Mord auf Bali: Ein Urlaubs-Krimi (German Edition)
spiritueller Meister von Sanur. Viele Menschen hören auf ihn. Er hat großen Einfluss. Und er ist ein sehr gläubiger und traditioneller Mann. Er hasst alles, was ist modern und was kommt aus dem Westen. Er hasst Touristen. Er sagt, sie zerstören unser Land und unsere Kultur. Ich habe gesagt zu Puglug, sie soll sich nicht beeinflussen lassen von Pak, soll nicht nur auf ihn hören. Aber er hat sie verhext.“
Rauscher begann zu verstehen.
„Madé, Ihre Schwester hat auf dem Weg zum Krankenhaus immer wieder einen Satz wiederholt. Der Taxifahrer übersetzte ihn mir. Er lautete ungefähr: Sie haben es nicht anders verdient.“ Als Rauscher diesen Satz ausgesprochen hatte, begann Madé hemmungslos zu weinen und wollte nicht mehr aufhören.
Rauscher setzte sich neben sie und nahm sie in den Arm. Er wischte ihr einige Tränen aus dem Gesicht, aber das half auch nichts. Sie sah aus wie ein Häufchen Elend. Er half ihr beim Aufstehen und brachte sie in ihre Kammer.
Es dauerte noch Stunden, bis sie sich beruhigt hatte.
5.
Dreißig Minuten blieben Rauscher noch bis zum Treffen mit Padang. Rauscher wollte ins Appartement gehen, um eine Dose Bier aus dem Kühlschrank zu holen und die Füße auf dem Balkon hochzulegen. Die Ereignisse der letzten Stunden hatten ihn emotional sehr berührt.
Als er das Appartement betrat, sah er gleich, dass die Tür zu Doris Maurers Zimmer weit offen stand, und er vernahm Musik. Er ging hin und sah hinein. Doris Maurer lag nackt auf dem Bett und räkelte sich verführerisch von einer zur anderen Seite.
„Ich habe auf dich gewartet.“ Rauscher setzte sich auf die Bettkante. Eine leichte Alkoholfahne lag in der Luft.
„Zieh dir was an, sonst erkältest du dich. Die Klimaanlage steht ziemlich hoch.“
Doris Maurer wurde sauer.
„Warum willst du mich nicht? Bin ich so schrecklich?
„Du verstehst das einfach nicht.“
Rauscher stand auf und schaute in den Kühlschrank, es war kein Bier mehr da. Er verließ das Appartement wieder, um an der Poolbar einen Drink zu nehmen.
6.
Rauscher wartete an der Bar auf Padang, schloss die Augen und nahm die üblichen Urlaubsgeräusche wahr: das Ploppen des Flaschenöffners, die Stimmen am Pool, die brandenden Wellen im Hintergrund. Jemand sprang in den Pool und das Wasser spritzte auf. Der Ruf eines Vogels eilte seinem Flug voraus. Hin und wieder ein entferntes Motorengeräusch. Ansonsten Stille.
Dann sprach ihn jemand an:
„Glasses? You want glasses?“
„No, thank you.“ Rauscher winkte ab, eine Sonnenbrille reichte ihm.
Von weitem sah er Padangs Limousine vorfahren. Er hatte ihn angerufen und ihm mitteilen lassen, er möge sofort ins Hotel kommen. Dann tippte er noch eine SMS an Lena: „Großer Sherlock hat zugeschlagen. Ich liebe dich. Bis bald.“
Padang stand vor ihm und fragte:
„Was gibt es so Dringendes, dass ich muss verschieben mein Abendessen?“
„Ich habe den Mörder und seinen Komplizen.“
Padang zog misstrauisch die Augenbrauen hoch: „Machen Sie Scherz mit mir?“ „Ganz und gar nicht, Kommissar Padang. Nach Scherzen ist mir wirklich nicht zumute.“ Nun erzählte er Padang seine Erlebnisse in Puglugs Kammer, den Selbstmordversuch, den Besuch im Krankenhaus, Puglugs Worte und was Madé ihm erzählt hatte. Dann blickte er tief in Padangs Augen und wartete auf eine Reaktion. Padang hatte dem ausführlichen Bericht nicht sehr interessiert gelauscht, aber als zum ersten Mal der Name Pak fiel, hörte er genauer zu und setze sich.
Rauscher beendete seinen Vortrag und Padang stellte die Frage:
„Und was Sie mir wollen sagen damit?“
„Kommissar Padang, ich möchte erst Ihre Meinung hören.“
„Ich nicht weiß, was ich davon halten soll. Vielleicht Madé lügt. Oder Puglug ist geworden verrückt. Oder alle sind geworden verrückt. Aber ich mir nicht vorstellen kann, dass Pak mit Sache etwas zu tun hat. Pak ist sehr angesehener Mann in Sanur. Sie müssen wissen, er hilft vielen Menschen, die kommen zu ihm. Er auch mir schon oft geholfen. Ich weiß nicht, was ich sagen soll.“
„Lassen Sie uns zu ihm fahren. Am besten sofort. Nur von ihm selbst können wir die Wahrheit erfahren.“ Padang überlegte. Ihm war die Sache mit Pak suspekt und unbehaglich, denn er wusste genau, wen er vor sich hatte. Sein Respekt, sein Vertrauen und seine Achtung vor Pak waren zu groß, um die Gedanken Rauschers kritiklos zu ertragen. Was sollte er tun, fragte sich Padang und sagte:
„Nein. Wir sollten nicht fahren zu Pak. Pak ist
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