Mord in Babelsberg
Dreharbeiten. Und nachts haben sie die Insel für andere Zwecke genutzt.« Leo warf einen Blick aufs Telefon. »Hellwig.«
Sonnenschein sah ihn besorgt an. »Unsere letzte Chance. Diesmal müssen wir ihn festnageln, sonst gibt es gewaltigen Ärger.«
»Ich weiß. Aber wenn wir ihn zu einer Aussage bewegen, können wir Johanna Gerber einiges ersparen. Sie hat mehr als genug durchgemacht.«
Sonnenschein nickte. »Herr Walther war sehr beeindruckt. Ich übrigens auch.«
Leo sah ihn überrascht an, das Jackett über der Schulter. »Wieso?«
»Er hat erzählt, wie Sie mit der jungen Frau gesprochen und ihr Vertrauen gewonnen haben.«
Leo zuckte mit den Schultern, als sie auf den Flur traten. »Die Chancen standen eins zu eins. Sie hätte ebenso gut bei den ersten Fragen zusammenbrechen können.«
Sonnenschein sagte nichts, doch Leo spürte seinen Blick und lächelte bei sich.
Sie bedauerten keineswegs, dass sie Hellwig erneut im Reichstag aufsuchen mussten. Leo war davon überzeugt, dass sich der Politiker zumindest moralisch schuldig gemacht hatte, und dass ihn die Kripo erneut behelligte, verstärkte nur den Druck.
»Der Herr Abgeordnete ist nicht zu sprechen«, erklärte die Sekretärin mit einem nervösen Blick zur Verbindungstür.
»Für uns ganz sicher«, erwiderte Leo knapp. »Bitte.«
Sie zögerte und klopfte dann. Auf das »Herein« steckte sie den Kopf ins Zimmer und kündigte die Kriminalbeamten an. Dann trat sie beiseite. »Meine Herren.«
Eduard Hellwigs Miene verriet keine Erregung. »Ich schätze es nicht, dass Sie mich hier aufsuchen. Das habe ich doch wohl zu verstehen gegeben.«
Leos Blick ließ erkennen, dass ihm das herzlich egal war. »Es geht um eine sehr ernste Angelegenheit, Herr Hellwig. Sie haben ausgesagt, dass Sie eine sexuelle Beziehung zu Marlene Dornow unterhalten haben.«
Der Politiker nickte knapp. »Geben Sie doch endlich Ruhe. Sie mögen das moralisch missbilligen, strafbar ist es nicht.«
»Wenn jemand pornographische Filme kauft und anschaut, hingegen schon.«
Ein Ruck ging durch Hellwigs Körper. »Wie bitte?«
»Viktor König hatte ein nettes Nebeneinkommen. Er hat in einem schäbigen Atelier in Weißensee schmutzige Filme gedreht,die eindeutig in diese Kategorie fallen. Und wenn ich schmutzig sage, meine ich genau das.«
Leo sah, wie Sonnenscheins Hals rot anlief, und fuhr fort: »Das allein ist schon strafbar. Falls man die Frau, die in dem Film mitspielt, zudem mit Drogen oder anderen Mitteln gefügig gemacht und somit gegen ihren Willen zu solchen Handlungen gezwungen hat, kommen weitere Straftatbestände hinzu.«
Hellwig sprang auf. »Was soll … woher …?«
»Wir haben eine Zeugin. Sie kennt die Filme, weil sie darin mitgespielt hat. Sie hat Viktor König nach einem Foto identifiziert, sie hat Marlene Dornow identifiziert, die die Frauen angelockt hat, und sie hat Sie identifiziert.«
Hellwig tastete nach der Sessellehne und ließ sich kraftlos nach hinten fallen. »Wer?«, stieß er hervor.
»Das tut nichts zur Sache.« Er zog Stühle für sich und Sonnenschein heran, obwohl Hellwig ihnen keinen Platz angeboten hatte, und setzte sich. Dann holte er Viktor Königs Notizbuch aus der Tasche. »Das hier kennen Sie bereits. Nur war Ihre frühere Aussage, wie soll ich sagen, etwas unvollständig. Hier steht das Datum 5. Mai 1926, dahinter die Buchstaben PI. Das könnte der Name einer Person sein, aber auch die Abkürzung für Pfaueninsel. König hatte für die Zeit vom 3. bis 6. Mai eine Dreherlaubnis für die Insel. Eine Person, deren Namen ich nicht nenne, ist am 4. Mai das letzte Mal bei der Arbeit erschienen. Am 6. Mai kam sie zu ihrem Bruder nach Hause. Sie hatte offenbar einen Nervenzusammenbruch erlitten. Was in der Zwischenzeit geschehen war, konnte sie ihm nicht sagen.«
Hellwigs Gesicht leuchtete flüchtig auf.
»Keine vorschnellen Schlüsse«, warnte Leo. »Die Person hat sich seither erholt und konnte eine verlässliche Aussage machen. Wir wissen, dass auf der Insel etwas geschehen ist und dass Sie dabei zugegen waren. Die Person hat Sie aufeiner Fotografie identifiziert. Ich vermute weiterhin, dass das Geschehen auf der Insel im Zusammenhang mit den Filmen steht, die Viktor König heimlich gedreht und an die Personen aus diesem Notizbuch verkauft hat.«
Leo lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust.
Hellwig beugte sich vor, stützte die Ellbogen auf den Tisch und vergrub das Gesicht in den Händen. Er blieb eine Weile so
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