Mord auf Bali: Ein Urlaubs-Krimi (German Edition)
als wäre sie zerronnen. Triefende Blätter.
Glänzende Pfützen. Glitschiger Matsch. Alles war nass. Es dampfte. Hitze und Schwüle nahmen wieder zu.
Die Taxifahrt zurück zum Hotel verlief gemütlich. Er betrachtete im Vorbeifahren einige heruntergekommene Häuser in Sanur und einen Mann in zerschlissenen Hosen, zerlumptem Hemd und ausgelatschten Pantoffeln, der auf dem Gehsteig stand und lächelte. Rauscher hatte längst und nur allzu deutlich erkannt, dass das, was die Tourismus-Werbung als Bali-Paradies verkaufte, nur noch das war, was vom Paradies übriggeblieben war: pure Fassade. Und dieses vorgetäuschte Paradies wurde tagtäglich symbolisiert im millionenfachen Lächeln der Balinesinnen und Balinesen. Sie machten alle gute Miene zum bösen Spiel, denn die Realität sah anders aus: öde, trist, kaputt. Das tropisch-exotische Bali-Image der Reiseveranstalter mit ihren Hochglanzbroschüren hatte mit dem tatsächlichen Leben auf Bali nichts zu tun.
Als die Touristen nach der Bombe in Kuta ausblieben, war hier alles aus dem Lot geraten. Jahrzehntelang hatten sich die Balinesen bereitwillig in Abhängigkeit vom Tourismus begeben und bekamen nun die Rechnung präsentiert. Und natürlich zahlten wie immer die einfachen Menschen die Zeche. Diejenigen, denen man eingeredet hatte, der Tourismus bringe das Heil, das Geld, den Segen.
Als Rauscher auf Bali angekommen war, dachte er noch, diese einfache Art der Balinesen, diese Freundlichkeit und Erhabenheit, dieses Ungekünstelte sei natürlich und von Gott gegeben. In Wirklichkeit blieb ihnen nichts anderes übrig. Sie waren gezwungen, den letzten verbliebenen Touristen etwas vorzuspielen, um sie nicht auch noch zu vergraulen. Die Balinesen taten ihm leid, denn ihr eigentlicher Charme war dabei auf der Strecke geblieben. Er ärgerte sich auch über seine eigene Naivität.
Der Taxifahrer legte vor dem Hotel eine Vollbremsung hin und grinste. Rauscher zahlte und stieg aus. Wie immer, wenn er sich kurz vor der Lösung eines Falles wähnte, verspürte er eine innere Anspannung. Hastig verscheuchte er seine negativen Gedanken und machte sich auf, Madé einen Besuch abzustatten.
Er fand sie im Health-Center bei der Arbeit. Sie ahnte nicht, was mit ihrer Schwester passiert war. Madé strahlte, als sie ihn erblickte. Sie hatte gerade einen Kunden bedient und war frei. Rauscher kam auf sie zu, und an seinem Blick erkannte sie, dass etwas nicht stimmte:
„Madé, ich muss mit Ihnen reden. Dringend und allein.“ Rauscher blickte sich um.
„Was ist passiert?“ Rauscher überhörte Madés Frage.
„Am besten wir gehen raus, an den Strand oder so. Da sind wir ungestört.“ Madé machte sich langsam Sorgen. Rauschers ernste Miene verhieß nichts Gutes.
Sie verließen das Health-Center und und gingen hinunter zum Strand. Eine kleine Baumgruppe, unter der Massageliegen standen, bot Schatten. Rauscher setzte sich, und Madé nahm ihm gegenüber Platz. Weit und breit war kein Mensch zu sehen.
„Was ist passiert? Warum Sie mit mir hierher gehen?“
„Madé, es fällt mir nicht leicht, Ihnen das zu erzählen. Es geht um Ihre Schwester Puglug.“
„Was ist mit Puglug? Was ist mit ihr?“ Madés Stimme wurde lauter.
„Sie hat versucht, sich das Leben zu nehmen.“ Er fügte schnell hinzu: „Ist aber außer Lebensgefahr.“
Madé standen Tränen in den Augen.
„Wo sie ist?“
„Im Krankenhaus. Ich habe sie hingebracht. Es geht ihr ganz gut. Sie hat versucht, sich mit einem Kris das Leben zu nehmen. Madé, mit einem Kris sind Maurer, Bayan und Rusli getötet worden.“
Jetzt fing Madé an, leise zu schluchzen.
„Ich weiß, ich meine, glauben Sie, dass Puglug? Das darf nicht sein.“
„Madé, ich habe euren Streit in Puglugs Kammer mitbekommen. Warum habt ihr euch gestritten? Warum haben Sie ihr Vorwürfe gemacht?“
Madé wunderte sich, dass Rauscher sie belauscht hatte, aber er war ja Polizist, sagte sie sich, und Polizisten arbeiten manchmal im Verborgenen.
„Ich habe ihr gesagt, sie soll nicht mehr gehen zu Pak. Sie wissen, Pak der Wahrsager. Seit Puglug gehen oft zu ihm, sie hat sich sehr verändert. Sie hat mir gemacht schwere Vorwürfe, dass ich will gehen in den Westen. Sie hat gesagt, ich verrate mein Land, meinen Glauben, unsere Familie und unsere Traditionen. Sie hat gesagt, ich verliere meine Ehre und meine Seele, wenn ich gehe mit Maurer.“
Rauscher verstand nicht ganz, deshalb fragte er nach:
„Was hat Pak damit zu tun?“
„Pak ist großer
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