Mord im Atrium
gewesen war, bis ihn jemand zerstückelt hatte.
Da wir nur wussten, dass Mastarna »irgendwo in der Nähe der Bibliothek des Pollio« wohnte, brauchten wir eine Weile, um sein Haus zu finden, obwohl ich die Gegend gut kannte und schließlich einen Apotheker aufspürte, der uns sagte, wohin wir mussten.
»Vermutlich haben Sie mit ihm zu tun.« Ich kläre gerne Fakten im Voraus ab.
»Nicht mit dem. Ich dachte immer, Etrusker hätten es mit Wurzeln und Schösslingen. Sie wissen schon – Kräuter bei Mondlicht sammeln, Knollen zerstoßen, volkstümliche Tränke zusammenbrauen.«
»Alraunewurzeln und religiöse Magie?«
»Verdammter Dogmatiker.« Der Apotheker spuckte aus. Das war als Beleidigung gemeint und geschah nicht aus medizinischen Gründen, um sich von Schleim zu befreien. »Er verlangt immer nur nach Skalpellen und Sägen. Ich brauche Ärzte, die Salben und Abführmittel verschreiben. Zu ihm kommen ständig Idioten mit zu viel Geld, die ihn anflehen, ihnen Teile abzuschnippeln, aber wie soll ich meinen Lebensunterhalt verdienen? Da ziehe ich doch jederzeit einen Empiriker vor, der Entschlackungskuren verschreibt. Lieber würde ich am Viehmarkt wohnen statt gegenüber von Mastarna. Da bestünde wenigstens die Hoffnung, dass die echten Schlachter mir kostenlose Ochsenschwänze geben …«
Er schwafelte immer noch vor sich hin, als wir uns verdrückten und an die Tür des Doktors klopften, den Rücken dem schimpfenden Apotheker zugewandt, in der Hoffnung, dass er uns nicht auf die andere Straßenseite folgte. Mastarna war ausgegangen, aber seine Haushälterin sagte, er komme bald zurück und wir könnten warten. Sie war ein kleines, rundliches Bündel mit dem Gürtel direkt unter ihrem wogenden Busen, betrachtete die Welt mit vorgereckter linker Schulter und schielte uns mit zugekniffenem Auge an. Ich begann mich zu fragen, ob Mastarna einer jener sinistren Mediziner war, die Monstrositäten sammelten. Auf jeden Fall sammelte er Honorare ein. Er hauste in einer kleinen, aber wunderschön eingerichteten Wohnung auf der guten Seite einer ruhigen Straße. Er besaß viele begehrenswerte Möbel, was bedeutete, dass er mehr verdiente als ich. Sein ganzes Haus roch jedoch nach Terpentinharz. Ich hielt unseres, in dem es immer nach kleinen Kindern, Rosmarin-Haarwaschmittel und gebratenem Fleisch roch, für gesünder.
Als Mastarna heimkam, stellte er sich als äußerst gepflegt und elegant gekleidet heraus. Über Etrusker wusste ich nur, dass meine eigene Nase, die gerade wie ein Senkblei und ohne Hubbel aus meiner Stirn entsprang, angeblich der Beweis für Etrusker war, die sich um die Zeit des letzten karthagischen Krieges irgendwo im Stammbaum der Didius herumgetrieben hatten. Grabmalporträts, die bei den nicht allzu legalen Auktionen meines Vaters aufgetaucht waren, hatten mir ein Bild ruhender Männer und Frauen in eher griechischer Haltung vermittelt, mit schrägen Augen und heiterem Lächeln. Mastarna hatte nichts von dieser spitzohrigen Elfenerscheinung. Er war runzelig wie ein Wasserspeier. Als ich ihn fragte, behauptete er, aus Forum Clodii zu stammen, aber er sah römischer aus als ich und klang wie ein großkotziger Anwalt, der in der Basilica über einen Schriftsatz das Blaue vom Himmel log. Seine Tunika war makellos, und er trug eine Toga darüber. Die Toga war minutiös gefaltet. Er war so angetan von der Wirkung, dass er das Ding sogar zu Hause anbehielt und es auch nicht ablegte, als er erfuhr, dass wir keine zukünftigen Patienten waren, die beeindruckt werden mussten.
Er hatte einen Ziegenbart. Damit war er für mich schon mal unten durch. Der Apotheker hatte recht gehabt, über ihn zu schimpfen.
»Sehr freundlich von Ihnen, uns auch ohne Termin zu empfangen. Ich hoffe, es macht Ihnen nichts aus, dass wir so unangemeldet hereinschneien.« Ich überließ Helena das Weichklopfen. Bevor ich ihn richtig verhören konnte, musste ich erst meine Gereiztheit wegen seines Bartes überwinden. »Didius Falco führt Ermittlungen zu Veledas Verschwinden durch. Wir können sie Ihnen gegenüber so offen erwähnen, weil Sie, wie ich glaube, davon wussten, dass sie im Haus von Quadrumatus untergebracht war. Wegen des zeitlichen Ablaufs muss sich mein Mann zwangsläufig auch mit dem bedauerlichen Tod Ihres verstorbenen Patienten auseinandersetzen.«
Über Mastarnas Augen legte sich kein Schatten, doch ich wusste bereits, dass er sich weigern würde, uns zu helfen. Seine Erwiderung war glattzüngig und
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