Mord in Der Noris
sich seine Angaben wie auch die Nummern
der Flugtickets, fragte schließlich noch, ob Herr und Frau Holzbauer gestern
oder heute etwas Auffälliges in der unteren Wohnung gehört oder gesehen hatten.
Nachdem dies verneint wurde, stand sie auf und bedankte sich bei dem Ehepaar
für »dieses aufschlussreiche Gespräch«.
Als sie bereits auf halber Treppe stand, öffnete sich
die Tür oberhalb nochmals, und Holzbauer rief ihr nach: »Und dieses G’raffel
vor der Wohnung da unten, das bleibt wohl?«
Lächelnd drehte sie sich um. »Von meiner Seite aus ja.
Aber wenn es Ihrer Vorstellung von Reinlichkeit und Ordnung dient, haben Sie
hiermit meine Erlaubnis, die Sachen in Ihren Keller zu tragen und dort
zwischenzulagern, vorerst zumindest. So lange, bis Sie Gegenläufiges von mir
hören. Aber nichts verschwinden lassen! Das ist alles Beweismaterial.«
Sie hörte, wie er oben verächtlich schnaufte und
anschließend die Tür laut zuknallte.
Dann fuhr sie heim. Müde, hungrig und in dem
erhebenden Gefühl, diesem schwierigen Menschen nichts schuldig geblieben zu
sein.
8
Mit dieser Genugtuung in den Augen betrat
sie eine knappe halbe Stunde später ihre Wohnung, die Paul um elf Uhr
dreiundfünfzig verlassen hatte, wie sie dem gelben Post-it-Zettel entnahm. Sie
stellte sich zum zweiten Mal an diesem Tag unter die Dusche, zog ihren
Schlafanzug an und bezog dann Position auf dem Sofa im Wohnzimmer. Links und
rechts von ihr lagerte die Beute aus Erlenstegen – die Kalender und der Ordner.
Sie genoss die Stille und die Leere um sich herum. So sehr, dass sie bereits
nach fünf Minuten einschlief.
Kurz nach zwanzig Uhr weckte sie das Klingeln ihres
Handys. Es war Eva Brunner, die ihr »den ersten Zwischenbescheid« persönlich
übermitteln wollte.
»Es ist wie verhext, Frau Steiner, kein Mensch kennt
einen von diesen beiden Personen. Und ich habe, das müssen Sie mir glauben,
wirklich gründlich recherchiert. Bei der Frau Rupp habe ich angefangen und
etliche Nachbarn gefragt. Nichts. Obwohl ich da die meiste Zeit … Dann bin ich
in das Altersheim gefahren, wieder kein Erfolg. Weder unter den Pflegern noch
unter den Besuchern. Wissen Sie, ich hab mir gedacht, ich gebe mich als
Angehörige von einem der Heimbewohner aus. Und dieser Ohrstecker-Mann, so habe
ich halt getan, hat mir und meinem Verwandten mal eine Gefälligkeit erwiesen,
für die ich mich jetzt endlich revanchieren möchte. Also habe ich überall
rumgefragt, ob jemand diesen … Das war doch gut von mir, oder?«
Ohne ihren Beifall abzuwarten, sprudelte der Redefluss
am anderen Ende weiter und weiter.
»Da wecken wir auf keinen Fall irgendwelche
schlafenden Hunde, wie Sie gesagt haben. Da kann niemand irgendeinen Verdacht
schöpfen. Ja, und dann bin ich nach Schniegling gefahren. Und wissen Sie, was
ich da gesagt habe, wer ich bin? Da habe ich mir gedacht, jetzt musst du was
anderes probieren, sonst fällt es auf. Und zwar habe ich mich dann als eine
flüchtige Bekannte, nicht als eine Freundin, was ja nur … vor diesen beiden
Nichten der Platzer ausgegeben. Und wissen Sie … Jetzt fehlt mir eigentlich nur
noch das Umfeld von dieser Tanja Weber. Aber das mache ich morgen. Wenn Sie
damit einverstanden sind.«
Jetzt endlich schien Eva Brunner ihren »ersten
persönlichen Zwischenbescheid« beendet zu haben. Zeit für den ersten
persönlichen Zwischenapplaus.
»Da waren Sie aber fleißig. Seit wann sind Sie denn
schon unterwegs?«
»Seit heute früh um acht Uhr. Aber es hat ja nichts
gebracht. Das fuchst mich schon ein wenig. Ich war ganz fest davon überzeugt,
im Verlauf dieses Tages finde ich diesen Mann mit seinem Ohrstecker. Aber
nichts. Haben Sie denn wenigstens Erfolg gehabt, Frau Steiner?«
»Ja, so könnte man das nennen.« Sie erzählte Eva
Brunner kurz von ihren beiden Funden.
»Ach, das ist ja toll. Glauben Sie, dass sich
wenigstens die Fahrt nach Erlangen rentiert?«
»Tja, keine Ahnung. Vielleicht hat Heinrich doch
recht. Er meint nämlich, dass solche Männer mit Ohrschmuck zuhauf
umeinanderrennen.«
»Das glaube ich nicht. Wenn Heinrich damit recht
hätte, dann hätte ich ja heute irgendeinen von diesen Männern treffen müssen,
der …«
»So, Frau Brunner, ich bin dafür, dass Sie sich den
morgigen Tag freinehmen. Erlangen läuft uns nicht davon. Nächste Woche haben
wir genug zu tun, da sollten Sie fit sein. Am Montag in der Früh sehen wir
weiter. Vielleicht bringen ja die Kalender etwas ans Licht.«
»Hm, ja«, lautete die
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