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Mord in Mesopotamien

Mord in Mesopotamien

Titel: Mord in Mesopotamien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Ihrem Platz aus Abdullah sehen?»
    «Wenn ich aufblickte, ja, aber ich war zu sehr in meine Arbeit vertieft.»
    «Wenn jemand an Ihrem Fenster auf der Hofseite vorbeigegangen wäre, hätten Sie das bemerkt?»
    «Ja, ziemlich sicher.»
    «Aber es kam niemand vorbei?»
    «Nein.»
    «Und wenn jemand mitten über den Hof gelaufen wäre, hätten Sie es bemerkt?»
    «Wahrscheinlich nicht, wenn ich nicht gerade zum Fenster hinausgeschaut hätte.»
    «Sie haben nicht bemerkt, dass Abdullah seine Arbeit unterbrochen hatte und zu den anderen Dienern gegangen war?»
    «Nein.»
    «Zehn Minuten», überlegte Poirot laut, «die verhängnisvollen zehn Minuten.»
    Nach ein paar Sekunden Schweigen hob Miss Johnson plötzlich den Kopf und sagte: «Ich glaube, ich habe Sie, ohne es zu wollen, irregeführt. Wenn ich genau nachdenke, kann ich nicht glauben, einen Schrei aus Mrs Leidners Zimmer gehört zu haben; das Antiquitäten-Zimmer lag zwischen ihr und mir, und die Fenster ihres Zimmers waren ja geschlossen.»
    «Machen Sie sich keine Sorgen, Miss Johnson», sagte Poirot freundlich, «es ist nicht sehr wichtig.»
    «Bestimmt nicht, aber für mich ist es wichtig, weil ich denke, ich hätte etwas unternehmen können.»
    «Quälen Sie sich nicht, Anne», sagte jetzt Dr. Leidner gerührt. «Sie dürfen nicht zu empfindlich sein. Was Sie gehört haben, kann der Ruf eines Arabers gewesen sein.»
    Miss Johnson errötete ein wenig bei diesen freundlichen Worten, und ich sah Tränen in ihren Augen. Sie wandte den Kopf ab und sprach schroffer als sonst: «Vielleicht. Man bildet sich hinterher leicht etwas ein.»
    Poirot hatte wieder sein Notizbuch hervorgezogen. «Ich glaube, dazu ist nichts mehr zu sagen… Mr Carey?»
    Richard Carey sprach langsam, fast mechanisch. «Es tut mir Leid, aber ich kann Ihnen gar nicht weiterhelfen. Ich arbeitete an der Ausgrabungsstätte, wo ich dann auch die Nachricht erfuhr.»
    «Und Sie können sich an nichts erinnern, was sich in den Tagen vor dem Mord ereignet hat und uns weiterhelfen könnte?»
    «Gar nichts.»
    «Mr Coleman?»
    «Ich war überhaupt nicht da», sagte Mr Coleman in fast bedauerndem Ton. «Ich fuhr gestern Morgen nach Hassanieh, um das Geld für die Löhne zu holen. Als ich zurückkam, sagte mir Emmott, was passiert war, und ich fuhr sofort wieder nach Hassanieh, um die Polizei und Dr. Reilly zu holen.»
    «Und vorher?»
    «Na ja, es herrschte eine gespannte Atmosphäre… aber das wissen Sie ja schon. Da war diese Sache im Antiquitäten-Zimmer und kurz vorher Hände und Gesichter am Fenster… Sie erinnern sich doch», wandte er sich an Dr. Leidner, der zustimmend nickte. «Ich glaube, Sie werden herausfinden, dass irgendein Kerl von draußen gekommen ist. Muss ein geschickter Schurke sein.»
    Poirot fragte nach kurzem Schweigen: «Sie sind Engländer, Mr Coleman?»
    «Jawohl, ganz und gar Engländer. Man kann die Schutzmarke sehen… garantiert echt.»
    «Sie sind zum ersten Mal hier?»
    «Jawohl.»
    «Und sind Sie sehr begeistert von der Archäologie?»
    Mr Coleman errötete wie ein Schuljunge und schaute verlegen zu Dr. Leidner hinüber. «Natürlich… es ist sehr interessant», stammelte er. «Ich meine… ich bin nicht gerade eine Intelligenzbestie…» Mehr sagte er nicht, und Poirot drang auch nicht weiter in ihn, sondern klopfte nachdenklich mit seinem Bleistift auf den Tisch.
    «Ich glaube», sagte er schließlich, «das ist für den Augenblick alles. Wenn jemandem noch etwas einfällt, sagen Sie es mir bitte sofort. Und jetzt möchte ich gern ein paar Worte allein mit Doktor Leidner und Dr. Reilly wechseln.»
    Das war das Signal zum Aufbruch. Als ich an der Tür war, rief mich Monsieur Poirot zurück.
    «Darf ich Schwester Leatheran bitten, hier zu bleiben? Sie könnte uns behilflich sein.»
    So machte ich kehrt und setzte mich wieder an den Tisch.

15
     
    D r. Reilly war aufgestanden und hatte, nachdem die andern hinausgegangen waren, die Tür und die auf den Hof gehenden Fenster zugemacht – die aufs Feld gehenden waren bereits geschlossen.
    « Bien » , sagte Poirot. «Jetzt sind wir unter uns und können offen sprechen. Wir haben eben gehört, was die einzelnen Expeditionsmitglieder zu sagen hatten… Was meinen Sie, ma súur? » Ich wurde rot. Es war nicht zu leugnen, dass der merkwürdige kleine Mann ein scharfer Beobachter war. Er hatte meine Gedanken gelesen… vermutlich drückte mein Gesicht sie zu deutlich aus.
    «Ach, nichts», antwortete ich widerstrebend.
    «Reden

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