Mord auf Bali: Ein Urlaubs-Krimi (German Edition)
das gefährdet den Zusammenhalt unserer Gesellschaft.“ Paks Gesichtsausdruck veränderte sich. Purer Hass war darin zu lesen und seine Augen sprühten Feuer. Er presste die Lippen zusammen und sprach weiter:
„Wir haben unseren Charakter verloren, unser Gleichgewicht und unsere innere Harmonie. Und warum? Weil wir nur noch einem hinterher laufen: dem Geld.“
Wieder legte er eine Pause ein. Rauscher überlegte, ob Pak sie mit seinen Worten verwirren wollte oder ob er versuchen könnte zu fliehen. Aber das traute er dem alten Mann nicht wirklich zu. Er war ein innerlich Gebrochener, gedemütigt von der Realität, die ihn umgab.
Pak sprach weiter:
„Investoren achten nicht das Leben anderer. Ihr Gott heißt Geld. Sie machen aus den Touristen und den Einheimischen unmoralische Wesen. Sie beuten uns aus. Und wenn sie abkassiert haben, verschwinden sie wieder. Der Ausverkauf unserer Heimat ist schon weit fortgeschritten. Wir sind dem Untergang geweiht. Wenn sie keiner aufhält, werden sie uns auch noch das Letzte nehmen, was wir besitzen: unsere Seele.“
Rauscher konnte gar nicht glauben, was er da hörte und stellte sich die Frage: War Pak ein Wahnsinniger oder ein Prophet? Er konnte sie beim besten Willen nicht beantworten. Und vielleicht würde man erst in vielen Jahren eine endgültige Antwort darauf finden. Schon ging es weiter:
„Eines Tages erschien Bayan bei mir. Er war aufgeregt, denn er stand kurz davor, ein Geschäft zu machen und wollte von mir eine Vorhersage, wie einträglich das Geschäft würde. Eine Frage, die mir tagtäglich gestellt wird. Durch geschicktes Fragen bekam ich heraus, dass er mit Maurer ein Bordell eröffnen wollte. Als dann einen Tag später auch noch Rusli kam und ich herausfand, dass er auch darin verwickelt war, wurde mir klar, dass sie jemand aufhalten musste. Jemand musste den Kampf gegen die Unmoralischen aufnehmen und versuchen, unsere Stadt, die Menschen und unser Land zu retten. Wenn nicht jetzt, wann dann?“ Rauscher schaltete sich ein, denn eine Frage interessierte ihn brennend:
„Wie haben Sie es eigentlich geschafft, dass Puglug Ihnen hörig wurde?“ Pak lächelte das Lächeln eines Verzweifelten.
„Mister, Sie verstehen nicht unsere Mentalität. Sie kennen zu wenig unsere Menschen. Sie müssen wissen: Die Worte eines Wahrsagers haben sehr, sehr viel Gewicht. Sie sind Gesetz. Die Menschen haben Angst vor dem Schicksal, vor der Zukunft, vor bösen Geistern und Dämonen. Wir nutzen diese Angst für unsere Bedürfnisse. Es ist mir ein Leichtes, die Menschen in ihrem Denken zu beeinflussen, in ihrem Handeln zu lenken und alles auf das Schicksal zu schieben. Daraus erwächst meine Macht über die Menschen.“ Pak war stolz auf diese Erklärung, zeigte sie doch seinen Rang, den er hier innehatte.
„Jeder Mensch kann sein Schicksal günstig beeinflussen, indem er Taten ansammelt, die die Forderungen des Schicksals befriedigen. Ich habe Puglug prophezeit, dass das Schicksal sich die verlorenen Seelen holen wird. Madé, ihre Schwester, ist so eine verlorene Seele. Sie hat sich an den westlichen Glauben und das schöne Leben verraten und verkauft. Puglug hat das erkannt und wusste, was zu tun war. Sie musste dem Schicksal geben, was es forderte: die Seelen der Verlorenen, der Ausbeuter, der falsch Denkenden, der Abtrünnigen. Und ich habe sie darin bestätigt, in ihrem Glauben bestärkt, und ihr so den wahren Weg gewiesen. Ich habe vorhergesagt, dass das Schicksal besänftigt würde, wenn die Seelen der Verlorenen ins Reich der Götter eingehen.“ Pak hielt inne und überlegte eine Weile.
„Sie müssen wissen, Kris, der heilige Dolch, ist ein belebter Gegenstand. Er besitzt einen Geist, und ein Wahrsager oder Magier ist in der Lage, sich diesen Geist zunutze zu machen. Ein Amulett zum Beispiel ist ein belebter Gegenstand, der von einem Wahrsager mit positiver Energie geladen werden kann. Es beschützt denjenigen, der es um den Hals trägt. Der Kris kann mit negativer Energie geladen werden, so dass er sich gegen denjenigen richtet, der ihn benutzt. So wird er zur Waffe für den unfreiwilligen Selbstmord.“ Und dann fauchte er Rauscher laut an:
„Wenn Sie nicht dazwischen gekommen wären, hätte es funktioniert. Und niemals … niemals wäre die Wahrheit ans Licht gekommen. Niemals.“ Pak, der Wahrsager, schwieg.
Padang stand auf. Er hatte genug gehört. Auch wenn es ihm widerstrebte, zog er ein paar Handschellen aus der Hosentasche und legte sie, ohne weitere
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