Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mord im Garten des Sokrates

Mord im Garten des Sokrates

Titel: Mord im Garten des Sokrates Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sascha Berst
Vom Netzwerk:
hässlichen Traumgespinste zu bannen. Während ich meinen Kopf ganz in die Schüssel tauchte, hörte ich leichte Schritte und fühlte gleich darauf eine zarte Hand, die mir über Nacken und Rücken strich. Es war Aspasia. Ich drehte mich zu ihr. Besorgt lächelte sie mich an.
«Was ist mit dir?», fragte sie. Ich wandte mich ab und trocknete mir das Gesicht, bevor ich antwortete. Aspasia blieb hinter mir stehen und strich mir über die Schultern.
«Ich hatte einen hässlichen Traum», sagte ich endlich, «aber das hat keine Bedeutung. Jetzt ist er vorbei. Lass dich nicht beunruhigen.» Sie zögerte, aber sie ließ es gut sein. Sicher würde sie sich Sorgen machen. Sie nahm meine Hand und zog mich nach draußen.
«Komm in den Garten. Dein Essen wartet», sagte sie.
Ich folgte ihr, setzte mich wieder neben sie und nahm das Tablett auf den Schoß. Teka hatte mir einen Teller mit Oliven, Kichererbsen und Käse gerichtet. Mit dem ersten Bissen kamen meine Lebensgeister zurück, und der Wein vertrieb die Erinnyen ganz, die mich da im Schlaf heimgesucht hatten. Trotzdem wollten mir der persische Kapitän und sein höhnisches Lachen nicht aus dem Kopf. Ich hätte Vater oder Aspasia gerne offenbart, dass ich Geld von diesem Barbaren genommen hatte, und ihnen, so gut es eben ging, die Gründe dafür erklärt. Aber ich schämte mich zu sehr, und kein Wort kam über meine Lippen. Vielleicht könnte ich mich einem anderen offenbaren? Vielleicht wüsste Sokrates einen Rat?
Der Abend brach an. Wieder leuchtete Athen im glühenden Violett der Hyazinthe auf, dann verdunkelte sich der Himmel und die ersten Sterne zeigten sich. Dem Abendstern als einsamem Vorboten der Nacht folgten der Große und der Kleine Wagen, das Zwillingsgestirn und endlich die restlichen Sternbilder des Sommers. Der Mond war ein wenig voller geworden in den letzten Tagen, aber noch war die Nacht finster genug. In einem Monat war das Fest der Panathenäen. Auch dazu würde er nicht voll sein. Dreißig Tage waren es noch bis dahin, und danach war auch mein Amt wieder zu besetzen. Wenn ich mir in die Seite griff, taten mir immer noch die Rippen weh, und schloss ich die Augen, sah ich die Gesichter der Kerle, die mich überfallen hatten, vor mir.
Teka brachte die Kinder zu Bett. Sie wären lieber noch draußen bei uns im Garten geblieben und ließen sich erst überreden, nachdem Aspasia und ich versprochen hatten, ihnen noch einen Kuss zur Nacht zu geben. Der Große wurde bald sechs Jahre alt; bald würde es Zeit, ihn in die Hände eines Lehrers zu geben, damit er lesen, rechnen und schreiben lernte.
Wir setzen uns mit Vater an den Tisch, und ich erzählte, wie wir Lysippos aufgelauert und ihn verhaftet hatten, von Mysons List mit der Kopie des Ringes und dem bösartigen Angriff auf meinen armen Schreiber.
«Glaubst du, dass du den Mörder Perianders nun gefunden hast?», fragte mein Vater und räusperte sich wie gewohnt.
«Offen gestanden, nein», antwortete ich «Lysippos ist böse. Ich würde ihm jede Schandtat zutrauen, aber was sollte er mit dem Papyrus zu tun haben, den wir in Perianders Rachen gefunden haben? Außerdem passt dieser Mord nicht zu ihm. Lysippos ist heimtückisch, verschlagen. Er würde seinem Opfer auflauern, es von hinten niederschlagen oder erstechen. Aber es ersticken, ihm so lange den Mund und die Nase zuhalten, bis das Herz nicht mehr schlägt, und dabei immer in Gefahr sein, entdeckt zu werden? Das passt nicht zu ihm.»
«Vielleicht wurde er für den Mord bezahlt oder hat dabei geholfen?», meinte mein Vater. Ich wartete darauf, dass er sich räuspern würde, aber das Geräusch blieb aus, als ob er mich durchschaut hätte. Er schmunzelte vielsagend.
«Das ist möglich», antwortete ich, «aber ich glaube es nicht. Wäre er für den Mord angeheuert worden, dann läge er jetzt selbst mit eingeschlagenem Schädel in einem Graben und moderte vor sich hin. Niemand lässt so einen Mitwisser lange am Leben. Das wäre viel zu gefährlich. Ich glaube, er hat die Leiche gefunden und gefleddert. Sicher hatte der arme Periander ein paar Münzen bei sich, die Lysippos eingesteckt und versoffen hat. Den Ring hat er bestimmt sofort entdeckt und ihn dem Toten vom Finger gerissen. Aber er wusste nicht, wen er da bestahl. Sonst hätte er zweimal überlegt, was er tut, sogar ein so räudiger Hund wie er.»
Die Antwort schien meinen Vater zu überzeugen. Er wiegte den Kopf und konnte sich sein Räuspern diesmal nicht verkneifen. Aspasia verbarg ein kleines

Weitere Kostenlose Bücher