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Mord in Der Noris

Mord in Der Noris

Titel: Mord in Der Noris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Kirsch
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Sie damit gerechnet, dass Ihre Tochter auf diese grauenvolle
Weise ums Leben kommt. Darf ich fragen, warum?«
    Statt einer Antwort erhielt sie eine Gegenfrage.
»Waren Sie denn nicht in der Wohnung? Haben Sie nicht den ekelerregenden,
widerlichen Unrat, den ganzen Saustall dort gesehen? Den Schmutz und den
Staub?«
    »Doch, ja, schon, aber …«
    »Na, dann wissen Sie ja, wie es um Elvira bestellt
war. Meine Tochter hatte sich nicht unter Kontrolle, in keinster Weise. Sie
neigte schon als Kind zur Disziplinlosigkeit, aber das hatte in den letzten
Jahren ein Ausmaß angenommen, das unerträglich wurde. Einfach abscheulich!«
    »Trotzdem verstehe ich nicht ganz, was das mit dem
Mord zu tun hat.«
    »Es heißt ja nicht umsonst, das Äußere ist immer auch
ein Spiegelbild des Inneren. Ich pflege dazu zu sagen: Außen pfui, innen pfui!
Ein Phänomen, das Ihnen als Kriminalkommissarin ja geläufig sein dürfte. Und
für das meine Tochter das beste Beispiel war. Ihr Leben war aus den Fugen
geraten, vollständig. Es war ja nicht nur ihre Wohnung, die verwahrlost war.
Sie hat sich auch sonst in jeder Hinsicht verkommen lassen. Allein wie sie
schon angezogen war!«
    Nach einer kurzen Pause fuhr Frau Rupp angeekelt fort:
»Immer dieselben Sachen. Dann ihre mangelnde Körperpflege. Im Beruf ist sie mit
dieser Einstellung natürlich auch wiederholt angeeckt. Anerkannt war sie von
ihren Vorgesetzten jedenfalls nicht, bestenfalls geduldet. Und dann diese
Arbeit, die ja keiner freiwillig machen will. Alten Leuten den Hintern
abwischen, das ist doch kein Beruf für jemanden, der noch einen Funken
Selbstachtung im Leibe hat. Und zu all diesem Übel hat sie auch noch geraucht
wie ein Schlot! Wie ihre Haare immer gerochen haben, fürchterlich.«
    Paula, selbst Raucherin und ebenfalls ohne jedes
Talent zu einer mustergültigen Hausfrau, war so erschrocken über diesen
Gefühlsausbruch oder vielmehr über die Wucht, mit der er sich entlud, dass sie
sekundenlang schwieg.
    Eigentlich hätte sie jetzt nachfragen müssen,
inwieweit Schlamperei und Nachlässigkeit in den Augen der Apolonia Rupp ein
derartiges Gewaltverbrechen rechtfertigten. Aber ihr war die Lust auf solche
Fragen vergangen, die, sollten sie zu einem Erkenntnisgewinn beitragen, von ihr
ein taktisches Feingefühl verlangt hätten, zu dem sie sich im Augenblick
außerstande sah.
    Sie sehnte sich nach einer Zigarette, ihrem Weinvorrat
und dem staubigen Frieden ihrer telefonschonerfreien Wohnung. Nur weg hier, weg
von diesem hartherzigen Monstrum einer Mutter, raus aus diesem bedrückenden
Wohnzimmer mit seinen bleischweren Möbeln.
    Also erhob sie sich und verabschiedete sich.
    An der Wohnungstür drehte sie sich noch einmal um und
sagte: »Ich werde demnächst wiederkommen. Ich habe noch ein paar Fragen an
Sie.«
    Es sollte wie eine Drohung klingen, aber da war die
Tür schon ins Schloss gefallen.
    Als sie wieder auf der Straße stand, sah sie in den
sechsten Stock hoch. Sie fand schnell, was sie suchte: Die blütenweißen Stores
mit dem Bleiband an der Unterkante waren ihr Wegweiser. Akkurat aufgefächerte
Plisseegardinen von einem kalten kalkigen Weiß, das so emblematisch war für die
Kaltherzigkeit der Frau, die nun hinter den Stores auf sie herabblickte und sie
so lange mit ihrem hochmütigen Blick verfolgte, bis sie nach links in die
Pirckheimerstraße abgebogen war.
    Sie genoss den Heimweg. Noch immer hielt das Wetter,
was es am frühen Morgen versprochen hatte: Es war trocken, mit dieser zarten
Andeutung des Frühlings, der bald kommen wollte. Außerdem hatte sie soeben ein
umfangreiches Sportprogramm absolviert, ihre Pflichten abgearbeitet und somit
bereits für den morgigen Tag vorgesorgt.
    Und sie hatte Glück: Die winzige Lotto-Annahmestelle
in der Pirckheimerstraße war noch geöffnet; hier deckte sie sich mit ihrem
Wochenbedarf an Zigaretten ein.
    Nachdem sie die Wohnungstür hinter sich geschlossen
hatte, blieb sie in der Diele stehen und sah sich prüfend um. Ein Dielenschränkchen
aus Fichte natur, eine Garderobe, fast eine Antiquität, wenn sie dafür nicht
einen Tick zu neu und ramponiert gewesen wäre, ein mannshoher Spiegel – das war
alles. Es war so herrlich leer und geräumig bei ihr, gleichzeitig aber musste
das karge Mobiliar keine Mission erfüllen, war nicht mit dünkelhaften
großbürgerlichen Insignien aufgeladen wie bei Frau Rupp. Diesem Entree sah man
an, dass die Einrichtende auf subtile Tricks verzichtet hatte, dass es ganz aus
einer Laune

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