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Mord in Tarsis

Mord in Tarsis

Titel: Mord in Tarsis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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flohen sie in die Einöde, um dort allein zu leben und ihre Tochter großzuziehen. Schließlich wurden sie von einem Stamm aufgespürt und getötet. Das Mädchen entkam und lebte jahrelang von dem, was sie jagte. Von Zeit zu Zeit ließ sie sich als Kämpferin anheuern, aber sie konnte sich nie der Disziplin beugen. Schließlich fiel sie den Räubern zum Opfer, die sie fast getötet hätten. Zum Glück kam ich bald darauf zufällig vorbei.«
    »Wirklich, ein Glück«, sagte Nistur. Von unten kam ein klopfendes Geräusch. Kurz darauf tauchte die Barbarenfrau auf. Hinter ihr erschien Muschelring. Die Diebin eilte zu dem kleinen Kaminfeuer und wärmte sich die Hände.
    »Hast du etwas in Erfahrung bringen können?« fragte Nistur.
    »Auf der Straße nichts.« Nachdem ihre Hände aufgewärmt waren, warf Muschelring ihren Mantel ab, drehte sich um und begann ihre Rückseite zu wärmen. »Da draußen ist es kalt geworden. Es ist eisig. Nein, von den Bettlern und Dieben konnte ich kein Wort erfahren. Die Banden habe ich wie immer gemieden. Aber ich habe einen Hinweis, dem man durchaus folgen könnte.«
    »Und der wäre?« fragte Nistur.
    »Auf dem Kräutermarkt bin ich dem alten Mütterchen Krötenblume in die Arme gelaufen. Ehrlich gesagt, sie kam auf mich zu. Sie sagte, wir sollen morgen in ihr Haus kommen. Sie wüßte etwas, was uns helfen kann. Ich habe keine Ahnung, woher sie von uns weiß. Sie verschwand, sobald sie ihre Einladung ausgesprochen hatte.« Die Diebin nahm von Myrsa einen Becher warmen Weins entgegen.
    »Mütterchen Krötenblume?« fragte Stunbog erstaunt. »Was kann dieses alte Geschöpf zu sagen haben?«
    Muschelring zuckte nur mit den Schultern.
    »Wer ist denn diese Person mit dem komischen Namen?« fragte Nistur.
    Stunbogs Augen funkelten. »Sagen wir mal, ihr werdet überrascht sein.«

7
     
    »Wer ist Mütterchen Krötenblume?« fragte Eisenholz, der noch reizbarer wirkte als gewöhnlich.
    »Eine, die glaubt, sie hätte Informationen, die für uns nützlich sind«, erwiderte Nistur so ungerührt wie immer.
    Die beiden standen auf dem von Muscheln und Schutt übersäten Hafenboden vor der Tür von Stunbogs Wrack. Hier und da waren Schneereste zu sehen, aber Nistur fand, daß der Schnee in Tarsis irgendwie nie tief genug war, um wirklich schön zu sein. Muschelring schloß sich ihnen an. Sie war in ihren dünnen, zerlumpten Mantel gewickelt und zitterte.
    »Warum stiehlst du dir nicht einen anständigen Mantel?« fragte Eisenholz.
    »Wenn man es warm und gemütlich hat, wird man langsam«, erwiderte sie heldenhaft. Dann fügte sie etwas niedergeschlagener hinzu: »Außerdem, wenn ich einen guten hätte, würde ihn bloß jemand mir stehlen.«
    »Dein Leben erfordert einiges an Kunst«, stellte Nistur fest. »Du mußt genügend Besitz erwerben, um zu überleben, aber dieser darf von der Qualität her nicht so gut sein, daß du zu einer Versuchung für Diebe wirst, die erheblich weniger Skrupel haben als du.«
    »Das ist immer das Problem«, gab sie zu, als Stunbog und Myrsa aus dem Wrack traten. Die Barbarenfrau trug ihre gewohnten Lederkleider und einen pelzbesetzten Hut, doch sie brauchte keinen Mantel und zog auch nicht die bestickten Handschuhe an, die in ihrem Gürtel steckten. Anscheinend mußte das Wetter noch viel kälter werden als jetzt, damit jemand, der in der Eiswüste aufgewachsen war, zusätzliche Kleidung anzog. Myrsas einzige Waffe war ein Messer mit breiter Klinge, das einem spitzen Kurzschwert ähnelte.
    »Seid ihr sicher, daß ihr beide uns begleiten wollt?« fragte Nistur. »Uns zu beherbergen ist eine Sache. Uns in die Stadt zu begleiten ganz etwas anderes. Es könnte sein, daß ihr plötzlich mit uns vor unseren Feinden steht, die vermutlich zahlreich sein werden.«
    »Eine Laune des Schicksals hat uns zusammengeführt«, sagte Stunbog. »Wenn die Götter es so gewollt haben, ist es unklug, dagegen anzukämpfen. Außerdem seid ihr die interessantesten Menschen, die mir seit langem über den Weg gelaufen sind. Ich bin neugierig, wie ihr eure Aufgabe lösen werdet.«
    »Und du?« fragte Eisenholz Myrsa. »Wenn du etwas für uns übrig hast, verbirgst du es gut.«
    »Ich gehe mit Stunbog«, sagte sie ausdruckslos.
    »Dann geh vor, Muschelring«, sagte Nistur.
    Sie liefen zwischen den auf Grund liegenden Schiffen und den sauber ausgeschlachteten Gerippen anderer Schiffe hindurch, die man zu Brennholz und Baumaterial verarbeitet hatte. Eine Treppe aus Ziegelsteinen führte zu den

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