Mord auf Frauenchiemsee - Oberbayern Krimi
dann geschehen wäre, konnte man sich denken: Die Schwestern von Frauenwörth wären allesamt auf dem Scheiterhaufen gelandet, und Margarete hätte dafür einen Sold eingestrichen. Blutgeld.
Die Tat der Schwestern war in gewisser Weise Selbstjustiz gewesen, vielleicht auch Notwehr, und Stefan konnte nicht sagen, dass er das verdammenswert fand.
Siglinde Servus hatte gestern Abend eine Nachricht auf seiner Mailbox hinterlassen und ihn kurz informiert, es werde einen Bericht im Radio geben. Eigentlich wäre alles klar, meinte sie, nur würden ihre Ergebnisse Schaden anrichten. Und sie habe mit Schwester Althea etwas vereinbart.
Aha. Das erstaunte ihn allerdings wenig, er vereinbarte auch ständig etwas mit Marian.
Er kannte Siglinde Servus, aber nicht wirklich gut; er wusste nichts über ihre Haltung und ihre Überzeugungen. Die Fragen der Rechtsmedizinerin glichen einem Hinterhalt, von ihr könnte er noch so manches lernen.
»Nur eine Auskunft«, hatte sie eingeworfen. »Wann genau spricht man von Mord? Wobei du die Zehn Gebote bitte außen vor lässt und auch sämtliche Literatur dazu.«
Da hatte er gestutzt. Sie wusste genau, wann man von Mord sprach. Überleg es dir gut, hatte eine leise Stimme ihn gewarnt.
»Mord ist, wenn sich der besondere Wille des Mörders gegen den allgemeinen Willen des Gesetzes richtet.«
»Da hast du was Stimmiges ausgewählt, Herr Kriminalkommissar. Beschützt wird hier reihum, oder wie soll ich das verstehen? – Keine Sorge, mir liegt nichts an Enthüllungen.«
Sie sagte ihm, sie habe sich die Zeit genommen nachzuforschen, und sie sei da auf einige Geschichten gestoßen. Stefan konnte sich denken, dass sie ahnte, wen Schwester Althea schützte.
»Ich kann die Mumie trotzdem nicht behalten, sie muss zurück in ihr Kloster«, hatte sie ihm zu verstehen gegeben, als wäre er derjenige, mit dem sie darüber zu reden hätte.
Zurück in ihr Kloster. Was nur bedeuten konnte, Siglinde wusste um die Identität der Frau. Zumindest, dass es sich um eine Nonne gehandelt hatte.
Stefan arbeitete gern mit ihr. Sie fand auch noch den winzigsten Hinweis, obwohl er sich in diesem Moment wünschte, sie wäre nicht ganz so gründlich.
Sie werde das mit der Chefin klären, hatte sie ihm gesagt.
Mit Schwester Jadwiga wollte Stefan auch ein paar Dinge klären, aber nicht gleich. Er rief noch einmal im Kloster an, jedoch nicht wegen der Mumie. Die war wirklich nicht sein Fall.
Diesmal wurde er auf Warteschleife gelegt und durfte Johann Sebastian Bach hören. Was ihn nur noch mehr aufbrachte, denn die Ruhe, die das Stück vermittelte, empfand er gerade überhaupt nicht. Und als sich endlich eine Stimme erkundigte, wie sie ihm helfen könne, da konnte sie es nicht. Am liebsten hätte er gesagt: Ich bleibe am Telefon, bis Sie Schwester Althea gefunden haben.
Ein Kloster konnte doch niemanden verschlucken.
Er sagte nichts dergleichen, zog nur ein saures Gesicht.
Sein nächster Weg führte ihn nach Rosenheim.
Die Kollegen hatten alle, die sich in Haberls Chieminger Haus aufhielten, auf die Polizeistation gebracht. Von dort verschwand wenigstens niemand.
Vor den Büros der Polizisten liefen Angehörige auf und ab, und Stefan glaubte, auch einen Anwalt zu sehen. Zumindest trug einer der Herren einen dunklen Anzug und ließ sich laut klagend vernehmen. Wahrscheinlich nahm er an, es klinge wichtig und entsprechend beängstigend, wenn er hier Paragrafen rezitierte.
Stefan wollte sich mit Patrick Haberl unterhalten. Er hatte gehofft, irgendwo in einem der Büros kurz mit ihm sprechen zu können. Den Beamten musste er nicht erklären, worum es ging, aber sie hatten ihn unterstützt, daher fand er es nur fair, im Gegenzug etwas preiszugeben. Für sein Entgegenkommen wurde ihm ein Vernehmungsraum zur Verfügung gestellt.
Mit hängenden Schultern und blutleeren Lippen kam Patrick Haberl wenig später in Begleitung eines Beamten hereingeschlurft. Leonies Vater sah noch schlechter aus als ein paar Stunden zuvor. Seine verkniffenen Züge verrieten, dass er keine Lust hatte zu reden, schon gar nicht mit Stefan. Demonstrativ sah er an ihm vorbei.
»Ich brauche Ihre Hilfe – Leonie braucht Ihre Hilfe«, sagte Stefan betont.
Haberls Kopf fuhr zu ihm herum. Jetzt hatte Stefan seine volle Aufmerksamkeit, und bevor Patrick Haberl lospoltern konnte, erklärte er ihm, dass seine Frau Petra Andreas Bacher am Tatabend gesehen habe und nicht glaube, er sei der Mörder ihrer Tochter.
»Ich werde Ihnen jetzt ein
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