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Mord in Mesopotamien

Mord in Mesopotamien

Titel: Mord in Mesopotamien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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murmelte er. «Es ist doch so klar… so klar!»

25
     
    I ch konnte Poirot nicht fragen, was er meinte, denn Hauptmann Maitland rief vom Hof aus und bat uns, herunterzukommen. Wir eilten hinunter.
    «Es ist eine weitere Komplikation eingetreten, Poirot», erklärte er. «Der Mönch ist verschwunden.»
    «Pater Lavigny?»
    «Ja. Bis jetzt hatte es niemand bemerkt, aber auf einmal stellte jemand fest, dass er als Einziger von der ganzen Gesellschaft nicht erschienen war, und wir gingen in sein Zimmer. Sein Bett ist unberührt, und es ist keine Spur von ihm zu entdecken.»
    Das Ganze war wie ein böser Traum. Erst Miss Johnsons Tod, dann das Verschwinden von Pater Lavigny.
    Die Dienstboten wurden einvernommen, doch auch sie konnten kein Licht in das Geheimnis bringen. Er war gegen acht Uhr abends zuletzt gesehen worden und hatte erklärt, er wolle vor dem Schlafengehen noch einen kleinen Spaziergang machen.
    Niemand hatte ihn zurückkehren sehen.
    Das große Tor war wie üblich um neun Uhr geschlossen und verriegelt worden. Keiner der Diener erinnerte sich, es am Morgen geöffnet zu haben, und jeder der beiden Hausboys glaubte, der andere habe es getan.
    War Pater Lavigny am Abend zurückgekommen? Hatte er auf seinem Nachmittagsspaziergang etwas Verdächtiges entdeckt und war dann nach dem Abendessen ausgegangen, um Nachforschungen anzustellen, und dabei das dritte Opfer geworden?
    Hauptmann Maitland drehte sich mit einem Ruck um, als Dr. Reilly und Mr Mercado zu uns traten.
    «Na, Reilly! Haben Sie etwas gefunden?»
    «Ja, das Gift stammt aus dem Laboratorium. Mercado und ich haben gerade die Bestände geprüft. Es ist Salzsäure aus dem Laboratorium.»
    «Aus dem Laboratorium? War es denn nicht abgeschlossen?» Mr Mercado schüttelte den Kopf. Seine Hände zitterten, sein Gesicht zuckte. Er war ein Wrack. «Wir haben das nie gemacht», stammelte er. «Wissen Sie, nur wir… wir benutzen es ständig… ich… niemand hat sich träumen lassen…»
    «Ist es wenigstens nachts abgeschlossen?»
    «Ja… alle Räume werden abgeschlossen. Die Schlüssel hängen im Esszimmer.»
    «Wenn also jemand den Schlüssel zum Esszimmer hat, kann er auch in alle andern Räume.»
    «Ja.»
    «Und ist der Esszimmerschlüssel ein ganz gewöhnlicher Schlüssel?»
    «Ja.»
    «Miss Johnson könnte also das Gift aus dem Laboratorium geholt haben?», fragte der Hauptmann.
    «Sie hat es nicht getan!», erklärte ich laut und entschieden, spürte aber einen warnenden Druck auf meinem Arm – Poirot stand dicht hinter mir –, und so schwieg ich.
    Bevor der Hauptmann weitersprechen konnte, sagte Dr. Reilly: «Was wir jetzt am nötigsten haben, ist ein gutes Frühstück. Ich bestehe darauf. Kommen Sie, Leidner, Sie müssen etwas essen.»
    Der arme Dr. Leidner, der völlig zusammengebrochen war, ging mit ins Esszimmer, wo wir traurig unser Frühstück einnahmen. Ich glaube aber, dass der heiße Kaffee und die Eier uns allen gut taten, obwohl niemand geglaubt hatte, etwas essen zu können. Dr. Leidner trank nur etwas Kaffee und zerkrümelte sein Brot; sein Gesicht war aschfahl und von Schmerz und Grauen verzerrt.
    Nach dem Frühstück setzte Hauptmann Maitland die Untersuchung fort.
    Ich erklärte ihm, weshalb ich in Miss Johnsons Zimmer gegangen war.
    «Es lag ein Glas auf dem Boden?», fragte er.
    «Ja. Es muss ihr aus der Hand gefallen sein, nachdem sie das Gift getrunken hatte.»
    «War es zerbrochen?»
    «Nein, es ist auf den Teppich gefallen. Ich hob es auf und stellte es auf den Tisch.»
    «Gut, dass Sie das sagen, denn es waren nur zweierlei Fingerabdrücke auf dem Glas. Die einen sind bestimmt die von Miss Johnson, die anderen werden die Ihren sein.»
    Er überlegte einen Augenblick und forderte mich dann auf, weiterzuberichten.
    Ich beschrieb genau, was ich getan hatte, und blickte, Zustimmung heischend, auf Dr. Reilly. Er nickte und sagte: «Sie haben alles getan, was man tun konnte.»
    «Wussten Sie sofort, was für ein Gift sie genommen hatte?», fragte der Hauptmann.
    «Nein… aber ich erkannte natürlich, dass es eine Ätzsäure war.»
    «Glauben Sie, dass Miss Johnson das Gift bewusst genommen hat, Schwester?»
    «Nein», rief ich, «das habe ich keine Sekunde vermutet.» Ich weiß nicht, wieso ich dessen so sicher war, zum Teil wohl wegen Monsieur Poirots Andeutungen. Sein Ausspruch «Mord wird zur Gewohnheit» hatte mich tief beeindruckt. Zudem kann man sich nicht vorstellen, dass jemand auf so qualvolle Weise Selbstmord

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