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Mord im Orientexpress

Mord im Orientexpress

Titel: Mord im Orientexpress Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Aussage des Schlafwagenschaffners anhören. Sie kennen den Mann wahrscheinlich. Was hat er für einen Charakter? Ist er ein Mensch, auf dessen Wort man sich verlassen kann?»
    «Das möchte ich auf jeden Fall bejahen. Pierre Michel arbeitet schon seit über fünfzehn Jahren bei der Schlafwagengesellschaft. Er ist Franzose – wohnt nicht weit von Calais. Durch und durch anständig und ehrlich. Vielleicht nicht übermäßig intelligent.»
    Poirot nickte verstehend.
    «Gut», sagte er. «Lassen wir ihn herkommen.»
    Pierre Michel hatte seine Fassung teilweise wiedergewonnen, aber er wirkte noch immer überaus nervös.
    «Monsieur sehen hoffentlich keine Pflichtvergessenheit meinerseits», begann er ängstlich, während sein Blick zwischen Poirot und Monsieur Bouc hin und her ging. «Es ist schrecklich, was da passiert ist. Monsieur sind hoffentlich nicht der Meinung, dass es ein schlechtes Licht auf mich wirft?»
    Nachdem Poirot die Ängste des Mannes beschwichtigt hatte, begann er mit der Befragung. Zuerst ließ er sich Michels Namen und Adresse nennen, die Zahl seiner Dienstjahre und die Zeit, die er schon auf dieser Strecke fuhr. Es waren lauter Dinge, die Poirot schon wusste; die Routinefragen sollten den Mann nur beruhigen.
    «Und nun», fuhr Poirot fort, «wollen wir auf die Ereignisse der vergangenen Nacht zu sprechen kommen. Um welche Zeit ist Mr. Ratchett zu Bett gegangen?»
    «Gleich nach dem Abendessen, Monsieur. Genauer gesagt, bevor wir in Belgrad abfuhren. Genau wie schon am Abend davor. Er hatte mich angewiesen, sein Bett herzurichten, während er beim Abendessen war, und das habe ich getan.»
    «Ist danach noch jemand in sein Abteil gegangen?»
    «Sein Diener, Monsieur, und dieser junge amerikanische Gentleman, sein Sekretär.»
    «Sonst noch jemand?»
    «Nein, Monsieur, nicht dass ich wüsste.»
    «Gut. Und das war das letzte Mal, dass Sie ihn gesehen oder etwas von ihm gehört haben?»
    «Nein, Monsieur. Sie vergessen, dass er gegen zwanzig vor eins nach mir geklingelt hat – kurz nachdem der Zug stehen geblieben war.»
    «Schildern Sie mir diesen Vorgang genau.»
    «Ich habe angeklopft, und er hat herausgerufen, es sei ein Versehen gewesen.»
    «Auf Englisch oder Französisch?»
    «Französisch.»
    «Was waren seine genauen Worte?»
    «Ce n ’ est rien. Je me suis trompé.»
    «Richtig», sagte Poirot. «Das habe ich auch gehört. Und dann sind Sie fortgegangen?»
    «Ja, Monsieur.»
    «Sind Sie an Ihren Platz zurückgekehrt?»
    «Nein, Monsieur. Zuerst musste ich noch zu einem anderen Abteil gehen, wo man auch nach mir geläutet hatte.»
    «Und nun, Michel, werde ich Ihnen eine sehr wichtige Frage stellen. Wo waren Sie um Viertel nach eins?»
    «Ich, Monsieur? Da saß ich auf meinem Platz am Ende des Wagens – mit Blick zum Gang.»
    «Ganz bestimmt?»
    «Mais oui – das heißt – »
    «Ja?»
    «Ich bin einmal in den nächsten Wagen gegangen, den Athener, um mit meinem Kollegen zu sprechen. Wir haben uns über den Schnee unterhalten. Das war irgendwann kurz nach ein Uhr. Auf die Minute kann ich es nicht sagen.»
    «Und wann sind Sie zurückgekommen?»
    «Es hatte geläutet, Monsieur – ich weiß noch – ich habe es Ihnen erzählt. Es war die Dame aus Amerika. Sie hatte mehrmals geklingelt.»
    «Ich erinnere mich», sagte Poirot. «Und danach?»
    «Danach, Monsieur? Da haben Sie doch nach mir geläutet, und ich habe Ihnen ein Mineralwasser gebracht. Etwa eine halbe Stunde später habe ich dann in einem der anderen Abteile das Bett hergerichtet – das des jungen amerikanischen Gentleman, Mr. Ratchetts Sekretär.»
    «War Mr. MacQueen allein in seinem Abteil, als Sie sein Bett herrichten gingen?»
    «Der englische Oberst aus Nummer fünfzehn war bei ihm. Sie hatten noch zusammengesessen und sich unterhalten.»
    «Was hat der Oberst getan, nachdem er Mr. MacQueen verließ?»
    «Er ist in sein Abteil gegangen.»
    «Nummer fünfzehn – das ist doch ganz nah bei Ihrem Platz, nicht wahr?»
    «Ja, Monsieur. Das zweite Abteil vom Wagenende her.»
    «War sein Bett schon hergerichtet?»
    «Ja, Monsieur, das hatte ich schon gemacht, als er beim Abendessen war.»
    «Wann war das alles?»
    «Ich kann es Ihnen nicht genau sagen, Monsieur. Aber auf keinen Fall später als zwei Uhr.»
    «Und danach?»
    «Danach, Monsieur, habe ich bis zum Morgen auf meinem Platz gesessen.»
    «Sie sind nicht wieder in den Athener Wagen gegangen?»
    «Nein, Monsieur.»
    «Aber Sie haben vielleicht geschlafen?»
    «Das glaube

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