liebe gestanden.
Und dann hatte sich auch noch Maurer an Madé herangemacht. Wahrscheinlich hatte er ihr vom schönen Leben im Westen erzählt. Von Freiheit und Sicherheit. Von Geld. Und Liebe. Aber was war das schon für eine Liebe verglichen mit seiner.
Alles hätte er für sie getan. Alles.
Und er würde es ihr beweisen. Er würde es zu etwas bringen. Sie mit Geld und Liebe überschütten, bis sie “ja“ sagen würde. Das war sein Ziel. Und das wollte er erreichen, wie auch immer.
Rusli begab sich zur Poolbar. Er begrüßte freundlich die anderen Bediensteten, die heute arbeiten mussten. Ein paar Gäste saßen auf den Barhockern und erfrischten sich mit Wasser, Cola oder Limo auf Eis.
Zwei Australier tollten am Pool herum. Der eine warf den anderen hinein. Das Wasser spritzte hoch. Als er mit dem Kopf wieder an der Oberfläche erschien, sprang der andere hinterher.
Ein Gast, Deutscher, bestellte ein Bier. Rusli stellte es vor ihn auf die Theke und lächelte.
Wie immer.
War das nicht dieser deutsche Kommissar, dachte er. Padang hatte ihn gefragt, ob er an dem Abend vor dem Mord beobachtet hätte, wie er mit Maurer an einem Tisch saß.
Natürlich hatte Rusli die beiden gesehen.
Rusli kriegte hier alles mit. Das war sein Job. Beim Servieren horchte er auf die Gespräche, die geführt wurden, und beobachtete die Menschen. Maurer kannte er schon lange. Er machte hier mehrmals im Jahr Urlaub. Aber diesen Kommissar Rauscher hatte er gestern zum ersten Mal gesehen. Das hatte er auch Padang gesagt. Padang verdächtigte den Kommissar, das hatte er gehört.
„Hallo“, sagte Rauscher.
„Hallo, Mister. Wie geht Ihnen?“
„Danke, ganz gut. Sagen Sie mal, Sie können mir doch bestimmt ein
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