Mord auf Bali: Ein Urlaubs-Krimi (German Edition)
Pak, sie ist wie verwandelt. Sie passt noch mehr auf mich auf. Sie verteufelt alles, was aus Westen kommt. Sie kehrt zurück zu alte balinesische Traditionen. Ihr Glaube ist sehr stark geworden und bestimmt ihr ganze Leben. Und sie versucht, mich auch zu führen auf diesen Weg.“ Rauscher musste jetzt vorsichtig sein, denn das Gespräch hatte sich gerade positiv entwickelt.
„Waren Sie auch schon dort, bei diesem Wahrsager.“
„Oh nein. Ich glaube nicht daran. Ich mache mir nix aus dieser Welt und diesen Vorhersagen. Alle hier glauben daran und diese Männer nutzen aus.“
„Wie meinen Sie das?“
„Oh, das ist schwierig für mich zu erklären. Aber ich will versuchen. Wahrsager macht Prophezeiungen von Schicksal. Wahrsager sagt aber auch: Schicksal muss gar nicht eintreten. Jeder kann beeinflussen sein Schicksal durch gute Taten, Spenden oder Opfergaben. Meistens Wahrsager verdient gut daran, so er beruhigt Menschen und hat immer gute Ausrede, wenn Schicksal anders als Prophezeiung. Sie verstehen?“
Rauscher war sich nicht hundertprozentig sicher, aber er wusste jetzt, dass Madé mindestens genauso skeptisch gegenüber den Wahrsagern war, wie er, bevor er Pak besuchte. Also lenkte Rauscher das Gespräch wieder in eine andere Richtung.
„Wollten Sie mit Maurer nach Deutschland?“
Madé sah ihn scharf an. Statt zu antworten stellte sie eine Gegenfrage:
„Wie ist Leben in Deutschland? Sie wollen mir ein wenig erzählen von Ihrem Land?“
Damit hatte Rauscher nun wahrlich nicht gerechnet. Ausgerechnet jetzt über Deutschland reden. Aber er wollte höflich sein und sie nicht enttäuschen, deshalb sagte er:
„Oh, Deutschland. Deutschland ist … Deutschland ist irgendwie … so weit weg.“
Er kam sich blöd vor, aber ihm fiel nichts anderes ein. Einerseits wollte er ihr nicht die Illusion rauben und ihren schönen Traum von Deutschland zerstören. Andererseits: Sie anlügen war auch nicht sein Ding.
„Sie müssen mehr erzählen. Ich sehr gespannt bin. Ich will viel erfahren über den Westen. Über Menschen und Land.“
„Na ja, da gibt es auch Berge und das Meer wie hier. Aber es ist anders … kälter, viel kälter als hier. Nur im Sommer ist es warm. Und es regnet viel.“
Alles, was er von sich gab, kam ihm so banal vor. Er schämte sich fast dafür.
„Also, man kann schon ganz gut leben in Deutschland. Es ist ein reiches Land. Es gibt auch Armut, aber den meisten geht’s besser als hier.“
Madé lauschte konzentriert. Es schien, als würde sie jedes einzelne Wort einsaugen.
„Die Deutschen sind anders, als hier die Menschen. Auch freundlich und herzlich, aber … aber nicht so wie hier. In Deutschland herrscht mehr Distanz zwischen den Menschen, es existiert nicht diese … diese Nähe wie hier.“
Rauscher dachte an seinen Nachbarn, den er noch nicht mal mit Vornamen kannte, der aber schon zwei Jahre neben ihm wohnte. Madés Lebensfreude spiegelte sich in ihrem Gesicht wider. Sie strahlte. Vielleicht sah sie ihm sein schlechtes Gewissen an.
Diedeldiedeldidid. Das könnte eine SMS von Lena sein, dachte Rauscher, der länger nichts mehr von ihr gehört hatte. Er sah aufs Handy. Ja, sie war es. Er stand auf und verabschiedete sich von Madé.
„Schade, Mister Rauscher. Ich mich gern mit dir unterhalt.“
Jetzt schmunzelte er.
„Können wir ja fortsetzen. Ich hab da sowieso noch ein paar Fragen zu den Morden.“
„Ich morgen wieder arbeiten. Wenn Lust haben, ich dich massieren.“
Traumhafte Aussichten, dachte Rauscher.
„Ich schau mal vorbei, wenn wir uns vorher nicht noch über den Weg laufen. Passen Sie auf sich auf.“ Er winkte kurz, drehte sich um und ging.
„Tschüss, bis morgen.“
Draußen las er zuerst die SMS: „Du fehlst mir auch. Kommst du voran? Wird langsam Zeit, also gib Gas. Immer schön dran denken: Der Mörder ist immer derjenige, den man am wenigsten erwartet …“
Jetzt hat sie mir aber richtig weitergeholfen, dachte Rauscher und ärgerte sich ein bisschen. Waren seine Überlegungen bisher zu kompliziert? Vielleicht war alles ganz einfach. Kannte er den Mörder denn schon? Wer sagte eigentlich, dass es ein Mann war? Trat er etwa auf der Stelle?
Nach dem durchaus positiven Gespräch mit Madé wollte Rauscher sich von negativen Gedanken nicht die Laune verderben lassen. Was er da noch nicht wusste: Im Hotel wartete längst die nächste böse Überraschung.
3.
Als Rauscher ins Hotel zurückkam, erzählte ihm einer der Wachpolizisten von dem
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