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Mord in Mesopotamien

Mord in Mesopotamien

Titel: Mord in Mesopotamien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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verübt.
    Das erklärte ich, und Hauptmann Maitland nickte nachdenklich. «Ich gebe zu, dass das nicht die ideale Selbstmordart ist», sagte er, «aber wenn ein Mensch völlig verzweifelt ist und dieses Gift zur Verfügung hat, wäre es doch möglich, dass er es nimmt.»
    «War sie denn so verzweifelt?», fragte ich.
    «Mrs Mercado hat gesagt dass Miss Johnson gestern Abend beim Essen sehr merkwürdig gewesen sei… dass sie auf Fragen kaum geantwortet habe. Mrs Mercado ist überzeugt, dass Miss Johnson aus irgendeinem Grund völlig verzweifelt war und dass sie den Gedanken, Selbstmord zu verüben, bereits beim Essen erwog.»
    «Das halte ich für ausgeschlossen», widersprach ich. Ausgerechnet Mrs Mercado! Diese falsche Katze!
    «Was glauben Sie denn?»
    «Ich glaube, dass sie ermordet wurde», antwortete ich scharf.
    Die nächste Frage klang so schneidend, dass ich mir wie in einer Kaserne vorkam. «Wieso glauben Sie das?»
    «Es scheint mir die einzig mögliche Erklärung zu sein.»
    «Das ist Ihre persönliche Meinung. Es gab keinen Grund, dass jemand die Dame hätte ermorden sollen.»
    «Entschuldigen Sie bitte», erwiderte ich, «es gab einen! Sie hatte etwas entdeckt.»
    «Etwas entdeckt? Was denn?»
    Ich wiederholte ihm Wort für Wort unsere Unterhaltung auf dem Dach.
    «Und sie wollte Ihnen nicht sagen, was sie entdeckt hatte?»
    «Nein. Sie sagte, sie müsse es sich erst genau durch den Kopf gehen lassen.»
    «Aber sie war sehr aufgeregt darüber?»
    «Ja.»
    « Die Möglichkeit, von draußen hereinzukommen! » Hauptmann Maitland überlegte stirnrunzelnd. «Haben Sie eine Ahnung, was sie meinte?»
    «Nein. Ich habe mir darüber wieder und wieder den Kopf zerbrochen, habe aber keine Ahnung.»
    «Was glauben Sie, Monsieur Poirot?», fragte Maitland.
    «Ich glaube, dass Sie damit das Motiv haben.»
    «Für einen Mord?»
    «Jawohl… für einen Mord.»
    «Sie hat vor ihrem Tod nichts mehr gesagt?»
    «Es gelang ihr noch zwei Worte hervorzubringen.»
    «Und zwar?»
    « Das Fenster… »
    «Das Fenster?» wiederholte Hauptmann Maitland. «Wissen Sie, worauf sich das bezieht?»
    Ich schüttelte den Kopf.
    «Wie viele Fenster hat ihr Schlafzimmer?»
    «Nur eins.»
    «Geht es auf den Hof?»
    «Ja.»
    «War es offen? Ich glaube ja, Sie sagten es vorhin. Aber vielleicht hatte es jemand von Ihnen geöffnet?»
    «Nein, es stand die ganze Zeit über offen. Ich…» Ich hielt inne.
    «Was denn, Schwester?»
    «Ich untersuchte das Fenster, aber ich konnte nichts Auffallendes daran feststellen. Mir kam jedoch der Gedanke, dass vielleicht jemand durch das offene Fenster die Gläser vertauscht haben könnte.»
    «Die Gläser vertauscht?»
    «Ja. Miss Johnson stellte sich immer ein Glas Wasser auf den Nachttisch. Und es wäre möglich, dass dieses Glas unbemerkt mit einem mit Säure gefüllten Glas vertauscht wurde.»
    «Was sagen Sie dazu, Reilly?»
    «Wenn ein Mord vorliegt, könnte es so gewesen sein», antwortete Dr. Reilly prompt. «Kein halbwegs denkender Mensch würde Salzsäure statt Wasser trinken. Aber ein Mensch, der gewöhnt ist, nachts ab und zu einen Schluck Wasser zu trinken, streckt den Arm aus, findet das Glas an der üblichen Stelle und trinkt, halb schlafend, die Säure, ehe er merkt, was los ist.»
    Hauptmann Maitland überlegte einen Augenblick. «Ich will mir das Fenster noch einmal ansehen. Wie weit ist es vom Kopfende des Bettes entfernt?»
    Ich dachte nach. «Eine Armlänge bis zum Nachttisch.»
    «War die Tür verschlossen?»
    «Nein.»
    «Es konnte also jeder hereinkommen und die Gläser vertauschen?»
    «Ja.»
    «Das wäre aber riskanter», warf Dr. Reilly ein. «Wenn der Nachttisch vom Fenster aus erreichbar ist, wäre das einfacher und ungefährlicher.»
    «Ich denke nicht nur an das Glas», sagte Maitland sinnend. «Ihrer Meinung nach wollte die Ärmste, bevor sie starb, Ihnen mitteilen, dass jemand das Glas durch das offene Fenster vertauscht hat? Wäre aber nicht der Name des Mörders wichtiger gewesen?»
    «Vielleicht wusste sie nicht, wer es war», wandte ich ein.
    «Oder wollte sie vielleicht klarmachen, was sie am Nachmittag entdeckt hatte?»
    «Wenn man im Sterben liegt», warf Dr. Reilly ein, «denkt man nicht logisch. Man ist von einer Idee besessen, auf die man Wert legt, selbst wenn sie an sich unwichtig ist. Meiner Ansicht nach wollte sie wahrscheinlich erklären, dass sie nicht Selbstmord verübt hat. Wäre sie imstande gewesen zu sprechen, hätte sie vermutlich gesagt: ‹Es war

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