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Mord in Dorchester Terrace: Ein Thomas-Pitt-Roman (German Edition)

Mord in Dorchester Terrace: Ein Thomas-Pitt-Roman (German Edition)

Titel: Mord in Dorchester Terrace: Ein Thomas-Pitt-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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als zuletzt gewohnt nach Hause kam, wirkte er tief beunruhigt und hatte zum ersten Mal, seit er an diesem Fall arbeitete, das dringende Bedürfnis, mit Charlotte darüber zu sprechen. Nach dem Essen gingen sie ins Wohnzimmer, während Minnie Maude in der Küche ihre Arbeit tat. Charlotte hatte kaum angefangen, ihm über das Nachmittagskonzert zu berichten, als er ihr ins Wort fiel.
    »Du kennst Mrs. Blantyre inzwischen ziemlich gut, und sicher redet ihr über vieles. Hat sie dabei je über Serafina Mont serrat gesprochen?«
    Sie sah den Ernst auf seinen Zügen. Ganz offensichtlich fragte er nicht aus höflichem Interesse.
    »Nur kurz«, gab sie zur Antwort und versuchte seinen Gesichtsausdruck zu deuten. »Ihr sich zunehmend verschlechternder Zustand hat sie tief betrübt.«
    »Und ihr Tod?«
    »Selbstverständlich ebenfalls. Aber da sie so … altersschwach und so voller Angst war, hat sie darin wohl nicht die Tragödie gesehen, die er sonst gewesen wäre. Warum erkundigst du dich danach, Thomas?«
    »Ich muss das wissen.«
    »Das kann nur bedeuten, dass es etwas mit dem Staatsschutz zu tun hat.« Diese Schlussfolgerung lag auf der Hand. »Hat sie denn wirklich Dinge gewusst, die auch jetzt noch von Bedeutung sein könnten?«
    Unwillkürlich war sie in ihre alte Gewohnheit verfallen, ihm Fragen über seine Arbeit zu stellen, obwohl sie genau wusste, dass er darauf nicht antworten durfte. Sie merkte es zu spät.
    »Entschuldigung …«
    Er lächelte. »Ich habe dich schließlich gefragt. Ich muss Mrs. Blantyre sehr viel genauer verstehen, als das gegenwärtig der Fall ist. Wen könnte ich dazu besser fragen als dich? Außerdem kann ich nicht erwarten, dass du mir die Antworten gibst, die ich brauche, wenn ich dir nicht die entsprechenden Fragen stelle.«
    In seinen Augen lag ein zärtlicher Glanz, während ein leicht belustigter Ausdruck auf seine Züge trat. Doch sie hörte die Betroffenheit in seiner Stimme, und ihr entging nicht, wie angespannt er dasaß. Allem Anschein nach war Adriana auf irgendeine ihr unbekannte Weise in den Fall verwickelt, an dem er bis spät in den Abend arbeitete und der ihn nachts am Schlafen hinderte, ganz gleich, wie müde er war. Doch er durfte ihr nichts darüber sagen. So manche Nacht war sie aufgewacht und hatte gesehen, wie er mit offenen Augen auf dem Rücken lag. Dann hatte sie so getan, als sei ihr nicht aufgefallen, dass er rasch ein unbefangenes Gesicht machte, wenn er merkte, dass sie zu ihm herübersah.
    »Was musst du über sie wissen?«, erkundigte sie sich. »Wir sprechen inzwischen ziemlich ungezwungen miteinander. Zwar ist mir jeder Vertrauensbruch ein Gräuel, aber du würdest mich kaum fragen, wenn es nicht unerlässlich wäre.«
    »Weißt du, wann sie Serafina Montserrat kennengelernt hat?«
    Charlotte versuchte sich an ihre Gespräche zu erinnern. »Nein. Danach zu urteilen, wie sie von ihr spricht, könnte man annehmen, dass sie sie kennt, solange sie sich erinnern kann.«
    »Aus ihrer Kindheit?«
    »Ja, aber nicht besonders gut. Ich glaube, ihre Begegnung war da nur kurz und damals für Adriana äußerst schmerzlich. Sie sind einander erst nach ihrer Hochzeit erneut begegnet; ich glaube aber nicht, dass sie sie früher so gut gekannt hat wie in den letzten Monaten. Warum?«
    Er ging nicht darauf ein.
    »Was sagt sie über ihren Vater?«
    Charlottes Unbehagen steigerte sich. »Sie spricht ziemlich viel von ihm und erwähnt ihn häufig im Zusammenhang mit anderen Dingen, vielleicht, weil sie ihre Mutter schon früh verloren hat. Offenbar hat sie ihn sehr bewundert, und er scheint ihr nach wie vor sehr zu fehlen. Er muss ein tapferer, lustiger, freundlicher und sehr kluger Mensch gewesen sein, der an seiner Tochter gehangen hat. Als er umkam, war sie erst acht. Ich glaube, wer in so jungen Jahren einen Menschen verliert, der ihm nahesteht, neigt dazu, ihn auf ein Podest zu stellen. Doch wenn auch nur die Hälfte von dem stimmt, woran sie sich zu erinnern behauptet, muss er wirklich eine bemerkenswerte Persönlichkeit gewesen sein. Auf jeden Fall bestand zwischen den beiden eine ausgesprochen enge Beziehung.«
    Pitts Gesicht war düster, und einen Augenblick lang presste er die Lippen fest aufeinander. Es bekümmerte sie zu sehen, dass ihm diese Dinge so nahegingen.
    »Ja«, sagte er schließlich. »Er hieß Lazar Dragovic. Er hat für die Befreiung Kroatiens vom österreichischen Joch gekämpft und einen bedeutenden Aufstand vorbereitet, der fehlschlug, weil ihn

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