Mord fuer Mord
abholen?«
»Es wäre mir lieber, er würde von dieser Aktion gar nichts mitbekommen. Ich bin mir nicht sicher, ob ich ihm trauen kann.«
»Gut! Ich hole dich ab. Aber es wird ein wenig dauern.«
Damit legt er auf.
Ich verkürze mir die Wartezeit, indem ich ein wenig in den Protokollen schmökere. Ich entdecke nichts, was ich nicht schon gewusst hätte. Auch die weibliche Person, die unseren Zeugen Herrn Strohmer bestohlen hatte, war so explizit beschrieben worden, dass die Beschreibung praktisch auf fast jede Frau zutreffen konnte, sofern sie noch einigermaßen attraktiv war.
Schließlich nehme ich das so lange verschollene Notizbuch des Opfers zur Hand.
Ein paar Namen, ein paar Termine. Doch dann stutze ich, die Seite mit den Terminen des Todestages fehlt. Ich werde mit unserem Kommissar Karl reden müssen, verschiebe das Ganze aber auf den nächsten Tag.
Ich habe kaum das Buch zur Seite gelegt, als auch schon Kaspar Dinkel den Raum betritt.
»Endlich!«, rutscht es mir heraus.
»Nun mach mal halblang, Doro«, kommt es schnaufend zurück. »Ich musste erst mal nach Hause fahren, um mein Auto zu holen. Wenn du es wirklich so eilig gehabt hättest, hättest du ja unten warten können, du weißt doch, dass ich mit meinem schlimmen Kreuz nicht so schnell die Treppen hinauf komme.«
»Möchtest du dich vielleicht noch kurz ausruhen?«
»Ein Kaffee wäre nicht schlecht, sonst schlafe ich unterwegs noch ein.«
Er setzt sich gequält auf den Bürostuhl des Chefs, der immer noch in unserem Büro herumsteht.
»Also eins muss man dem Boss lassen, bequem ist der Stuhl schon.«
»Ich bin gleich wieder da.«
Er stutzt und schaut mich dann fragend an.
»Du wirst mir doch wohl nicht einen Automatenkaffee anbieten wollen?«
»Naja, ich bin heute noch nicht dazu gekommen, einen aufzubrühen.«
»Unter diesen Umständen muss ich leider ablehnen. Wir können ja noch unterwegs bei McDonald‘s anhalten, die haben inzwischen recht teure Geräte, mit denen sogar der Dümmste einen anständigen Kaffee zustande bringt.« Mit diesen Worten erhebt er sich schwerfällig und bewegt sich dann langsam Richtung Ausgang zu.
Ich habe keine Eile, in seinem Zustand kann er die Strecke bis zum Auto nur in halber Geschwindigkeit zurücklegen, lege die Akten akurat zurecht, nehme dann meine Jacke und meine Tasche und folge ihm in sicherem Abstand.
Fast hätte er sie verpasst.
Erst dieses Täuschungsmanöver mit ihrem Dienstfahrzeug. Er war dem Wagen lange gefolgt, bis er endlich gewahr wurde, dass dieser Kommissar Karl allein losgefahren war.
Als er schließlich wieder auf seinem Beobachtungsposten war, konnte er gerade noch sehen, wie sie und dieser Kreuzkranke in einen dunkelblauen Renault einstiegen.
Augenscheinlich war dies sein Fahrzeug.
Ein Rendezvous?
Wohl eher unwahrscheinlich.
Er beschloss beiden zu folgen.
12.
Ich habe Kaspar alles erzählt.
Die Landschaft fliegt an uns vorbei, während ich ihm mein Herz ausschütte.
Ich glaube, so viel habe ich schon seit langer Zeit nicht mehr geredet.
Er muss ja auch nicht eingreifen, es geht mir im Endeffekt nur darum, mich ein wenig verbal zu erleichtern. Natürlich hat er mir Vorwürfe gemacht, dass ich die Angelegenheit mit dem Stalker nicht meinem Vorgesetzten gemeldet habe.
Aber ich weiß, dass er es mir überlässt, die Angelegenheit zu regeln, wann immer ich dazu bereit bin. Und momentan ist unser Chef, der Herr Vogt, ja im Urlaub, eine bessere Ausrede gibt es gar nicht.
Nach einer recht kurzen Zeit nehmen wir auch schon die letzte Abzweigung nach Neubrunn.
Am Ortseingang, direkt neben einem Buswartehäuschen, wartet ein Uniformierter auf uns. Nachdem wir ihm unsere Ausweise gezeigt haben, stellt er sich als ein Herr Derra vor, setzt sich auf den Rücksitz und weist uns die Hauptstraße entlang.
Nicht lange und wir kommen an einem alten Steinhaus rechter Hand an, das auch schon mal bessere Zeiten gesehen hat. Das Dach mit den schwer ergrauten Ziegeln weist unregelmäßige Lücken auf, eines der alten Doppelglasfenster hat einen Sprung vom oberen bis zum unteren Ende, ein anderes ein großes gezacktes Loch, das von einem Stein oder ähnlichem herrühren könnte, und auch die Haustür aus Holz zeigt starke Gebrauchsspuren. Die große Einfahrt ist weder geteert noch mit irgendwelchen Steinen belegt, nur der blanke Lehmboden durchsetzt mit einigen Grasbüscheln ist zu sehen. Zwei Polizeifahrzeuge und ein Zivilfahrzeug stehen dort dicht gedrängt.
Auf Anweisung unserer
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