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Mord in Thingvellir

Mord in Thingvellir

Titel: Mord in Thingvellir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Blómkvist
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Dienstleistungen. Und die Lohnbuchhaltung.
    Im Sommer 1995 scheint Karl Blómkvist nur Frauen angestellt zu haben. Aber leider befinden sich keine Fotos der Angestellten in den Akten. Nur die notwendigsten Angaben zur Person für die Buchhaltung des Hotels. Identitätsnummern. Adressen. Kontonummern. Kopien der Steuerkarten.
    Ein Name in der Lohnbuchhaltung überrascht mich.
    Thórdís Fridriksdóttir hat in Klettur im Sommer 1995 gejobbt. Als sie vierzehn Jahre alt war.
    Ich schiebe die Akte zur Seite. Recke mich nach dem Telefon, das auf dem Tisch steht.
    Wenn Thórdís in diesem Sommer im Hotel gejobbt hat, müsste sie das lächelnde Mädchen von dem Foto kennen. Und müsste mir dann auch alles, was ich über das Barmädchen wissen will, sagen können. Bevor ich mir erlaube, sie für den Rest meines Lebens zu vergessen.
    Thórdís ist am Telefon kurz angebunden. Jedenfalls am Anfang. Bis ich ihr von den Videos aus dem Osten erzähle.
    »Hast du alle Videos, die Kalli gemacht hat?«, fragt sie interessiert.
    »Komm zu Besuch, und schau sie die selbst an.«
    Das scheint ein Vorschlag zu sein, den sie nicht ablehnen kann.
    Warum?
    Sie hat einen leichten, rot-weißen Sportanzug an.
    »Ich war joggen«, sagt sie, aber atmet ganz ruhig.
    Thórdís folgt mir die Treppe ins Wohnzimmer hinauf.
    »Wo sind die Videos?«
    »Nimm doch Platz.«
    Sie setzt sich ins Sofa. Aber lehnt etwas zu essen dankend ab.
    »Du siehst gut aus«, sage ich.
    Sie lächelt verschämt.
    »Ich erwarte, dass du alle kennst, die auf dem Video zu sehen sind«, sage ich und nehme die Fernbedienung in die Hand.
    Sie fixiert neugierig die Mattscheibe.
    Ich friere das Bild ein, das bei der Bar aufgenommen wurde. Als Ásleifur, Grímur und Eddi mit anderen Männern an der Bar stehen. Und das lächelnde Mädchen ihnen die Gläser vollschenkt.
    »Wer bedient da an der Bar?«, frage ich.
    Thórdís wirft mir einen schnellen Blick zu.
    »Warum interessierst du dich für sie?«, fragt sie.
    »Das Mädchen ist so süß und gut gelaunt.«
    »Marie konnte immer lachen und lächeln, wenn Männer in Sichtweite waren«, antwortet Thórdís und blickt wieder zum Fernseher.
    »Marie? Heißt sie so?«
    »Ja, aber ich erinnere mich nicht an den Nachnamen.«
    »Also eine Ausländerin. Woher kam sie?«
    »Aus Frankreich oder Italien, glaube ich.«
    »Und sie hat im Sommer 1995 in Klettur gearbeitet?«
    »Ja, Marie wollte per Anhalter durch ganz Europa reisen. Sie sagte, dass sie Länder und Männer sammeln würde.«
    »Hat sie das gesagt?«
    »Vielleicht nicht wortwörtlich, aber es war klar, was sie meinte. Sie hat aus ihren Interessengebieten keinen Hehl gemacht.«
    »Auf diesen Videos scheint sie sich ja mit Grímur am besten verstanden zu haben. Waren sie zusammen?«
    »Sie hat mit allen geflirtet.«
    »Wie heißen die Männer, die da hinter Ásleifur stehen?«
    »Die kenne ich nicht«, antwortet Thórdís schnell.
    »Keinen von ihnen?«
    »Nein.«
    »Dieser Dunkelblonde ganz links ist Eddi Event-Ratte. Erinnerst du dich nicht an ihn?«
    Sie schüttelt den Kopf.
    »Er war ein guter Freund deines Onkels in der Zeit, als diese Filme entstanden sind.«
    Thórdís zuckt mit den Schultern.
    Ich lasse das Videoband weiterlaufen. Betrachte wieder Ásleifur und Grímur, die mit Marie im Wasser scherzen. Und um ihre Aufmerksamkeit streiten. In der Hoffnung, den Hauptpreis zu gewinnen.
    »Sie hat mit ihnen gespielt«, sagt Thórdís, als die Kassette zu Ende ist.
    »Du sprichst immer in der Vergangenheit über sie«, bemerke ich.
    Thórdís zuckt zusammen.
    »Ja, wirklich?« Sie schaut mich fragend. »Das kommt wohl daher, dass sie zur Vergangenheit gehört. Sie kam und reiste auch in diesen Sommer wieder ab.«
    »So wie die Zugvögel?«
    Sie lehnt sich im Sofa zurück. Verdammt verführerisch. Nagt leicht an ihrer Unterlippe.
    »Willst du mir die Fotos nicht geben?«
    »Was für Fotos?«
    Thórdís starrt mich an. Die Verwunderung in ihrem Blick ist nicht zu übersehen.
    »War das wirklich alles?«, fragt sie schließlich.
    »Was hast du denn erwartet?«
    »Ich dachte, du hättest die Fotos, die Kalli gemacht hat.«
    »Von welchen Fotos sprichst du?«
    Thórdís lächelt. Froh. Als ob ihr ein schwerer Stein vom Herzen gefallen wäre.
    »Ach nichts«, sagt sie und steht auf, »ich hab nur was verwechselt.«
    »Gehst du schon?«
    »Ja, ich habe heute Abendschicht.«
    Ich begleite Thórdís die Treppe hinunter zur Haustür.
    Sie achtet sorgfältig darauf, immer zwei oder drei

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