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Mord in Babelsberg

Mord in Babelsberg

Titel: Mord in Babelsberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Goga
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Wange gefragt hatte.
    Und auch nicht nach seiner Frau. Jedenfalls nicht direkt. König wusste nicht recht, was er davon halten sollte. Natürlich hätte er lügen müssen, um Ellys Abwesenheit zu erklären, doch bewies das mangelnde Interesse der Gäste auch, dass Ellys Vorwürfe nicht unbegründet waren. Er hatte ihr Geld genommen und in seine Filme gesteckt, sie aus seinem gesellschaftlichen Leben aber weitgehend ausgeschlossen. Dass sie beim neuen Film als Co-Produzentin genannt wurde, war nur dem Wunsch nach häuslichem Frieden geschuldet. Ein Trostpflaster, ein Olivenzweig, mehr nicht.
    Auf der Friedrichstraße herrschte Hochbetrieb. Leuchtreklamen, Taxis, laute Musik, die aus Nachtclubs und Theatern drang, Menschenströme auf beiden Straßenseiten. Hier war Berlin besonders laut und lebhaft, hier drängten sich die Büros der Filmgesellschaften, hier fühlte Viktor König sich zu Hause.
    Er atmete tief durch. Der Gehweg schwankte leicht unter seinen Füßen. Wie viele Gläser Sekt hatte er getrunken? Er schüttelte sich und rieb sich das Gesicht, um einen klaren Kopf zu bekommen. Dann ging er zu seinem Wagen, gab dem Portier ein Trinkgeld und ließ den Motor an. Er schloss kurz die Augen, bis er sich einigermaßen gefangen hatte, und fuhr los.
    Nach dem Streit mit Elly hatte er sich wortlos umgezogen und mit ihren Utensilien geschminkt, bis es Zeit war, in den Club zu fahren. Er hatte die Erinnerung an das verwüstete Zimmer verdrängt und hätte auch den Schlag ins Gesicht vergessen, wenn ihn der Schmerz nicht ständig daran erinnert hätte.
    Nun aber fragte er sich, was er wohl zu Hause vorfinden würde. Hatte Elly die Haushälterin zurückbeordert, damit sie das Chaos beseitigte, oder war ihr das zu peinlich gewesen? Hatte sie selbst Hand angelegt? Wohl kaum. Elly König, geborene Pawlak, fegte und putzte nicht, schon gar nicht in angetrunkenemZustand. Vermutlich hatte sie weitergetrunken und war irgendwann bewusstlos auf dem Sofa zusammengesunken oder ins Bett gefallen.
    Die Fahrt nach Babelsberg kam ihm endlos vor. Er biss sich abwechselnd von innen auf die Wange oder sang Schlager, um sich wachzuhalten. Vielleicht hätte er doch lieber ein Taxi nehmen sollen.
    Als er endlich in die Einfahrt bog, war das Haus dunkel, nur die Lampe neben der Haustür brannte. Gut. Er würde im Gästezimmer schlafen, denn er hatte nicht vor, den Streit mitten in der Nacht fortzusetzen. König stellte den Wagen vor der Garage ab und stieg aus. Es war still. Die Villen standen weit voneinander entfernt, nur in wenigen brannte noch Licht. Er schaute zum Himmel empor. Die Sterne drehten sich. Er musste ins Bett, es war höchste Zeit. Er schloss die Haustür auf und wollte gerade das Licht im Flur einschalten, als er eine Bewegung hinter sich bemerkte.
    Es ging schnell, zu schnell für einen Mann in seinem Zustand. Er spürte, wie ein Arm seinen Kopf nach hinten riss, dann einen unangenehm süßlichen Geruch, Schmerz, Nässe, und er stürzte ins Leere.

11
    FREITAG, 11. JUNI 1926
    Die Stimmung beim Frühstück war angespannt, obwohl Leo und Clara sich bemühten, es sich nicht anmerken zu lassen. Georg sortierte die Zigarettenbilder, die er mit seinen Freunden in der Schule tauschen wollte, doch Maries Blick wanderte zwischen ihnen hin und her, während sie wortlos ihr Marmeladenbrot aß.
    »Kann ich aufstehen? Ich muss noch die Tasche packen«, sagte Georg und griff nach der Dose mit dem Frühstücksbrot.
    »Natürlich«, entgegnete Clara und strich ihm flüchtig übers Haar. Mehr körperliche Berührung duldete der Junge derzeit nicht, und sie drängte sich nicht auf. Sie stellte seinen Teller ans Spülbecken, als sie eine leise Stimme hinter sich hörte.
    »Habt ihr Streit?«
    Clara und Leo schauten Marie und dann einander an. Leo wollte etwas sagen, doch da klingelte im Flur das Telefon.
    Sie setzte sich zu Marie an den Tisch. »Ein bisschen, aber so etwas kommt vor. Du hast doch auch mal Streit mit deinen Freundinnen, oder?«
    Marie überlegte. »Als Else das Kleid von meiner Puppe zerrissen hat. Aber da waren wir noch klein.« Es klang, als könnte sie sich kaum an ihre Kindheit erinnern.
    Clara lächelte. »Ich weiß noch, wie du mir letzte Woche erzählt hast, dass Else wütend war, weil Anna sie nicht zum Geburtstag eingeladen hat.«
    »Mhm.« Marie leckte sich Marmelade vom Finger. »Aber bei euch ist das anders.«
    »Warum?«
    »Ihr seid doch keine Freunde.«
    Clara legte ihr den Finger unters Kinn und drehte ihren Kopf

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